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Tödliche Seilschaft: Roman (German Edition)

Tödliche Seilschaft: Roman (German Edition)

Titel: Tödliche Seilschaft: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Traber
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und eine eigenartige, beunruhigende
Stille. Jedenfalls empfanden sie dies beide so. Bildeten sie sich das bloß ein,
weil sie nach der langen Autofahrt müde waren?
    Sie landeten
direkt am Wenzelsplatz, mitten im Zentrum. Hotels, darunter das berühmte Hotel Europa,
Restaurants, Touristen, Musik und Küchengerüche, das Reiterdenkmal, am Ende des
Platzes das imposante Nationalmuseum. Ein Hotelzimmer zu finden schien zuerst aussichtslos.
Immer hieß es in abweisendem Ton: besetzt, bis sie endlich merkten, dass die Reservation
nur über ein zentrales Reisebüro möglich war. – Um elf Uhr abends wurde überall
geschlossen; nur Ausländer spazierten noch herum.
    Prag. Nun
waren sie in der berühmten literarischen Stadt. Aber jäh und so heftig wie nie zuvor
überkam Eva Heimweh. Weder die Müdigkeit noch der Wein, den sie bei einem späten
Nachtessen getrunken hatte, war schuld daran, sondern die unheimliche Stimmung im
düsteren nächtlichen Prag. Auch Alex schien bedrückt und schweigsam. Eva dachte
an den Schlern, an die Lichter abends im Tal, an die frische Bergluft, an die gemütliche
Gaststube im »Wolf«, an das beruhigende, einschläfernde Rauschen im Wald oben am
Völser Weiher.
     
    Am nächsten Morgen meldete sich
Alex im Geologischen Institut, das sich in der Nähe des Hotels befand. Zwei nach
Schnaps riechende Männer in Überkleidern saßen am Eingang in der Loge, riefen jemanden
telefonisch herbei, weil sie weder Deutsch noch Englisch verstanden, und starrten
das ausländische Paar misstrauisch an. Ein jüngerer Tscheche, ein Geologe, tauchte
endlich auf und führte die Gäste mit dem Paternosterlift in sein Büro. Er sprach
ziemlich gut Deutsch. Auch er roch nach Alkohol und Schweiß, trug ein nicht mehr
sauberes Hemd, bot Eva jedoch galant den einzigen Stuhl im engen Büro an.
    Über den
Kongress könne er leider keine genauen Angaben machen, sagte er bedauernd. Er erklärte
Alex den Weg zum Kongressgebäude, wo die Vorträge verschiedener bekannter Geologen
bereits angefangen hatten.
    Sie durchquerten
die Stadt. Türme, Dome, Giebel, Brücken über die Moldau, hoch oben der Hradschin,
die Verherrlichung der slawischen Zähigkeit, jetzt Anziehungspunkt für westliche
Touristen. Immer wieder wurden sie von älteren Tschechen angesprochen, die ein bisschen
Deutsch konnten und versuchten, durch verschiedene touristische Dienstleistungen
Geld zu verdienen:
    »Ich habe
noch gegen die Russen gekämpft. Darf ich Ihnen die Sehenswürdigkeiten der Stadt
zeigen?«
    Ein schwüler
Tag. Auf der Karlsbrücke verkauften bärtige Maler Zeichnungen. Nur Ausländer machten
fröhliche Gesichter, die Einheimischen hasteten ernst und schweigend vorbei.
    Sie fragten
sich zum Kongressgebäude durch und suchten das Auskunftsbüro. Drei Sekretärinnen
saßen dort an einem mit Papieren überhäuften Tisch. Alex erkundigte sich nach einem
amerikanischen Professor, der bereits in Prag eingetroffen sein musste und den er
unbedingt treffen wollte. Kopfschütteln. Niemand wusste Bescheid. Eine Dame telefonierte
zwar und versuchte, irgendwo eine Auskunft einzuholen, aber nicht einmal ein gedrucktes
Programm des internationalen Geologenkongresses lag vor. Eine blonde Tschechin (oder
Russin?), offenbar die Verantwortliche des Organisationskomitees, knabberte aufreizend
an einem Apfel und erlaubte Alex schließlich, aus ihrem eigenen Programm – dem einzig
vorhandenen, mit handschriftlichen Notizen voll gekritzelten – einige Angaben abzuschreiben.
Plötzlich trat ein Mann ins Büro, begrüßte Alex mit vollem Namen und entschuldigte
sich, ihm nicht behilflich sein zu können. Man sei mit Arbeit überlastet. Wurden
sie überwacht? Woher wusste er Alex’ Namen?
    Der amerikanische
Professor jedoch war nicht aufzutreiben. Überall erhielt Alex ausweichende Antworten
oder begegnete eisigem Schweigen. Er verstand die Welt nicht mehr.
    »Wir haben
uns doch nicht im Datum geirrt«, meinte er. »Ich habe die offizielle Einladung zur
Teilnahme an diesem Kongress vor Monaten erhalten und mich sofort angemeldet. Irgendetwas
stimmt da nicht. Man sagt uns nicht die Wahrheit, man will etwas vertuschen.«
    Auf dem
Weg zurück ins Hotel hatten sie das Gefühl, dass ihnen jemand folgte. Oder sahen
sie Gespenster? Sie fühlten sich den ganzen Tag unbehaglich, und auch als sie in
einem Restaurant in der Nähe des Hotels essen gingen, hatten sie den Eindruck, dass
ihnen jemand unauffällig gefolgt war und sie beobachtete. Wurden sie

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