Tödliche Option
»Sollen wir das neue Profil des
Luwisher-Mak-lers diskutieren? Wir würden gern so viele Leute von der Sorte
sehen, wie Sie uns zeigen können.«
»Sie brauchen Sie bloß herzubringen, und wir
werden mit ihnen einig«, sagte Destry.
Neil Munchen starrte in seinen Kaffee und sah
bedrückt aus.
»Okay, Carl?«
Dr. Ash nahm ein Blatt Papier aus seiner Mappe
und schob es an Smith vorbei zu Hoffritz, der auf die Seite schielte.
Smith räusperte sich gekünstelt und sah Wetzon
an, die einen Stenoblock und einen Federhalter aus der Aktentasche nahm.
»Wir möchten Makler sehen, die verheiratet sind,
mit Kindern, mit Verbindlichkeiten wie Hypotheken, Privatschulen. Gute
Produzenten, die auf zwei fünfzig oder dreihundert brutto kommen.«
Wetzon hörte auf zu schreiben. Das war verrückt.
Zwar hatten die meisten Makler schwere Verbindlichkeiten, aber wie konnte eine
Firma die jüngeren Makler von vornherein ausgrenzen? Es ergab keinen Sinn.
»Und wir würden gern einige Frauen sehen.
Erzählen Sie mir nicht, Mädchen, daß Sie nicht ein paar präsentieren können.«
Er ließ die zerkaute Zigarette in seine Tasse
fallen.
Smith’ Lächeln gefror auf ihrem Gesicht. Wetzon
konnte beinahe ihre Gedanken lesen. »Mädchen« war ein rotes Tuch, besonders für
Smith. Wetzon schaute auf, doch ohne eine Miene zu verziehen. Hoffritz merkte
nicht einmal, daß er beleidigend war.
»Und zufällig«, fuhr Hoffritz fort, »setzen wir
auch Tom Keegen darauf an.«
»Tom Keegen!« platzte Smith heraus. Sie
versuchte nicht einmal, ihre Gelassenheit zu wahren. Smith haßte Tom Keegen,
ihren Hauptkonkurrenten. Sie hatte vor Jahren einen Zusammenstoß mit ihm
gehabt. »Jeder weiß, daß Keegen auf zwei Seiten absahnt, und er macht es
genauso hier bei Luwisher Brothers.«
»Wir haben durch ihn in letzter Zeit ein paar
gute Leute gesehen«, sagte Chris.
Wetzon legte den Federhalter hin. Der
Schleimscheißer. Chris wußte, daß Keegen ein mieser Typ war. Jeder wußte es.
Aber wenn ihnen heutzutage in der Wall Street Moamar Gaddhaffi Makler schickte,
würden sie sogar mit ihm arbeiten. Man konnte nicht mehr sagen, die Zeiten
ändern sich — sie hatten sich geändert.
»Wir mögen seine Arbeit« sagte Hoffritz. »Und
wir mögen Ihre Arbeit, Mädchen, zeigen Sie uns also, was Sie tun...«
Die Tür zum Konferenzzimmer wurde mit einem
gewaltigen Kraftausbruch aufgestoßen, und Ellie Kaplan stolzierte ins Zimmer.
»Was versucht ihr hier ungestraft unter den Teppich zu kehren?« Sie sah
furchtbar aus — zerknittertes Seidenkostüm, das normalerweise gepflegte graue
Haar zerzaust, das Gesicht geschwollen und verzerrt — , keine Spur von der
eleganten Frau im glitzernden Silberkleid auf dem Bankett. Ellie blieb abrupt
stehen, starrte auf den Fleck an der Wand hinter Hoffritz’ Kopf und heulte auf:
»Was habt ihr mit seinem Porträt gemacht?«
»Hören Sie, liebe Ellie...« Dougie sprang auf,
legte einen Arm um sie und streichelte ihren Rücken, worauf sie in Tränen
ausbrach und die Arme um ihn schlang. Sein Gesicht drückte Ekel aus.
Wetzon, die instinktiv aufgestanden war, um
Ellie Kaplan zu helfen, fing die Blicke zwischen der Viererbande auf, denn Neil
Munchen war eindeutig ein Außenseiter.
»Ach, Wetzon, könnten Sie so gut sein, und die
arme gute Ellie zum Wasch...« Dougies Stimme verlor sich. Er machte sich von
der völlig aufgelösten Frau los und stieß sie geradezu auf Wetzon.
»Natürlich tut Wetzon das, stimmt doch, Wetzon?«
Smith’ Ton war vielsagend.
Das Telefon auf der Anrichte begann zu läuten,
dreimal, Pause und noch einmal drei kurze Klingelzeichen. Neil nahm ab. »Ja?«
Er sah Hoffritz an und zeigte mit dem Hörer auf ihn. »Für dich.«
Hoffritz stand langsam auf und nahm den Hörer.
»Ja. Hm, du weißt, was du zu sagen hast. Nein. Scheiße, sag einfach, daß wir
über Goldie Barnes vorzeitigen Tod schockiert waren und es uns schwerfällt, zu
glauben, daß er ermordet wurde.«
Ellie stützte sich zitternd vor Erregung auf
Wetzon, als sie aus dem Zimmer gingen. »Und wie«, sagte sie.
»Oh, gewiß haben sie ihn getötet. Da
sitzen sie so selbstgefällig und verteilen die Beute. Tja, da wäre nichts zu
verteilen, wenn er nicht gewesen wäre.«
Ellie Kaplan stellte einen aufklappbaren
Make-up-Spiegel auf ihren unaufgeräumten Schreibtisch, betrachtete ihr
Spiegelbild und zog eine Grimasse. Sie fuhr mit einem Schildpattkamm durch die
dicken wirren Locken ihres silbergrauen Haars. Als Mittvierzigerin war sie
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