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Tödliche Seilschaft: Roman (German Edition)

Tödliche Seilschaft: Roman (German Edition)

Titel: Tödliche Seilschaft: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Traber
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tatsächlich
beschattet? Von wem und weshalb? Sie schliefen schlecht; im Traum versuchte Eva
vergeblich, rechtzeitig aus dem Paternosterlift auszusteigen und wurde in die Tiefe
gerissen. Am nächsten Morgen beim Frühstück beschloss Alex spontan, sofort abzureisen.
    Was ging
vor in Prag? Der internationale Kongress hätte vor zwei Tagen beginnen sollen. Wo
waren die amerikanischen Kollegen von Alex, mit denen er sich hier verabredet hatte?
Warum erhielt er nirgends eine genaue Auskunft? Immer nur Achselzucken und Schweigen.
Es schien, als hätte sich der Internationale Geologenkongress in Luft aufgelöst.
     
    Auf der Rückfahrt hatte die Landschaft
etwas Schwermütiges. Kurz vor der Grenze kamen sie an einer Unfallstelle vorbei:
zwei Autos, vermutlich mit Totalschaden, im Straßengraben, Neugierige aus dem nahen
Dorf, eine weinende Frau und ein mit Blut verschmierter Körper im Gras. Als Alex
anhielt, um zu fragen, ob er helfen könne, wurde er von einem Dorfpolizisten mit
unmissverständlichen Gesten aufgefordert, sofort weiterzufahren, die Ambulanz sei
bereits unterwegs, schrie er ihnen in gebrochenem Deutsch nach.
    Sie atmeten
auf, als sie wieder auf österreichischem Boden ankamen – als wären sie einer unsichtbaren
Gefahr entronnen. Kurz vor Salzburg tauchten die ersten Berge am Horizont auf, und
Alex drängte es mit allen Fasern hinauf in die Alpen, auf die drei Tofanen, in den
Rosengarten. Noch nie hatte Eva ihn so gut verstehen können. Auch sie freute sich
auf den stillen Völser Weiher und die kleine Lara-Hütte, die trotz allem ihr Zuhause
geworden war.
     
    Die Rückfahrt nach Südtirol verlief
nicht wie erwartet. Nein, sie hatten weder eine Panne noch einen Unfall und gerieten
auch nicht in einen Stau.
    Bei Anbruch
der Dunkelheit erreichten sie Innsbruck, müde von der stundenlangen Fahrt. Alex
hielt nicht an, fuhr einfach weiter.
    »Wo werden
wir übernachten?«, wagte Eva zu fragen.
    »Möglichst
weit oben am Brenner, damit wir morgen früh in Seis ankommen.«
    Er bog in
die alte Brennerstraße ein. Gespenstisch leuchteten die Baumstämme im Scheinwerferlicht
auf. Nur ein schwer beladener Lastwagen mit Anhänger war um diese Zeit außer ihnen
unterwegs; die Touristen nahmen ohnehin die schnellere Autobahn. Eva konnte vor
Müdigkeit kaum mehr die Augen offen halten. Warum waren sie nicht in Innsbruck oder
Umgebung in einem gemütlichen kleinen Gasthof abgestiegen? Alex verhielt sich wieder
einmal unvernünftig.
    »Willst
du wirklich weiterfahren? Bist du nicht auch erschöpft?«, erkundigte sie sich.
    Er gab keine
Antwort, machte ein verbissenes Gesicht.
    Kilometer
weiter ein Dorf, kurz vor der Passhöhe. Ein paar eng aneinander gebaute Häuser,
schmal und hoch, irgendwo an der Straße noch Licht, obwohl es gegen Mitternacht
ging.
    Alex hielt
an. Endlich.
    »Ich bin
sofort zurück«, sagte er kurz und ging mit langen Schritten die paar Stufen zur
Eingangstür eines kleinen Gasthofs hinauf. Jemand öffnete, und Eva lehnte den Kopf
erleichtert an die Polster des Autositzes. Bald doch noch ein Bett.
    Alex kehrte
in Begleitung eines älteren Herrn zurück, der die beiden Koffer nahm und »den Herrschaften«
in den zweiten Stock vorausging. Es war still im Haus.
    »Hier, bitte,
das ist das Zimmer. Ich wünsche eine angenehme Nachruhe. Frühstück wird ab sieben
serviert.«
    »Gute Nacht.
Vielen Dank.«
    Heiligenbilder
an den weiß getünchten Wänden, zwei hohe, altmodische Betten mit weißer Bettwäsche,
ein Schrank, zwei Stühle, ein Waschtisch mit Spiegel. Einfach und sauber. Bald lag
Eva unter der Decke. Welche Wohltat, die steifen Glieder ausstrecken zu können.
    Die Fenster
waren geschlossen. Trotzdem hörte man ab und zu deutlich das Dröhnen der vorbeifahrenden
Lastwagen auf der gepflasterten Brennerstraße, und das Echo hallte zwischen den
Häusern.
    Alex ging,
immer noch angekleidet, nervös im Zimmer auf und ab.
    »Willst
du dich nicht auch hinlegen?«
    Die Frage
löste einen Sturm aus.
    »Ich werde
noch wahnsinnig, ich kann bei diesem fürchterlichen Lärm nicht schlafen! Es ist
eine Unverschämtheit, uns dieses Zimmer an der Straße zu vermieten! Der Wirt hat
nichts von Nachtlärm gesagt, er hat uns reingelegt!«, rief er aus.
    »Alex, du
kannst dich aufs Bett legen und dich entspannen, vielleicht hört der Lärm bald auf.
Oder vielleicht hilft es, Watte in die Ohren zu stopfen? Ich jedenfalls bin so müde,
dass ich froh bin, wenigstens die Augen schließen zu dürfen.«
    Alex

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