Tödliche Pralinen
anzeigt. Gut, sie mag keine Polizisten,
hält sie alle für unfähig...“
„Aber der Skandal“, warf Hélène ein. „Sie legt
bestimmt keinen Wert darauf, daß die Untaten ihres Schwagers bekannt werden.“
„Natürlich nicht. Aber warum hat sie darauf
bestanden, Galzat vorgestellt zu werden? Wo doch der Journalist sich im Moment
wie ‘n Flic aufführt, eine Gattung, die sie erklärtermaßen nicht mag! Haben Sie
darauf auch eine Antwort, Hélène?“
Meine Sekretärin schüttelte den Kopf. Nein, sie
hatte keine. Ich auch nicht. Wir ließen die Frage im Raum stehen und kamen
wieder auf Dr. Blouvette-Targuy zu sprechen.
„Er wird verlegen, als ich von den
Arsenvergiftungen anfange. Bestreitet jedoch energisch, daß Louis Béquet
ebenfalls giftgemordet sein könnte. Dann ändert er seine Meinung und bittet um
eine Autopsie der Leiche. Merkwürdiges Verhalten, nicht wahr? Daß der Junge
tatsächlich an Herzversagen gestorben ist, scheint ihn gar nicht glücklich zu
machen...“
„Aber, verdammt nochmal!“ ereiferte sich Hélène.
„Er muß doch wissen, ob er Louis Béquet vergiftet hat oder nicht?“
„Anzunehmen. Weiter. Gestern besucht er mich im
Hospital. Warum? Weil er wissen will, wieviel ich über seine Giftmeuchelei
weiß. Klar, er möchte Gewißheit haben. Und dann, Hélène, vergiftet er meine
Medikamente! Sicher nicht zum Vergnügen... jedenfalls nicht zu meinem! Vielleicht
war es ein Fehler, ihm zu verstehen zu geben, daß ich — wie Galzat — weiß, wann
ich zu schweigen habe. Er entschließt sich daraufhin zu handeln.“ Ich stand
auf. „Höchste Zeit, daß ich das auch tue. Handeln, meine ich. Er war so
liebenswürdig, mich zum Abendessen einzuladen. Ich will ihn nicht länger warten
lassen, das wäre ungezogen. Nur... Meine Teller und Gläser werd ich im Auge
behalten müssen! Er wird platt sein, mich so schnell zu sehen. Was meinen Sie,
Hélène?“
„Passen Sie gut auf sich auf, Chef“, riet mir
meine Sekretärin.
Ich setzte meinen Hut schwungvoll auf. Das gab
mir eine optimistische Note.
„Keine Sorge!“ Ich lächelte. „Bis jetzt haben
wir nur eine Hypothese aufgestellt. Wenn ich sein Haus betrete, werde ich
Genaueres wissen. Vorher gehe ich nämlich bei Catherine vorbei. Die kann mir
bestimmt so einiges erzählen. Und warum sollte sie mir weniger erzählen als
Galzat... Galzat... Um Himmels willen!“
Ich schnappte mir das Telefon und wählte die
Nummer des Crépuscule.
„Hallo... René Galzat, bitte!“
Mein Gesprächspartner am anderen Ende schimpfte
nicht schlecht. Ich hörte ihm aufmerksam zu, dann legte ich auf.
„Ich glaube, Galzats Konkurrenz brauche ich
nicht mehr zu fürchten“, sagte ich. „Er ist nicht in der Redaktion erschienen.
Zu Hause ist er auch nicht... Und das genau zu dem Zeitpunkt, da er seinem
Chefredakteur einen brandheißen Artikel versprochen hat! Da er sich für
Giftmorde interessiert...“
„Meinen Sie, Blouvette-Targuy hat wieder
zugeschlagen?“ fragte Hélène.
„Ich habe ihm gestern gesagt, daß ich der
Überzeugung sei, Galzat interessiere sich für diese mysteriösen Vergiftungen“,
antwortete ich nur.
14
Paoli greift ein
Während der Taxifahrt nach Passy las ich die
Sonderausgabe des Paris-Midi.
Heute morgen , stand da, meldete sich ein junger Mann namens Arthur Duchemin
bei der Kripo am Quai des Orfèvres. Inspektor Faroux gegenüber erklärte er, er
habe Pralinen gekauft, sie aber — gewarnt durch die Pressemeldungen —
vor dem Verzehr einer genauen Analyse unterzogen. Zum Glück! Zwei Pralinen waren
vergiftet. Inspektor Faroux ist sofort zu dem Geschäft gefahren, in dem
Duchemin die Pralinen gekauft hatte. Es handelt sich um einen kleinen
Süßwarenladen am Boulevard de Ménilmontant. Inhaber ist der Spanier Pablo
Somosa. Doch von Schokolade keine Spur! Der Händler behauptete, er habe die
drei, vier restlichen Kilo an Laufkundschaft verkauft. Der Spanier wurde
gebeten, sich der Polizei zur Verfügung zu halten.
Inspektor Faroux wollte keine näheren Angaben zu
dem Fall machen. Wir haben jedoch erfahren, daß Pablo Somosa den Namen des
betreffenden Großhändlers genannt hat. Auch der Großhändler wurde vernommen. Er
bezieht seine Ware ausschließlich von Gutt und Lambert. Ware, die einen
Fabrikationsfehler (!) aufweist oder angeschmutzt ist. Er verkauft sie an
kleinere Geschäfte in den Vororten oder abgelegenen Bezirken weiter.
Eigentlich hätte auch was über meine vergifteten
Medikamente in der
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