Tödliche SMS (German Edition)
sich sehr freute, sie wiederzusehen. Die betagte Dame hatte Silke und sie regelmäßig mit Schokolade und anderen Süßigkeiten versorgt, so wie kleine Kinder.
Andrea blieb einige Minuten lang stehen und sie tauschten Höflichkeitsfloskeln aus, plauderten kurz über das hektische Leben einer Fotografin in München. Dann presste Andrea ihre Umhängetasche, mit ihrer Kamera darin, fest an ihren Körper und stapfte davon. Obwohl die Sonne schien, präsentierte sich Wien herbstlich kühl. Ein steter Wind trug das Seine dazu bei.Sie zog den Mantel enger um ihre Taille und machte sich auf in Richtung Karlsplatz. Langsam und gleichmäßig durchschritt sie ihre Argentinierstraße, ihr Wien.
Als sie vor der Karlskirche stand und Fotos schoss, war ihr Ärger über das verpatzte Frühstück schon wieder verflogen. Obwohl, sie fand es schon sehr eigenartig, dass Silke sich bisher noch nicht persönlich bei ihr gemeldet hatte. Warum schickte sie immer wieder eine SMS? Selbst wenn sie bis über beide Ohren in Arbeit steckte oder sie sich die Intensität einer jungen Liebe gönnte. Ihre beste Freundin an ihrem Geburtstag so hängen zu lassen, war einfach nicht ihre Art.
Kurz überlegte Andrea, doch die U2 in Richtung Museums-Quartier zu nehmen, entschied sich aber dann dagegen. Sie wollte die Stadt inhalieren, außerdem hatte sie sich einen Fußmarsch vorgenommen, und was sich Andrea Reiter vornahm, zog sie auch durch.
Langsam schlenderte sie den Getreidemarkt entlang. Es war, wie sie fand, ein angenehmer Zufall, dass sie auf Höhe der Technischen Universität ausgerechnet Max in die Arme lief. Er hielt einen Becher Kaffee in der Hand.
Sie wäre fast mit ihm zusammengestoßen.
„He, Andrea! Du hier in Wien?“
Woher wusste dieser Mann, dass sie nicht mehr in dieser Stadt lebte? Die Beziehung zwischen ihm und Silke war lange vor ihrer Übersiedlung nach München auseinandergegangen.
Erst jetzt sah Andrea, dass ein schmaler Straßenabschnitt des Getreidemarkts gesperrt war. Der Durchzugsverkehr wurde dadurch empfindlich behindert und staute sich fast bis zur Wienzeile. Auf dem Gehsteig parkten zwei Lastwagen. Die Laderampen standen offen und Andrea erkannte dutzende Kabeltrommeln, Aufheller, Stative, Lichtkoffer und technische Geräte.
Auf den Seitenwänden stand in Großbuchstaben: BELLA Film, darunter die Adresse und Telefonnummer. DieseProduktionsfirma musste neu in Wien sein, jedenfalls kannte Andrea sie nicht. Offensichtlich wurden hier Szenen für einen Film gedreht, bei dem Max Regie führte. Sie sah den Kameramann und weitere Stabsmitglieder, die mehr oder weniger wichtig über den Drehort wieselten. Eine Maskenbildnerin machte sich gerade am Gesicht einer Schauspielerin zu schaffen. Sie ging dabei so behutsam vor wie ein Restaurator mit einem hundert Jahre alten Bild. Ein Tüpfelchen da, ein bisschen Puder dort, Wimperntusche und dezenter Lippenstift. Zwischendurch trat sie immer wieder einen Schritt zurück, um ihre Arbeit zu betrachten. Währenddessen musterte sich die Schauspielerin in einem großen Spiegel, der vor ihr aufgebaut war. Andrea konnte nicht mit Bestimmtheit sagen, ob sie ebenfalls ihr Gesicht besah oder ob sie sich in diesen Pausen erlaubte, mit ihren Gedanken abzuschweifen.
Andrea riss sich von dem Schauspiel los und widmete sich wieder Max.
Er sah gut aus. Sein blondes Haar war halblang und gelockt. Seine Augen funkelten blitzblau, seine Haut war gebräunt. Er trug Jeans und eine dicke braune Jacke. Andrea überlegte kurz, wie alt dieser Mann war. Silke hatte erwähnt, dass er ein Jahr jünger war als sie. Also war er zweiunddreißig. Jedes Mal wenn sie ihn sah, wurde sie augenblicklich an seine angeblich tollen Qualitäten im Bett erinnert. Silke hatte ihr Geschichten erzählt … Aber daran wollte sie jetzt besser nicht denken, sonst würde sie auf der Stelle erröten.
„Was machst du hier in Wien?“, wiederholte er seine Frage.
„Silke wollte mich überraschen. So gesehen weiß ich noch nicht genau, was ich hier mache“, antwortete Andrea wahrheitsgemäß.
„Überraschen?“, fragte Max, so als hätte er das Wort nicht verstanden. „Warum eine Überraschung? Hast du Geburtstag?“ Er lachte laut.
„Ja, heute“, antwortete Andrea.
Augenblicklich hielt Max inne. „Was? Das ist jetzt aber nicht wahr? Ähm, na dann ... Happy Birthday!“ Er beugte sich nach vorn und küsste sie flüchtig auf beide Wangen.
Andrea wollte eigentlich nicht mit Max über ihren Geburtstag reden, den sie
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