Tödliche Option
mit
dem aufsehenerregenden grauen Haar und den dichten tiefschwarzen Augenbrauen,
was die Leute allgemein als gutaussehende Frau bezeichneten. Heute jedoch war
die Haut um die dunklen Augen aufgedunsen und fleckig. Sie drückte ein paar
Tasten an ihrem Quotron und starrte auf das Gerät.
Wetzon saß auf einem bequemen Klubsessel vor
Ellies Schreibtisch. »Sie meinen, Goldie wurde tatsächlich ermordet? Ich
dachte, es wäre Herzversagen, durch das Asthma.«
»Dachten wir alle.« Ellie bürstete mit einem
Zobelhaarbürstchen Rouge auf ihr Gesicht, legte roten Lippenstift auf, packte
die Utensilien in einen blauen Nylonbeutel, zog den Reißverschluß zu und ließ
Beutel und Spiegel in die offene Schublade auf der rechten Seite fallen. Sie
zündete eine Zigarette an und inhalierte tief. »Hat Hoffritz Ihnen nichts
gesagt? Glaubt er, er kann es verheimlichen? Die Polizei war heute morgen hier
und hat alle vernommen. Sie sagen, Goldie wurde ermordet.« Sie hackte wieder
auf die Tastatur, um weitere Informationen anzufordern. »Hmhm... ein Viertel
rauf... Entschuldigen Sie mich, Wetzon. David!«
Die Tür ging so schnell auf, daß Wetzon glaubte,
wer immer sie geöffnet hatte, mußte davorgestanden und gelauscht haben.
»Ellie?«
»David Kim — Wetzon.« Ellie sah nicht von der
Maschine auf.
»Sie sehen gut aus, David«, bemerkte Wetzon.
»Das kann ich zurückgeben, Wetzon.«
Sie grinsten sich an, beide belustigt, daß Ellie
sich nicht erinnerte, wie er seine Stelle bei ihr bekommen hatte.
Den Bruchteil einer Sekunde lang betrachtete
Ellie sie verblüfft, dann tippte sie sich mit zwei Fingern an die Stirn.
»Wie konnte ich vergessen, daß ihr beide euch
kennt? Es war mir tatsächlich entfallen.«
»Wie konnte sie vergessen, daß ich dafür
verantwortlich bin, daß Sie hier sind, David?« Wetzon lachte. »Und dazu gratis,
könnte ich hinzufügen.«
»Ich weiß nicht, Wetzon.« Davids Ton war
hänselnd.
»Macht nur weiter, ihr zwei, amüsiert euch gut.
Ich werde einfach dasitzen und versuchen, Geld zu verdienen.« Ellie beobachtete
aus dem Augenwinkel, was sich auf dem Quotron tat.
»Noch ein Achtel rauf. Ich glaube, wir sollten
anfangen, unsere Leute herauszunehmen.«
»Hast du den Umfang gesehen?« David Kim war
groß, schlank und Asiate — Koreaner genaugenommen — , ungefähr fünf- oder
sechsundzwanzig. Er langte über Ellies Schulter und tippte auf der Tastatur.
Sie wandte ihm das Gesicht zu, und Wetzon las soviel nackte Intimität darin,
daß sie sich wie eine Voyeurin fühlte. Dann war es vorbei. Aber sie hatte es
gesehen. Wetzon stand auf.
»Sie haben zu tun, ich mache mich davon.«
»Gehen Sie nicht, Wetzon.« Sie hatte ihr dickes
Kundenbuch aufgeschlagen und studierte es. »David, Dwayne möchte uns Kaffee
bringen, ja? Nimm inzwischen alle heraus, während ich mit Wetzon rede.«
»Bitte koffeinfrei für mich.« Wetzon setzte sich
wieder. Falls David Kim die Bitte übelnahm, ließ nichts in seinem Gesicht oder
Benehmen darauf schließen. Er lächelte die Frauen an und schloß die Tür hinter
sich.
Ellie seufzte. »Ich bin so froh, daß ich ihn
habe. Ich stehe in Ihrer Schuld, Wetzon.«
Wenn jeder, der an der Wall Street »in ihrer
Schuld stand«, diese tilgen sollte, könnte sie sich zur Ruhe setzen und in Saus
und Braus leben. Als Wetzon David Kim kennengelernt hatte, war er einer der
Mathematikgenies im Doktorandenprogramm der Columbia gewesen. Er war an sie
verwiesen worden, weil er eine Teilzeitarbeit suchte, um seine Unkosten zu
decken und ihm etwas Taschengeld zu beschaffen, und Wall Street war der
passende Ort für seine Talente.
»Gefälligkeit«, hatte Dougie Culver es genannt,
nachdem Wetzon David bei Ellie vorgestellt und Ellie ihn sofort genommen hatte.
»Betrachten Sie es als Gefälligkeit, Wetzon, und bei einer richtigen Vermittlung
machen wir es bei Ihnen wieder gut.«
»Was ist an David Kim nicht richtig?« hatte sie
gefragt.
Wiedergutmachen klang ziemlich stark nach Ich kümmere mich
um dich, Schätzchen und machte sie wütend.
»Sie sind die Beste, Wetzon«, hatte Dougie gesagt
und es dabei belassen — statt Zahlung.
Ellie schob das Geschäftsbuch beiseite. »David
hat einen ausgesprochenen Instinkt für Optionen. Ich habe ihn als Juniorpartner
in die Firma gebracht. Das heißt, er hat seine eigenen Kunden und hilft mir bei
meinen. Er ist phantastisch beim Ausarbeiten von Strategien und
Stellagegeschäften... Ich weiß nicht, es ist fast mystisch.«
»Glauben Sie
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