Tödliche Panne: Ein Las-Vegas-Krimi
geben lassen, aber sie denken nicht daran und kommen hier einfach reingeschneit, und dann erwarten sie, dass man ihnen die Anlage zeigt. Aber so läuft das nun mal nicht, oder?«
Snow und Willie nickten beide.
»Wissen Sie«, fuhr sie fort, »was mich am meisten frustriert, ist die Tatsache, dass ich nicht nach Las Vegas gekommen bin, um als Hausverwalterin zu arbeiten. Dafür hätte ich auch gleich in Wichita bleiben können.«
Snow ahnte, was sie von ihm hören wollte, also fragte er: »Was hat Sie denn dann in unsere schöne Stadt verschlagen?«
»Ich wollte eigentlich von Beruf Tänzerin werden«, sagte sie. »Ich habe daheim in Wichita Ballett getanzt. Wir hatten dort eine kleine lokale Ballettkompanie mit regelmäßigen Auftritten. Wir machten das Ganze nicht für Geld, sondern hauptsächlich zum Spaß. Zu den Aufführungen kamen meistens ein paar hundert Leute, manchmal auch mehr. Na ja, jedenfalls hat mir jeder erzählt, ich hätte zu viel Talent, um es in einem Ort wie Wichita zu verschwenden. Alle haben mir gesagt, ich sollte nach Las Vegas gehen und Tänzerin werden. Ich dachte, was zum Teufel, man lebt nur einmal, also hab ich’s gemacht. Ich hab meinen Job bei der Bank gekündigt, meine gesamte Einrichtung und alles, was nicht in meinen Minivan passte, verkauft und bin einfach hierher gezogen.
Ich bin dann auf eine Tanzschule gegangen und hab die Ausbildung dort abgeschlossen. Dann bin ich von einer Probe zur anderen, hab es aber nie in die engere Auswahl geschafft. Es ist nicht zu fassen, wie gut die Tänzer hier in Las Vegas sind. Es wimmelt nur so von ihnen. Da ist die Konkurrenz natürlich groß. Ich meine, es gibt hier viele wirklich gute Tänzer, so wie ich zum Beispiel, die gar nicht in ihrem Beruf arbeiten. Wir machen andere Jobs, zum Beispiel Kellnerin, Büroangestellte oder Hausverwalterin.« Sie hob die Augenbrauen und zeigte mit beiden Händen auf sich.
»Das ist wirklich schade«, sagte Snow.
»Ja, aber ich gebe nicht auf«, sagte sie mit Nachdruck. »Die Leute, die irgendwann Erfolg haben, sind die, die nicht aufgeben. Sag niemals nie. Kommt gar nicht in die Tüte, jedenfalls nicht für mich.«
»Schön für Sie«, sagte Willie. »Bleiben Sie dran. Sie werden es schon schaffen.«
Sie legte die Hände auf den Tisch und seufzte. »Jetzt hab ich aber genug von mir erzählt. Was kann ich für Sie tun?« Ihre Stimme klang jetzt etwas fröhlicher.
Snow gab ihr den Notizblock. Die Seite mit den vierzehn Namen hatte er bereits aufgeschlagen. »Können Sie mir sagen, ob jemand von diesen Leuten hier wohnt?«
»Sicher. Kein Problem.« Sie nahm den Block und gab ein paar Befehle in ihren Computer ein.
Ein paar Minuten später sah sie zu Snow auf. »Nee, von denen wohnt zurzeit niemand hier.« Sie wollte ihm den Block zurückgeben, hielt dann aber inne. »Warten Sie einen Moment.« Sie sah sich noch einmal die Liste durch.
Schließlich deutete sie auf einen der Namen. »Der hier. Daniel Guardino.« Sie tippte auf ein paar weitere Tasten und sah auf den Monitor. »Ja, das ist der Typ, der …«
»Der was?«, fragte Snow.
»Daniel Guardino. Er ist vor etwas mehr als drei Wochen ausgezogen. Hat keine Nachricht hinterlassen. Er hat einfach zusammengepackt und war weg. Außerdem war er einen Monat mit der Miete im Rückstand. Er hat die Wohnungsschlüssel in einen Umschlag gesteckt und sie nach Büroschluss in den Briefkasten geworfen.«
»War in dem Umschlag auch eine Notiz mit einer Nachsendeadresse oder so was ähnliches?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, nur die Schlüssel. Aber er hat etwas auf den Umschlag geschrieben.«
»Was denn?«, fragte Snow.
»Es war ziemlich kurz«, sagte sie. »Da stand drauf:
Apartment 326. Ich bin weg. Sie können mich am Arsch lecken. Weiterhin alles Gute
.«
Snow verzog das Gesicht. »Nicht gerade informativ«, sagte er.
Als sie wieder draußen waren und auf die Einfahrt der Wohnanlage zugingen, wandte Willie sich Snow zu. »Ist Ihnen schon aufgefallen, Jim, dass alle Leute, die wir bisher befragten, eine interessante Lebensgeschichte haben?«
»Ja, das hab ich auch festgestellt«, stimmte Snow ihm zu. »Vielleicht sollte mal jemand ein Buch darüber schreiben.«
»Das hat schon jemand gemacht«, sagte Willie. »Studs Terkel. Anfang der Siebziger. Das Buch heißt
Working
. Es hat fast sechshundert Seiten und es geht darin um Menschen aus allen möglichen Berufen, die über ihre Arbeit reden, und wie sie sich auf ihr Leben auswirkt. Er hat auch
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