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Tödliche Seilschaft: Roman (German Edition)

Tödliche Seilschaft: Roman (German Edition)

Titel: Tödliche Seilschaft: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Traber
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wurde
daraufhin noch wütender, schimpfte über die Tschechen, die offensichtlich den Geologenkongress
boykottierten, er sei umsonst so weit gefahren, fluchte über den Wirt, riss plötzlich
das Fenster auf und schrie seine Wut laut in die Nacht hinaus.
    »Sei doch
vernünftig!« Mit einem Satz war sie aus dem Bett und hielt Alex am Arm fest. Es
hatte ausgesehen, als ob er aus dem Fenster springen wollte, vom zweiten Stock aus
hinunter auf die Asphaltstraße.
    Sie versuchte,
ihm sanft zuzureden, sah jedoch ein, dass es aussichtslos war. Er benahm sich wie
ein eingesperrtes Tier oder eher wie ein Verrückter. Hatte er plötzlich den Verstand
verloren? Wie rasend begann er nun selber Lärm zu machen, an der Tür zu rütteln,
an die Wände zu klopfen, schmiss einen Stuhl um und schrie: »Verdammter Lärm!«
    Von irgendwoher
rief jemand empört: »Ruhe! Ruhe!«
    »Du weckst
das ganze Haus. Bitte, bleib ruhig, nimm dich zusammen, nimm wenigstens Rücksicht
auf die anderen Gäste. Alle schlafen.«
    »Ich halte
es hier nicht aus!«
    Ein vorbeifahrender
schwerer Lastwagen ließ das Zimmer einen Moment erzittern.
    Mit einem
Ausdruck im Gesicht, der nichts Gutes verhieß, schloss Alex seinen Koffer. Eva sagte
kein Wort mehr und zog sich rasch an. War das Jähzorn? Wie sollte sie sich verhalten?
So hatte sie ihren Freund noch nie erlebt.
    Der Lärm,
den sie dann im Treppenhaus veranstalteten, musste sämtliche Schlafenden geweckt
haben. Wie ein Gefangener versuchte Alex, der sich noch nicht beruhigt hatte, irgendwo
eine Tür oder ein Fenster zu öffnen, stemmte sich mit aller Kraft gegen das schwere,
verriegelte Eingangstor, versuchte sämtliche Schlüssel, die an einem Brett hingen,
aber die Tür gab nicht nach. Sie waren eingesperrt.
    »Wenn ich
hier nicht gleich herauskomme, werde ich wahnsinnig«, stöhnte Alex.
    Eva fragte
sich einen Augenblick, ob sie das alles nur träumte … Ein Alptraum?
    Schließlich
drückte Alex auf die Klingel neben dem Empfangspult, als ob das Haus in Flammen
stünde. Und nochmals – und nochmals.
    Schrill
tönte es durchs Haus, und Eva lehnte sich gegen eine Wand, fühlte sich elend und
schämte sich für ihren Begleiter. Wie konnte er so rücksichtslos sein, derart durchdrehen
und mitten in der Nacht alle Leute wecken? Unbegreiflich.
    Endlich
schlurfende Schritte von oben, eine Gestalt kam in einem blau-weiß gestreiften Pyjama
und Pantoffeln, mit einem Schlüsselbund und einer Taschenlampe in der Hand die Treppe
hinunter. Der Wirt.
    »Was geht
hier eigentlich vor? Was erlauben Sie sich, die Nachtruhe zu stören, Sie unflätiger,
unhöflicher …!«
    Ein kurzes,
heftiges Wortgefecht zwischen den beiden wütenden Männern. Flüche, Schimpfworte,
Geschrei. Wenig fehlte, und sie wären mit den Fäusten aufeinander losgegangen. Eva
stand daneben, zitterte vor Kälte und vor Müdigkeit und wäre am liebsten im Erdboden
versunken.
    Der österreichische
Gastwirt gab als Erster nach.
    »Gehn Sie,
gehn Sie! Sofort. Ich bin froh, wenn Sie wegfahren. Leute wie Sie will ich nicht
in meinem Haus beherbergen. Ich will mit Ihnen nichts zu tun haben. Schämen Sie
sich. So etwas Unglaubliches ist mir in meinem ganzen Leben noch nie passiert! Gehn
Sie zum Teufel – oder ich hole die Polizei wegen Ruhestörung und Zechprellerei.«
    Alex holte
den Wagen, und Eva benutzte die Gelegenheit, rasch und leise zu erklären: »Entschuldigen
Sie, es tut mir sehr leid. Wissen Sie, mein Mann ist mit den Nerven völlig am Ende.
Der Arzt hat ihm absolute Ruhe verschrieben, er kann Lärm nicht ertragen …«
    »Ach so,
ich verstehe, trotzdem …« Ein mitleidiger Blick streifte sie, und sie konnte seine
Gedanken lesen: Die hat es gewiss nicht leicht!
    »Es ist
kein Vergnügen, direkt an der Straße zu wohnen«, setzte er hinzu, »man muss sich
an den nächtlichen Verkehr gewöhnen, aber wenn ich die Zimmer nicht vermieten könnte,
wüsste ich nicht, wovon wir leben sollten. Meine Gäste haben sich nie beklagt, alle
sind froh, hier oben noch ein sauberes Zimmer zu bekommen, und der Preis ist mehr
als bescheiden.«
    Sie nickte,
sagte nochmals leise: »Es tut mir leid.«
     
    Es war eine gespenstische Abfahrt
nachts um zwei Uhr. Alex saß mit vor Wut zusammengebissenen Lippen am Steuer und
fuhr weiter. Eva fragte nicht, wohin, es war ihr egal. Wenn sie nur irgendwann irgendwo
schlafen konnte. Schlimmstenfalls im Auto. Zudem war sie zu müde zum Diskutieren
und mochte nicht noch einen weiteren Streit beginnen, es wäre sinnlos

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