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Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)

Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Millicent sah, wie sie die Bettdeckeumklammerte und sich umblickte, bis sie wieder wusste, wo sie war –, doch ihre Angst war längst nicht mehr so schlimm wie noch gestern bei ihrer Ankunft. Und tatsächlich, sie lächelte wie ein Kind, als sie Millicent an ihrer Seite sah.
    »Hast du gut geschlafen, Schatz?«, fragte Millicent.
    »Ooh ja, danke«, erwiderte Marjorie.
    »Du kannst dich noch ausruhen, bis ich das Frühstück fertig habe«, sagte Millicent.
    Sie kletterte aus dem Bett und hantierte im Nachthemd in ihrem Zimmer herum. Es bestand keine Aussicht darauf, ein Bad zu nehmen, das wusste sie – am Sonntagmorgen wurden die wenigen Badezimmer stets alle von einer Clique mit Beschlag belegt, die sich mithilfe von geheimen Zeichen gegenseitig hineinließen und unter Ausschluss aller anderen den ganzen Vormittag lang voll Wonne in der Badewanne lagen. Millicent nahm am Sonntag immer erst am Nachmittag ein Bad. Sie wusch sich am Handwaschbecken und zog sich an, setzte den Kessel auf, holte die Milch herein, machte das Frühstückstablett fertig und schob den Tisch ans Bett. Marjorie lag da und sah verträumt zu, wie sie geschäftig hin und her ging. Sie fühlte sich umfangen von einem Gefühl des Trostes und der Sicherheit. Sie hatte eine Freundin; sie hatte ein Zuhause. Das Elend der letzten beiden Tage – die in ihrer Erinnerung zwei Monate gedauert zu haben schienen – hatte ein Ende gefunden. Es fühlte sich herrlich an, solange sie schlaftrunken war und nur das bewusst wahrnehmen konnte, was an ihrer Situation so außerordentlich war. Dann plötzlich lag sie ganz starr da im Bett. In diesem Moment kehrte das Unglück zurück. Sie spürte wieder die alte elende Schwäche. Und jetzt schämte sie sich ihrer selbst auch. Bis jetzt hatte die Panik ihr nicht erlaubt, an irgendeinen anderen als an sich selbst zu denken.
    Auf einer unterschwelligen Ebene ihrer Gedanken herrschte das Wissen, dass sie sich keine Sorgen um Mutter und George gemacht hatte – Mutter hatte die letzte Nacht im Gefängnis verbracht, in einer Zelle, im Schatten des ihr drohenden Galgens, so wie er zweieinhalb Tage lang George gedroht hatte. Doch dies war nur die unterschwellige Ebene. Es waren Derrick und Anne, an die sie dachte. Ihr Unglück intensivierte sich noch dadurch, dass sie sich überhaupt nicht vorstellen konnte, was aus ihnen geworden war, dass sie sich nicht einen Moment ein Bild davon machen konnte, in welcher Umgebung sie an diesem Morgen aufwachten. Das schreckliche Wort »Anstalt« kam ihr in den Sinn. Ein Wort, das Assoziationen an schlechtes Essen, barsches Verhalten und kalte, zugige Räume weckte. Die kleine Anne würde sich an einem solchen Ort ganz in sich verkriechen und alles in klaglosem Leiden erdulden, doch Derrick würde protestieren, sich wehren, sich weigern, die kratzigen Anstaltskleider anzuziehen, und seinen Widerwillen gegen das Anstaltsessen hinausschreien, bis hasserfüllte Aufseherinnen ihn verbissen und mitleidlos bestrafen, unterdrücken und in eine betäubte Unterwerfung zwingen würden, von der er sich niemals mehr erholen könnte, nicht einmal als Mann.
    »Oh Gott!«, stöhnte sie. Sie hätte noch viel vehementer geflucht, wenn ihr die Worte eingefallen wären. Sie war voll ungehässiger Wut auf eine Welt, die solche Dinge zuließ. »Oh Gott!«
    Und sie war auch voll bitterer Verachtung für sich selbst, weil sie ihre Kinder diesem Leid ausgesetzt und nicht eine Minute lang an sie gedacht hatte in all diesen Stunden. Jetzt war kein Selbstmitleid mehr in ihr. Sie konnte sich selbst so sehen, wie sie war: schwach, schnell unterwürfig und dennoch selbstsüchtig. In ihrem düsteren Kummer gab sie sichallein die Schuld an all dem, was geschehen war, ohne einen Gedanken an Teds Verantwortung.
    »Zeit, endlich aufzuwachen, junge Frau«, sagte Millicent und schob den Tisch noch ein wenig näher ans Bett, sodass das Geschirr fröhlich klapperte.
    »Ich will kein Frühstück – ich kann nichts essen«, sagte Marjorie. Sie setzte sich im Bett auf, das Haar zerzaust und ohne einen Gedanken an das Nachthemd zu verschwenden, das ihr die Schulter hinuntergerutscht war.
    »Unsinn, natürlich kannst du. Fang mit einer Tasse Tee an«, sagte Millicent mit entschlossener Fröhlichkeit. Ihr war Marjories erneuter Kummer aufgefallen; ja, sie hatte sogar ziemlich genau seine Ursache erraten, und sie wusste, dass gegen solche Realitäten mit bloßen Worten von ihr nichts auszurichten war. Sie konnte ihr nur eine Tasse

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