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Toedliche Spiele

Toedliche Spiele

Titel: Toedliche Spiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Collins
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leichten Trab, den ich bestimmt eine Weile durchhalten kann. In den nächsten Stunden wechsele ich zwischen Dauerlauf und Gehen, um so viel Strecke wie möglich zwischen mich und meine Gegner zu legen. Beim Kampf mit dem Jungen aus Distrikt 9 habe ich das Brot verloren, dafür konnte ich mir die Plastikplane in den Ärmel stopfen. Im Gehen falte ich sie ordentlich zusammen und verstaue sie in einer Tasche. Dann ziehe ich das Messer aus dem Rucksack heraus - ein gutes Messer mit langer scharfer Klinge, am Griff gezackt, sodass ich es gut zum Sägen benutzen kann - und stecke es in den Gürtel. Noch wage ich nicht, anzuhalten und den Inhalt des Rucksacks zu untersuchen. Ich laufe einfach weiter und bleibe nur stehen, um mich nach möglichen Verfolgern umzuschauen.
    Ich kann lange durchhalten. Das habe ich in den Wäldern gelernt. Aber ich werde Wasser brauchen. Das war Haymitchs zweite Anweisung, und da ich die erste irgendwie verpatzt habe, halte ich jetzt die Augen offen. Ohne Erfolg.
    Der Wald verändert sich und die Kiefern wechseln sich jetzt mit verschiedenen anderen Baumarten ab, von denen ich manche kenne, andere noch nie gesehen habe. Plötzlich höre ich ein Geräusch und ziehe mein Messer, um mich, wenn nötig, zu verteidigen, doch ich habe nur ein Kaninchen aufgeschreckt. »Schön, dich zu sehen«, flüstere ich. Wo ein Kaninchen ist, könnten Hunderte sein, die nur darauf warten, in meine Fallen zu gehen.
    Das Gelände fällt leicht ab. Das mag ich nicht besonders. In Tälern fühle ich mich gefangen. Ich möchte hoch oben sein, wie in den Hügeln rund um Distrikt 12, wo ich sehen kann, wenn Feinde im Anmarsch sind. Doch ich habe keine Wahl, ich muss weiter.
    Seltsam, aber mir geht es eigentlich nicht schlecht. Die Tage, an denen ich mich vollgefressen habe, machen sich bezahlt. Meinem Durchhaltevermögen hat es nicht geschadet, dass ich so wenig geschlafen habe. Und in den Wäldern zu sein ist wie ein Jungbrunnen. Ich freue mich über die Einsamkeit, obwohl sie eine Illusion ist, denn wahrscheinlich kann man mich in diesem Augenblick auf dem Bildschirm sehen. Nicht die ganze Zeit, aber ab und zu. Am ersten Tag gibt es so viele Tode anzuschauen, dass ein Tribut, der durch die Wälder wandert, nicht besonders viel hermacht. Aber ich werde häufig genug gezeigt, damit die Leute wissen, dass ich am Leben bin, unverletzt und in Bewegung. Am Eröffnungstag, wenn die ersten Verluste einlaufen, geht es bei den Wetten immer besonders hoch her. Aber das ist kein Vergleich damit, was los ist, wenn das Feld auf eine Handvoll Spieler zusammengeschrumpft ist.
    Es ist später Nachmittag, als ich die Kanonen höre. Jeder Schuss steht für einen toten Tribut. Offenbar ist das Töten am Füllhorn endlich zu Ende. Die Leichen des Gemetzels werden erst dann eingesammelt, wenn die Mörder weg sind. Am Eröffnungstag feuern sie die Kanonen sogar erst dann ab, wenn die ersten Kämpfe allesamt vorüber sind, weil sie kaum den Überblick über die Todesfälle behalten können. Keuchend genehmige ich mir eine Pause, während ich die Schüsse zähle. Eins ... zwei ... drei ... und noch einer und noch einer bis elf. Elf Tote insgesamt. Noch dreizehn sind im Spiel. Mit den Fingernägeln kratze ich das getrocknete Blut ab, das der tote Junge aus Distrikt 9 mir ins Gesicht gehustet hat. Er ist tot, mit Sicherheit. Ich frage mich, was mit Peeta ist. Hat er den Tag überstanden? In ein paar Stunden werde ich es wissen. Wenn sie die Gesichter der Toten an den Himmel projizieren, damit wir anderen sie sehen können.
    Plötzlich überwältigt mich der Gedanke, Peeta könnte schon verloren sein; verblutet, abgeholt und auf dem Weg zurück ins Kapitol, um gesäubert, angekleidet und in einer schlichten Holzkiste zurück nach Distrikt 12 geschickt zu werden. Nicht mehr hier. Auf dem Weg nach Hause. Ich versuche mich zu erinnern, ob ich ihn gesehen habe, als es losging. Aber das letzte Bild, das ich heraufbeschwören kann, ist der kopfschüttelnde Peeta, während der Gong ertönt.
    Vielleicht ist es besser, wenn er schon tot ist. Er hatte kein Vertrauen in seinen Sieg. Und ich muss mich am Ende nicht der unerfreulichen Aufgabe stellen, ihn zu töten. Vielleicht ist es besser, wenn er für immer fort ist.
    Erschöpft sinke ich neben meinem Rucksack zusammen. Bevor es Nacht wird, muss ich ihn sowieso durchforsten. Damit ich weiß, womit ich arbeiten kann. Als ich die Riemen löse, merke ich, dass er solide verarbeitet ist, nur die Farbe ist

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