Tödliche Therapie
Tessa. „Sie heißt Wirtschaft
in Aktion.“
Nachdem sie ihre Skizzen beendet hatte, kam sie zu
mir herüber. Tessa ist gut einen Kopf größer als ich. Sie faßte mich bei den
Schultern und sah in mein Gesicht. Ich fragte mich, ob ich für den Anblick
nicht Geld verlangen sollte.
„Die haben ganz schön hingelangt - hast du dich
revanchiert?“
„Leider nicht. Vielleicht ein paar blaue Flecken,
aber nichts Bleibendes. Können wir über Malcolm reden? Ich glaube, einer der
Typen, die sich an mir vergriffen haben, weiß mehr, als er sagt, aber bevor ich
ihn noch mal zur Rede stelle, brauche ich mehr Informationen.“
„Was willst du wissen?“
„Malcolm kam mit seiner Mutter nach Chicago, als er
neun Jahre alt war, oder? Hast du eine Ahnung, ob er als Jugendlicher
irgendwas mit Straßenbanden zu tun hatte?“
Ihre Augen funkelten gefährlich. „Bist du
umgeschwenkt auf die Polizeilinie - daß Opfer von Verbrechen ihr trauriges
Schicksal selbst verschulden?“
„Hör zu, Tessa. Du und Lotty, ihr erschöpft rapide
meinen Vorrat an Geduld, der von Anfang an nicht besonders groß war. Ihr wollt
beide, daß ich wegen Malcolm Nachforschungen anstelle. Darüber hinaus wollt ihr
mir auch noch vorschreiben, wie ich dabei vorzugehen habe. Wenn Malcolm als
Jugendlicher Verbindungen zu Straßenbanden hatte, kann es sein, daß ihn seine
Vergangenheit eingeholt hat. Wenn nicht, dann kann ich diese unerfreuliche
Möglichkeit ausscheiden und mich auf die Gegenwart konzentrieren. In Ordnung?“
Sie starrte mich weiter wütend an - Tessa ist eine
schlechte Verliererin.
„Ein Glück, daß dich Detective Rawlings jetzt nicht
sieht. Er könnte denken, daß du sowohl kräftig genug als auch willens bist,
jemandem den Schädel einzuschlagen.“
Sie lächelte widerstrebend. „Ja, in Ordnung, Vic.
Mach, was du willst.“
Wir gingen zu ihrem Zeichentisch in der Ecke und
setzten uns auf zwei Hocker. „Ich kannte Malcolm seit zwölf Jahren. Wir lernten
uns während des Studiums kennen. Er mochte große Frauen, klein wie er war.
Seine Mutter war eine Autorität. Manche behaupten, sie sei eine Hexe gewesen
und daß sie jetzt, da sie tot ist, als Geist erscheine. Sie wollte nicht, daß
Malcolm in schlechte Gesellschaft geriet, und ich versichere dir, er hat sich
an das, was seine Mutter wollte, gehalten, das ganze Viertel hat sich daran
gehalten. Du kannst davon ausgehen, daß er nichts mit Straßenbanden zu tun
hatte.“
„Hätte die Frau gern gekannt.“ Ich grinste. „An dem
Tag, als er ermordet wurde, warst du bei ihm. Hat er dich erwartet?“
Sie zog die Augenbrauen in die Höhe, entschloß sich
jedoch, nicht ärgerlich zu werden. „Ja. Bei einem so beschäftigten Menschen
schaut man nicht einfach auf gut Glück vorbei.“
„Also hast du mit ihm im Laufe des Tages
gesprochen? Hat er irgend etwas gesagt, das darauf schließen ließ, daß er noch
jemand erwartete?“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich hab nicht mit ihm
gesprochen. Ich rief im Krankenhaus an, und dort haben sie mir gesagt, er sei
zu Hause. Also rief ich bei ihm an, erreichte aber nur seinen automatischen
Anrufbeantworter. Er stellte ihn an, wenn er schlafen wollte, und gab immer an,
wann er zurückrufen wollte. Wir hatten ausgemacht, daß er dann zu Hause war.
Also nahm ich mir vor, zu dieser Zeit bei ihm
vorbeizuschauen.“
„Demnach wußte jeder, der bei ihm anrief, um
wieviel Uhr er zu Hause war.“
Sie nickte. „Aber, Vic, wir wissen doch, wer es
getan hat.“
Ich sah sie schräg an. „Wir? Du sprichst von dir,
Tessa. Ich weiß es nicht.“
Sie fuhr mit dem Finger sanft über mein Gesicht.
„Warum hätte er dir sonst das Gesicht zerschnitten?“
„Sollen wir noch mal von vorn anfangen? Falls
Sergio Malcolm umgebracht hat, mußte er einen Grund dafür gehabt haben. Und
du hast mir gerade erzählt, daß er keinen Grund hatte, daß Malcolm nie etwas
mit Straßenbanden zu tun hatte und daß Sergio ihn überhaupt nicht kannte.“
Sie zog ungeduldig die Schultern hoch. „Vielleicht
hatte er keinen Grund. Vielleicht ist er eingebrochen, und Malcolm überraschte
sie. Oder er glaubte, Malcolm hätte Morphium zu Hause. In der Gegend ist es
nicht so wie in den Vierteln, wo die Weißen leben, Vic. Die Leute wissen, wer
du bist. Sie wußten, daß Malcolm Arzt war.“
Mein Temperament ging mit mir durch. „Ich bin kein
Voodoo-Zauberer, ich kann nicht hinter einem Kerl her sein, nur weil du in
deine Glaskugel schaust und siehst, was er getan
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