Tödliche Therapie
erzählt, was passiert ist, Vic.
Tut mir wirklich leid, daß du dich wegen uns mit diesem Haufen Dreck anlegen
mußtest.“
Ich schüttelte den Kopf. „Es war nicht wegen euch -
ich sollte für Lotty etwas über Malcolm herausfinden... Ich hab Fabiano
gesehen. Habt ihr ihm eine Gesichtsbehandlung verpaßt?“
Paul sah mich feierlich an.
„Du weißt nichts drüber, oder? Und Diego vermutlich
auch nicht?“
Diego grinste. „So ist es, Vic.“
„Seht mal, Jungs - der Geist, der eurer Verhaltensweise
zugrundeliegt, gefällt mir. Aber so wie die Dinge stehen, bin ich schon nervös
genug wegen Sergio. Was glaubt ihr wohl, was er sich denken wird, sobald
Fabiano zu ihm gekrochen kommt?“
Paul legte einen Arm um meine Schulter. „Ich habe
das Gefühl, Vic, daß der Kerl den Löwen diesmal nicht sein Herz ausschütten
wird. So wie ich die Geschichte gehört hab, ist er zu schnell mit seinem neuen
Auto gefahren, mußte plötzlich bremsen und ist durch die Windschutzscheibe
gekracht. So wie ich's gehört hab, wird er Sergio genau das erzählen, falls er
gefragt wird.“
Burgoyne verfolgte die Unterhaltung mit ratlosem
Gesicht. Bevor er sich nach diesen ihm unbekannten Leuten erkundigen konnte,
verabschiedete sich die Nonne endlich von Mrs. Alvarado, die würdevoll auf uns
zukam. Burgoyne faßte sie am Arm, beteuerte noch einmal, wie leid ihm alles
täte, und half ihr beim Einsteigen. Paul und Diego schüttelten mir herzlich die
Hand und stiegen ebenfalls ein. Herman, Carol und die dritte Schwester, Alicia,
folgten ihnen in einem zweiten Wagen. Die Verwandtenschar okkupierte weitere
vier Limousinen; es war eine ansehnliche Prozession. Burgoyne und ich sahen
ihr nach, bevor wir zu seinem Auto gingen.
„Geht's Ihnen jetzt besser?“ fragte ich
sarkastisch.
„Mrs. Alvarado ist bemerkenswert gefaßt für eine
Mutter, die ein Kind verloren hat“, antwortete er ernst und fuhr los. „Das
macht es den anderen leichter.“
„Haben Sie einen Ausbruch südländischen
Temperaments erwartet? Sie ist eine sehr würdevolle Frau.“
„Waren das ihre Söhne, mit denen Sie gesprochen
haben? Ich habe mich gefragt... Vermutlich geht es mich nichts an, aber hat Sie
jemand angegriffen? Ich dachte, Sie hatten einen Autounfall.“
Ich grinste ihn an. „Sie haben recht, es geht Sie
nichts an. Einer meiner alten Mandanten meinte, er müsse eine noch ausstehende
Rechnung mit mir begleichen und ist mit einem Messer auf mich losgegangen.
Hatte nichts mit Consuelo zu tun, also verschonen Sie mich mit Ihrem Mitleid.“
Er schien erstaunt. „Wirke ich so auf Sie? Dramatisiere
ich den Tod einer Patientin? Kann sein. Aber seit ich dort arbeite, war sie die
erste Gebärende, die im Friendship gestorben ist. Vielleicht sollte ich daran
gewöhnt sein, aber ich bin es nicht.“
Wir schwiegen eine Weile. Mir war meine Bemerkung
peinlich, und er brütete wahrscheinlich über Consuelos Tod.
„Woran ist Consuelo eigentlich gestorben?“ fragte
ich schließlich.
„Herzversagen. Ihr Herz hörte einfach auf zu
schlagen. Ich war zu Hause. Sie riefen mich an, aber als ich eintraf, war sie
schon tot. Fünf Minuten, nachdem ich wieder gegangen war, kam Dr. Herschel. Ich
wohne nur fünfzehn Minuten vom Krankenhaus entfernt.“
„Wurde sie obduziert?“
Er verzog das Gesicht. „Ja. Und der Bezirk mischt
mit und will einen Bericht. Und der Bundesstaat vermutlich auch - die haben
sich noch nicht gemeldet. Ich könnte Ihnen die genauen Details schildern, aber
es läuft darauf hinaus, daß ihr Herz aufhörte zu schlagen. Ungewöhnlich für
ein junges Mädchen. Ich verstehe es nicht. Vielleicht der Diabetes...“ Er
schüttelte den Kopf.
Als wir vor meiner Wohnung hielten, spielte er eine
Weile mit dem Lenkrad. Schließlich sagte er: „Wir haben uns nicht gerade unter
sehr erfreulichen Umständen kennengelernt, aber ich würde gern mehr von Ihnen
wissen. Könnten wir nicht mal zusammen essen? Heute vielleicht? Ich hab mir den
Nachmittag freigenommen, weil ich in der Stadt noch was erledigen muß. Soll
ich Sie um halb sieben abholen?“
„Gern“, sagte ich leichthin. „Das wäre nett.“
Vorsichtig schwang ich meine Beine aus dem Wagen,
um mir nicht die Strümpfe zu ruinieren, und ging ins Haus. Mr. Contreras ließ
sich nicht blicken - wahrscheinlich war er draußen bei seinen Tomaten. Auch
recht. Ich konnte ein paar Minuten Ruhe gebrauchen. Oben entledigte ich mich
meines Revolvers, legte ihn behutsam auf die Kommode und zog mich bis auf
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