Toedliche Spiele
Füßen am Stamm abstütze und das Gepäck im Schlafsack umklammere. Es hat bestimmt ein bisschen geraschelt, als ich gefallen bin, aber die Karrieros sind so sehr mit Streiten beschäftigt, dass sie nichts mitbekommen haben.
»Dann geh halt, Loverboy«, sagt der Junge aus Distrikt 2, »und überzeug dich selbst.«
Jetzt erhasche ich im Licht einer Fackel einen Blick auf Peeta, der zurück zu dem Mädchen am Feuer geht. Sein Gesicht ist voller Blutergüsse, um einen Arm hat er einen blutigen Verband und seinem Gang hört man an, dass er ein bisschen hinkt. Ich denke daran, wie er den Kopf geschüttelt und mir zu verstehen gegeben hat, ich solle mich nicht an dem Kampf um die Vorräte beteiligen; dabei hat er die ganze Zeit, von Anfang an, geplant, sich selbst ins Getümmel zu stürzen. Genau das Gegenteil von dem, was Haymitch uns eingeschärft hat.
Okay, ich kann's verstehen. All die Vorräte, das war schon verlockend. Aber das hier ... Das ist etwas anderes. Gemeinsame Sache mit der Wolfsmeute der Karrieros zu machen, um uns andere zur Strecke zu bringen. Niemand aus Distrikt 12 käme auf den Gedanken, so etwas zu tun! Karrieretribute sind über die Maßen brutal, arrogant und besser genährt, aber nur, weil sie die Schoßhündchen des Kapitols sind. Abgrundtief gehasst von allen außer ihren eigenen Distrikten. Ich kann mir vorstellen, was sie jetzt zu Hause über Peeta reden. Und der wagt es, mir etwas von Selbstachtung zu erzählen!
Offensichtlich hat der ach so edle Junge auf dem Dach nur wieder ein Spielchen mit mir gespielt. Aber damit ist jetzt Schluss. Ich werde am Nachthimmel ungeduldig nach Hinweisen auf seinen Tod Ausschau halten, wenn ich ihn nicht höchstpersönlich erledige.
Die Karrieretribute sind still, bis er außer Hörweite ist, dann unterhalten sie sich gedämpft.
»Warum töten wir ihn nicht jetzt gleich und bringen es hinter uns?«
»Lass ihn mitkommen. Was kann es schaden? Außerdem kann er gut mit dem Messer umgehen.«
Ach ja? Das ist mir neu. Wirklich eine Menge interessanter Dinge, die ich da heute über meinen Freund Peeta erfahre.
»Abgesehen davon haben wir mit ihm die besten Chancen, sie zu finden.«
Es dauert einen Moment, bis ich begreife, dass mit »sie« ich gemeint bin.
»Was? Du glaubst doch nicht im Ernst, dass sie auf die Herz-und-Schmerz-Geschichte reingefallen ist?«
»Warum nicht? Mir schien sie ein ziemliches Dummchen zu sein. Wenn ich daran denke, wie sie sich in diesem Kleid gedreht hat, könnte ich loskotzen.«
»Ich wüsste gern, wie sie an ihre Elf gekommen ist.«
»Ich wette, Loverboy weiß es.«
Sie verstummen, als Peeta zurückkommt.
»Und, war sie tot?«, fragt der Junge aus Distrikt 2.
»Nein. Aber jetzt ist sie es«, sagt Peeta. In diesem Augenblick ertönt die Kanone. »Können wir weiter?«
Die Meute der Karrieros setzt sich im Laufschritt in Bewegung, gerade als der Morgen anbricht und Vogelgezwitscher die Luft erfüllt. Obwohl meine Muskeln vor Anspannung zittern, bleibe ich noch eine Weile in meiner misslichen Position, dann hieve ich mich zurück auf meinen Ast. Ich muss runter von dem Baum, weg von hier, aber einen Augenblick lang liege ich noch da und verdaue, was ich gehört habe. Nicht nur, dass Peeta sich den Karrieros angeschlossen hat, er hilft ihnen auch, mich zu finden. Das einfältige Mädchen, das man wegen seiner Elf ernst nehmen muss. Weil sie mit Pfeil und Bogen umgehen kann. Was Peeta besser weiß als jeder andere.
Aber er hat es ihnen noch nicht verraten. Behält er diese Information für sich, weil er weiß, dass sie das Einzige ist, was ihn am Leben hält? Tut er für das Publikum immer noch so, als würde er mich lieben? Was hat er vor?
Plötzlich verstummen die Vögel. Dann stößt einer einen schrillen Warnschrei aus. Einen einzigen Ton. Den gleichen, den Gale und ich damals hörten, als das rothaarige Avoxmädchen gefangen wurde. Hoch über dem tödlichen Lagerfeuer erscheint ein Hovercraft. Eine Apparatur mit großen Metallzähnen wird heruntergelassen. Langsam, sanft wird das tote Tributmädchen in das Hovercraft gehoben. Dann verschwindet es. Die Vögel fangen wieder an zu singen.
»Los jetzt!«, flüstere ich mir selbst zu. Ich schäle mich aus dem Schlafsack, rolle ihn auf und verstaue ihn im Rucksack. Ich atme tief durch. Solange ich von Dunkelheit, Schlafsack und Weidengeäst verborgen war, hatten die Kameras wahrscheinlich Mühe, mich zu zeigen. Aber jetzt machen sie mich bestimmt ausfindig. Und dann
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