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Tödliche Therapie

Tödliche Therapie

Titel: Tödliche Therapie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretzky
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passiert?“
    „Ich habe mich beim Rasieren geschnitten“, sagte
ich, des Themas überdrüssig. „Ich habe angenommen, Ihr Freund Conrad Rawlings
hat Ihnen alles darüber erzählt. Übrigens vielen Dank, daß Sie ihn über meinen
Charakter aufgeklärt haben.“ Es war Finchley gewesen, der Rawlings erklärt
hatte, ich sei zwar eine Nervensäge, würde aber Ergebnisse liefern. „Ist
Lieutenant Mallory schon nach Hause gegangen? Würden Sie ihm ausrichten, daß
ich hier war? Und daß ich hoffe, mit ihm darüber reden zu können, was heute
nachmittag in Dr. Herschels Praxis passiert ist?“
    Finchley versprach, ihm meine Nachricht
auszurichten. Er blickte mich ausdruckslos an. „Sie sind eine Nervensäge, Ms.
Warshawski. Haben sich beim Rasieren geschnitten, sehr witzig. Aber Ihre
Freunde liegen Ihnen am Herzen, und das gefällt mir.“
    Von diesem Kompliment überrascht und gerührt, ging
ich etwas energiegeladener zurück in den Gerichtssaal. Dort mußte ich mich zu
einem Sitz durchkämpfen. Tagsüber sind die Gerichtssäle in der Stadt relativ
gut besucht, nachts sind sie für gewöhnlich leer. Aber heute war eine starke
Abteilung von Abtreibungsgegnern hier, alle hielten Rosen in der Hand. Weil so
viele Leute wegen der Ausschreitungen vor der Praxis verhaftet worden waren,
saßen eine Menge Rechtsanwälte in den ersten Reihen und warteten auf die
Mandanten. Mindestens zehn uniformierte Polizisten waren anwesend, sowie ein
paar Leute von der Presse. Darunter war eine Journalistin, eine junge Gerichtsreporterin
des Herald-Star, die ich kannte. Sie kam zu mir herüber, als sie mich
bemerkte. Ich schilderte ihr Mr. Contreras' Fall in der Hoffnung, daß diese menschlich
anrührende Geschichte die Berichterstattung über die Ziele der Abtreibungsgegner
etwas von der ersten Seite verdrängen würde. Chicagos Zeitungen und
Fernsehsender ergreifen in der Regel Partei für die Abtreibungsgegner.
    Endlich brummte der Gerichtsdiener etwas vor sich
hin, alle erhoben sich, und die Sitzung begann. Ein Fall nach dem anderen
wurde aufgerufen, und die Verteidiger standen auf, bisweilen Manuel Diaz,
öfter aber private Rechtsanwälte. Für den Richter, der nicht an so viele
zahlende Kunden gewöhnt war, mußte es eine außergewöhnliche Verhandlung sein.
    Ich verfolgte die Vorgänge, aber mein Blick
wanderte immer wieder zu einem Verteidiger, von dem ich bislang nur den Hinterkopf
sah. Er erschien mir irgendwie vertraut. Ich wünschte gerade, er würde den Kopf
wenden, damit ich sein Gesicht sehen könnte, als er irritiert die Schultern
bewegte. Dank dieser Bewegung ging mir ein Licht auf: Es war Richard
Yarborough, Kompagnon von Crawford, Meade, einer der größten Kanzleien der
Stadt. Ich hatte mich an diese ungeduldige Schulterbewegung in den achtzehn
Monaten, die wir verheiratet gewesen waren, gewöhnt.
    Ich stieß einen lautlosen Pfiff aus. Dicks Honorar
betrug zweihundert Dollar die Stunde. Demnach war heute eine hochgestellte
Persönlichkeit verhaftet worden. Ich überlegte vergebens hin und her, wer es
sein könnte, als mein Name aufgerufen wurde. Ich trat vor den Richter, sagte,
was ich zu sagen hatte, und freute mich zu hören, daß mein unbußfertiger
Nachbar mit einer Verwarnung davonkam.
    „Sollten Sie in Zukunft mit einer Rohrzange oder
einem Werkzeug ähnlicher Größe auf der Straße angetroffen werden, wird Ihnen
das als Absicht, gewalttätig werden zu wollen, ausgelegt werden und eine
Zuwiderhandlung gegen die Bedingungen Ihrer Freilassung darstellen. Haben Sie
mich verstanden, Mr. Contreras?“
    Der alte Mann knirschte mit den Zähnen, aber Manuel
und ich sahen ihn drohend an, und er sagte: „Ja. Ja, Sir.“ Er wollte
offensichtlich noch weiter sprechen, also ergriff ich schnell seinen Arm,
wartete das „Anklage abgewiesen“ des Richters nicht mehr ab und zog ihn von der
Anklagebank.
    Er brummte vor sich hin, daß er lieber ins
Gefängnis gehen würde denn als Feigling dazustehen, als ich ihm das Wort abschnitt.
„Ich werde Sie nach Hause bringen, aber mein Ex-Mann ist hier. Aus schierer
Neugier möchte ich wissen, warum. Können Sie noch einen Augenblick warten?“
    Wie ich gehofft hatte, beschäftigte ihn diese
Neuigkeit sofort. „Ich wußte gar nicht, daß Sie mal verheiratet waren! Der Typ
war nicht gut genug für Sie, was? Fragen Sie mich das nächste Mal vorher.
Machen Sie nicht zweimal den gleichen Fehler. Dieser junge Kerl, den Sie da
neulich Nacht mitgebracht haben - ist in meinen Augen eine

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