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Tödliche Seilschaft: Roman (German Edition)

Tödliche Seilschaft: Roman (German Edition)

Titel: Tödliche Seilschaft: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Traber
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St. Magdalener. Zum
Nachtisch gab es eine Portion Taleggio-Käse.
    »Wäre es
jetzt nicht schöner mit Alex?«, fragte Marianne.
    »Nein, ganz
und gar nicht. Mit ihm zu tafeln war kein Vergnügen. Hauptsache, er wurde satt,
er hat das Essen nicht wirklich genießen können. Und von Wein hat er leider nicht
viel gehalten, er trank geradeso gern Himbeerlimonade.«
    »Wo befindet
sich denn die Ferienwohnung, wo ihr den Sommer verbracht habt?«
    »Ferienwohnung?«,
lachte Eva. »Marianne, ich werde dir die kleine Hütte morgen zeigen, falls sie noch
dort steht und nicht längst ausgebaut oder abgerissen worden ist. Du wirst staunen.
Gestaunt habe ich allerdings seinerzeit auch. Alex und ich fuhren mit dem Auto mitten
durch den Wald zum Völser Weiher hinauf. Es gab noch keine richtige Straße, nur
einen steinigen Fußweg, aber er nahm trotzdem das Auto, jeden Tag, obwohl es verboten
war. Er setzte sich über jede Art von Verbot oder Vorschrift hinweg, als hätte er
wie ein Adliger in früheren Zeiten besondere Rechte.
    Auf tausend
Meter Höhe, zwölf Kilometer von Bozen entfernt, gibt es auf einem Hochplateau zwei
abgelegene Gasthöfe und einen kleinen Bergsee, umgeben von Tannen. Etwas weiter
oben, direkt beim Völser Weiher, gehörte Alex ein Stück Land, eine steile Alpweide.
Wahrscheinlich hatte er es günstig kaufen können. Er hatte darauf ein winziges Holzhaus
bauen lassen, das er Lara taufte – nach der Geliebten von Schiwago; das fand
ich unheimlich romantisch, ich schwärmte als Halbwüchsige von Pasternaks Roman »Schiwago«.
    Auf Italienisch
heißt der Weiher Laghetto di Fiè. Man hat von dort einen wunderbaren Ausblick
auf das Schlernmassiv und die Santner-Spitze. Der Weiher, ein beliebter Ausflugsort,
ist nicht tief, das Wasser klar und auch im Hochsommer kühl. Angelegt wurde er von
Leonhard von Völs-Colonna, er benützte ihn als Fischteich. Heute ist Fischen dort
verboten.«
    »Weißt du,
wer das war, dieser Leonhard von Völs?«, unterbrach Marianne ihren Vortrag.
    »Ja, er
war Mitte des 15. Jahrhunderts Landeshauptmann und Burggraf zu Tirol. Er wohnte
auf Schloss Prösels, hier in der Nähe.«
    »Schon wieder
ein Adliger«, meinte Marianne sarkastisch.
    »Ja, allerdings
gab es zu jener Zeit auf Schloss Prösels auch schlimme Hexenprozesse. – Um in die
Lara-Hütte zu gelangen, mussten wir zuerst über einen Zaun klettern. Das Holzhäuschen
bestand aus einem einzigen Raum mit zwei kleinen Fenstern und einer Tür. Ein breites
Bett, eher eine Pritsche, stand darin. Sonst nichts. Der Wandschrank, das war einfach
eine Schiebetür, die Alex hatte einbauen lassen.«
    »Und die
Toilette und Küche?«
    »Es gab
kein Wasser, kein WC, keine Kochmöglichkeit. Nicht einmal einen Spiegel.«
    »So kann
man doch nicht leben«, stellte Marianne entsetzt fest.
    »Wenn man
muss oder will, geht fast alles. Wir schliefen ja nur dort, tagsüber waren wir unterwegs.
Und ich wollte Alex beweisen, dass ich ohne Komfort leben konnte. Ja, manchmal habe
ich einen Hang zum Spartanischen, kann mich anpassen, ich kann Extreme genießen:
Luxus oder Kargheit. Morgens wusch ich mich im Weiher.«
    »Und die
Bergtouren? Vermisst du sie nicht doch, seit wir hier oben sind?«
    »Wenn ich
daran denke, ich müsste morgen in aller Herrgottsfrühe aufstehen und mit klammen
Händen über steile Hänge klettern … Nein! Ich bin längst viel zu bequem geworden.
Was macht man nicht alles, wenn man verliebt ist! Das darf mir nie mehr passieren,
dass ich so den Kopf verliere wegen einem Mann, der diese Hingabe nicht wert ist.«
    Marianne
ihrerseits behauptete: »So verliebt könnte ich gar nicht sein, mich je zu einer
Kletterei auf einen Dreitausender überreden zu lassen. Und ein mehrwöchiger Aufenthalt
in einer Hütte ohne WC und Wasser – nein, danke! Du musst verrückt gewesen sein
nach diesem Kerl. Warum eigentlich? Ich verstehe es immer noch nicht. Du etwa?«
    Eva gab
keine Antwort.
     
    Am Anfang blieb das Paar unten in
der Sägerei, wo ihnen ein schönes Zimmer mit eigener Dusche zur Verfügung stand.
Eva fuhr mit Alex täglich zum Völser Weiher hinauf. Er ärgerte sich, dass immer
wieder neugierige Touristen über den Zaun kletterten und mitten übers Grundstück
an der Hütte vorbeispazierten, anstatt etwas weiter oben den Wanderweg zu benützen.
Eines Morgens beim Frühstück schlug er deshalb vor: »Wie wäre es, wenn wir rund
um mein Grundstück einen Graben machen ließen, damit uns niemand mehr stören kann?«
    Eva lachte
zuerst

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