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Tödliche Therapie

Tödliche Therapie

Titel: Tödliche Therapie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretzky
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weißt?“
    Max verfolgte amüsiert unseren Schlagabtausch, aber
Lotty fand weniger Gefallen daran. Sie schob mich aus dem Zimmer und den Gang
hinunter. Kaum saß ich im Auto, gab ich der Erschöpfung nach. Wenn sich Lotty
diese Nacht ausgesucht hatte, um gegen einen Laternenpfahl zu donnern - ich
würde sie nicht davon abhalten. Während der Fahrt sprachen wir kein Wort. Ich
vermutete, daß Lotty getröstet werden wollte. Mit ihren Fähigkeiten und
Erfahrungen hätte sie zu ihren Bedingungen an jedem Krankenhaus des Landes
arbeiten können. Aber ihr Ziel war es, ihr Können den Leuten zur Verfügung zu
stellen, die es am meisten brauchten. Manchmal, wenn ich mich über sie ärgere,
provoziere ich sie, indem ich ihr vorwerfe, sie wolle die Welt retten. Aber
ich glaube, das will sie wirklich. Indem sie Menschen von ihren Krankheiten
heilt, will sie die Untaten vergessen die sie erlitten hat. Meine Ideale als
Detektiv sind nicht so hochgesteckt. Nicht nur, daß ich die Welt nicht retten
will, sondern ich glaube auch, daß den meisten Menschen nicht zu helfen ist.
Ich bin die Müllabfuhr, die hier und da den Abfall einsammelt.
    Wie Peter Burgoyne. Kein Wunder, daß er von
Consuelos Tod und Lottys Reaktion darauf wie besessen war. Weil er wußte, daß
er sie hatte sterben lassen. Ob aufgrund seiner Behandlungsmethode konnte ich
nicht beurteilen. Aber er war schuldig, weil er zugestimmt hatte, in einem
Krankenhaus zu arbeiten, das Leistungen versprach, die es nicht erbringen
konnte. Damit hatte er beigetragen zu der Situation, die Consuelos Tod
verursacht hatte. Er war einmal ein guter, vielversprechender Arzt gewesen.
Das ging auch aus seinem Arbeitsvertrag mit Friendship hervor. Deswegen hatte
er vermutlich auch seine Notizen über Consuelo nicht vernichtet: Den Stachel,
der einen sticht, reißt man sich nicht aus dem Leib. Er wußte, was er hätte tun
sollen, wäre er ein Arzt gewesen, wie Lotty einer war. Aber er hatte nicht den
Mut, zuzugeben, daß er einen Fehler gemacht hatte. Jetzt konnte er sich im
stillen quälen, ohne ein öffentliches Geständnis ablegen zu müssen. Mr.
Contreras hatte recht. Peter war eine Nummer zu klein.
     
    31 Mitternachtsshow
     
    Ich war schon am Einschlafen zwischen Lottys nach
Lavendel duftenden Laken, als mir die Telefonnummer einfiel, die ich in Alan
Humphries' Akte über Consuelo gefunden hatte. Ich kämpfte mich wach und griff
nach dem Telefon. Nachdem es fünfmal geklingelt hatte und ich bereits wieder
auflegen wollte, meldete sich eine verschlafene Frauenstimme.
    „Ich rufe im Auftrag von Alan Humphries an“, sagte
ich.
    „Wer?“ fragte sie. „Ich weiß nicht, wen Sie
meinen.“ Sie sprach mit spanischem Akzent; im Hintergrund fing ein Baby an zu
schreien.
    „Ich möchte mit dem Mann sprechen, der Alan Humphries
geholfen hat.“
    Sie legte die Hand über die Sprechmuschel und
schien mit jemandem zu reden. Als sie sich wieder meldete, klang sie besorgt
oder hilflos. „Er - er ist im Moment nicht da. Versuchen Sie es später noch
einmal.“
    Das Babygeschrei wurde lauter. Plötzlich, im
Zustand der völligen Entspannung, zu der Erschöpfung führt, erinnerte ich mich
an Bruchteile einer früheren Unterhaltung. „Ich bin jetzt ein verheirateter
Mann, Warshawski. Ich habe eine hübsche Frau, ein kleines Kind...“
    Kein Wunder, daß sie besorgt klang. Sergios
engelhafte Schönheit hatte ihr Herz im Sturm erobert. Aber jetzt hatte sie ein
Kind und einen Mann, der die meiste Zeit außer Haus verbrachte, der oft mit
der Polizei zu tun hatte und der über hohe Geldbeträge verfügte, nach deren
Herkunft sie besser nicht fragte.
    „Kann ich ihn morgen erreichen, Mrs. Rodriguez?“
    „Das kann ich Ihnen nicht sagen. Vermutlich. In
wessen Auftrag, sagten Sie, rufen Sie an?“
    „Alan Humphries.“
    Ich erinnerte mich kaum noch daran, aufgelegt zu
haben, bevor ich einschlief. Als ich aufwachte, schien die Augustsonne durch
Lottys helle Vorhänge ins Zimmer. Der Vorabend fiel mir wieder ein, und ich
bekam ein unangenehmes Gefühl in der Magengegend. Peter Burgoyne. Ein schöner
Apfel, doch leider wurmstichig. Aber Humphries, nicht Peter, hatte Sergio
angerufen, hatte ihn dazu gebracht, in Malcolms Wohnung einzubrechen und nach
dem Diktiergerät zu suchen. Vielleicht hatte Sergio Malcolm aus eigenem Antrieb
erschlagen und nicht auf Humphries' Geheiß hin.
    Es war halb acht. Noch zu früh, um Rawlings zu
erreichen. Ich stand auf und ging in die Küche, wo Lotty bereits bei

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