Toedliche Spiele
Oberschenkel, verkohltes Fleisch, bis auf den Knochen verbrannt, dann rannte ich aus dem Haus. Ich lief in den Wald und jagte den ganzen Tag, verfolgt von dem grauenhaften Bein, Erinnerungen an den Tod meines Vaters. Komischerweise blieb Prim, die normalerweise vor ihrem eigenen Schatten davonläuft, da und half. Zum Heiler wird man geboren, nicht gemacht, sagt meine Mutter. Sie taten ihr Bestes, doch der junge Mann starb, wie der Arzt gesagt hatte.
Mein Bein müsste behandelt werden, aber ich kann immer noch nicht hinsehen. Wenn es nun so schlimm ist wie bei dem Mann und ich den Knochen sehe? Dann fällt mir ein, dass meine Mutter einmal gesagt hat, bei sehr schlimmen Verbrennungen empfinde man häufig gar keinen Schmerz, weil die Nerven zerstört seien. Dadurch ermutigt, setze ich mich auf und schwinge das Bein nach vorn.
Beim Anblick meiner Wade kippe ich fast um. Das Fleisch ist leuchtend rot und mit Brandblasen übersät. Ich zwinge mich, tief und langsam zu atmen, denn ich bin mir fast sicher, dass die Kameras auf mein Gesicht halten. Ich darf bei dieser Verletzung keine Schwäche zeigen. Nicht, wenn ich Hilfe will. Mitleid bringt einem keine Hilfe. Bewunderung, weil man nicht aufgibt, das bringt Hilfe. Ich schneide die Reste des Hosenbeins auf Höhe des Knies ab und untersuche die Wunde genauer. Die verbrannte Stelle ist etwa handtellergroß. Nirgendwo ist die Haut schwarz. Kann nicht schaden, die Wunde ins Wasser zu halten, überlege ich. Vorsichtig strecke ich das Bein in den Tümpel, wobei ich den Fuß auf einem Stein ablege, damit das Leder des Stiefels nicht so sehr durchweicht. Ich seufze, denn es bringt ein wenig Linderung. Ich weiß, dass es Kräuter gibt, die den Heilungsprozess beschleunigen, aber ich kann mich nicht daran erinnern, welche es waren. Wahrscheinlich werde ich es mit Wasser und Zeit schaffen müssen.
Soll ich weitergehen? Der Rauch verzieht sich langsam, ist allerdings immer noch so dicht, dass er gefährlich sein könnte. Aber wenn ich mich weiter vom Feuer entferne, werde ich dann nicht geradewegs den Karrieros vor die Waffen laufen? Abgesehen davon meldet sich jedes Mal, wenn ich das Bein aus dem Wasser hebe, der Schmerz so heftig zurück, dass ich es wieder hineingleiten lassen muss. Meinen Händen geht es besser. Sie ertragen es, wenn ich sie kurz aus dem Tümpel ziehe. So kann ich langsam mein Gepäck ordnen. Zunächst fülle ich meine Flasche mit Wasser aus dem Tümpel, präpariere es, und als genug Zeit vergangen ist, beginne ich meinem Körper wieder Wasser zuzuführen. Nach einer Weile zwinge ich mich, an einem Kräcker zu knabbern, was meinen Magen wieder in Ordnung bringt. Ich rolle den Schlafsack auseinander. Bis auf ein paar schwarze Flecken ist er einigermaßen unversehrt. Die Jacke hat mehr abbekommen. Sie stinkt und ist versengt und eine mindestens dreißig Zentimeter lange Stelle am Rücken ist nicht mehr zu reparieren. Ich schneide die zerstörte Stelle heraus, sodass mir die Jacke nur mehr bis über die Rippen reicht. Dafür ist die Kapuze noch intakt und das ist eindeutig besser als nichts.
Trotz des Schmerzes gewinnt die Müdigkeit die Oberhand. Ich würde gern zu einem Baum gehen und ausruhen, nur dass ich da zu leicht zu entdecken wäre. Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, den Tümpel zu verlassen. Ich lege meine Sachen ordentlich zurecht, setze mir sogar den Rucksack auf, aber wie es aussieht, kann ich nicht fort. Ich entdecke Wasserpflanzen mit essbaren Wurzeln und bereite mit dem letzten Stück Kaninchen eine kleine Mahlzeit. Trinke Wasser in kleinen Schlucken. Betrachte die Sonne, die in langsamem Bogen über den Himmel wandert. Wo sollte ich auch hin, wo wäre ich sicherer als hier? Ich lehne mich gegen den Rucksack, überwältigt von der Müdigkeit.
Sollen die Karrieros mich doch finden, wenn sie wollen,
denke ich, bevor ich mich in eine Starre gleiten lasse.
Sollen sie mich doch finden.
Und sie finden mich tatsächlich. Zum Glück bin ich schon abmarschbereit, denn als ich die Schritte höre, habe ich weniger als eine Minute Vorsprung. Der Abend dämmert bereits. Ich bin kaum wach, da bin ich auch schon auf den Beinen, renne quer durch den Tümpel und flüchte ins Unterholz. Das Bein behindert mich, aber ich merke, dass meine Verfolger auch nicht mehr so schnell sind wie vor dem Feuer. Ich höre sie husten und einander mit kratzigen Stimmen rufen.
Trotzdem kommen sie näher, wie eine Meute wilder Hunde, und deshalb tue ich das, was ich in
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