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Tödliche Pralinen

Tödliche Pralinen

Titel: Tödliche Pralinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Sonderausgabe stehen müssen. Doch Faroux’ Diskretion machte
seinem Berufsstand alle Ehre. Wahrscheinlich wollte der Inspektor den
Verbrecher nicht über alles informieren... vorausgesetzt, der Todesfall im
Hospital, bei dem ich um ein Haar die Hauptrolle gespielt hätte, stand
überhaupt im Zusammenhang mit den übrigen Giftmorden. Möglich auch, daß Hélène
sich in der Aufregung verhört hatte. Schließlich schien sich der Mörder
häufiger in der Süßwarenfabrik G & L aufzuhalten als in Hospitälern...
obwohl... Ja, obwohl das eine das andere nicht ausschloß!
    Ich ließ das Taxi halten, um in ein Bistro zu
gehen und in der Agentur anzurufen.
    „Schicken Sie Reboul und Zavatter so schnell wie
möglich los, um Informationen über Gutt und Lambert einzuholen“, trug ich
meiner Sekretärin auf. „Ich muß wissen, ob Blouvette-Targuy irgendwie mit der
Firma in Verbindung steht oder stand. Aktionär, Aufsichtsratsmitglied,
Betriebsarzt, entfernter Verwandter des Nachtportiers oder ehemaliger
Kriegskamerad des Buchhalters. Irgend so was in der Art. Diskret und schnell,
wenn’s geht!“
    Ich stieg wieder ins Taxi. Kurz darauf bog es in
eine ruhige, ländliche Straße ein und hielt an. Wir standen vor Catherines
Villa. Gegenüber erstreckte sich ein bewaldetes Gelände. Man hörte nichts als
Vogelgezwitscher, das entfernte Rollen der Metro auf dem Pont de Passy und die
stümperhaft gespielten Tonleitern eines Klavierspielers in einem Nachbarhaus.
    Ich läutete an der Haustür von Catherine
Larcher. Ein Dienstmädchen öffnete und teilte mir mit, Madame sei nicht im
Hause, komme aber jeden Augenblick zurück. Ich äußerte meinen Wunsch, auf die
Hausherrin warten zu dürfen, und wurde in einen geschmackvoll eingerichteten
Salon mit Panoramafenster geführt. Ich setzte mich. Jetzt hörte man nur noch
das Klaviergestümpere, sonst herrschte absolute Stille. Wie im Stummfilm! Gar
nicht unangenehm.
    Nach einer Weile — inzwischen hatte ich mir eine
Pfeife angezündet — ging ich ein wenig in dem gemütlichen Raum umher und
betrachtete die Bilder an den Wänden. Dann nahm ich das Bücherregal in
Augenschein. Schließlich mußte ich mir doch eine Meinung über den literarischen
Geschmack meiner unfreiwilligen Gastgeberin bilden.
    Plötzlich überkam mich ein Schwindelanfall. Tut
mir leid für diejenigen, die sich vorstellen, wir Privatdetektive hätten eine
robuste Natur und könnten mit 40 Grad Fieber am Eiffelturm hochklettern. Mir
wurde schwarz vor Augen. Zu früh hatte ich — auf eigene Verantwortung
natürlich! — mein Krankenlager verlassen, oder es herrschte eine mörderische
Hitze in diesem Salon. Oder aber mir bekam das Rauchen noch nicht. Um nicht
lang hinzuschlagen, lehnte ich mich gegen den Heizkörper. Er war leicht
angewärmt. Frische Luft würde mir guttun. Ich beschloß, nicht länger zu warten,
und machte mich auf die Suche nach dem Dienstmädchen.
    „Madame muß jeden Augenblick kommen“,
wiederholte sie.
    „Ja, das sagen Sie so. Ich hab jetzt keine Zeit
mehr. Wann könnte ich mehr Glück haben?“
    „Madame ist häufig außer Haus... in letzter
Zeit. Möchten Sie eine Nachricht hinterlassen?“
    „Ich komme im Laufe des Nachmittags wieder
vorbei“, entschied ich.
    Leicht schwankend ging ich hinaus. Nein, es ging
mir gar nicht gut. Ein Schluck Alkohol hätte vielleicht Wunder bewirkt, aber in
dieser gottverlassenen Straße war weit und breit kein Bistro zu sehen. Ein Auto
kam auf mich zu. Ich hielt es für ein Taxi und winkte es ran. Es war jedoch
weder frei noch ein Taxi. Als ich das bemerkte, war es schon zu spät. Zwei
Kerle stiegen aus. Mit dem Fahrer bildeten sie ein gelungenes Trio, so in der
Art der Cayenn’s Boys. Ich verspürte einen leichten Druck in der Seite.
    „Schön brav sein, und einsteigen“, raunte mir
einer der Boys zu.
    Ich gehorchte, zu jedem Widerstand unfähig.
Hinterm Steuer saß Thomas Jannet, der dicke Winkeladvokat, eine Zigarre
zwischen den Zähnen, den unvermeidlichen, mehr denn je funkelnden Solitär am
Finger. Die beiden Pistolenhelden setzten sich rechts und links neben mich, der
Wagen raste los... und wurde an der nächsten Straßenecke gestoppt. Der heftige
Aufprall wirbelte uns durcheinander. Meine Begleiter fluchten. Wir waren mit
einem anderen Wagen zusammengestoßen, an dessen Steuer eine Dame saß. Jannet
startete sofort wieder. Sein Wagen hatte kaum was abgekriegt, was man von dem
anderen nicht behaupten konnte. Sah zwar ziemlich protzig aus, war

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