Toedliche Traeume
Rose Black, Dascha“, stellte er sich vor, und verbeugte sich kurz. Dascha lächelte. Seit sie das Mal der Vampirjäger auf dem Arm trug, konnte sie bewusst zwischen Traum und Realität unterscheiden. Dies war definitiv ein Traum. Und in einem Traum konnte ihr nichts geschehen, weil er nicht real war. Also stand sie auf und ging auf Kim zu. „Was haben wir denn jetzt vor?“, fragte sie fröhlich. Das sie nur ein Nachthemd trug interessierte sie nicht, denn schließlich konnte man in einem Traum nicht frieren. „Ich würde dir gerne den Garten in seiner vollen Pracht zeigen. Es ist sehr traurig, was aus ihm geworden ist. Komm, ich zeige ihn dir. Vom Garten aus kannst du auch das Dorf sehen, wie es früher aussah“, sagte Kim, und hielt ihr die Hand hin. Dascha ergriff sie und ließ sich von ihm aus dem Zimmer heraus nach unten führen. Sie waren im ersten Stock, wahrscheinlich war es Marias Schlafzimmer, in dem sie erwacht war. Die Vorhänge vor den Fenstern waren verschwunden, Licht fiel herein, so sah das Haus gleich viel freundlicher aus. Sie gingen die Treppe herunter, durchquerten die Eingangshalle und Kim öffnete die Tür zum Garten. Dascha ging hinaus, ihre Augen wurden groß. Der Garten war nicht wieder zu erkennen. Wege aus hellen Pflastersteinen zogen sich hindurch, vorbei an blühenden Büschen, Blumenbeeten und kleinen Bäumchen. Zwei Springbrunnen zierten den Garten, genauso wie mehrere edel verzierte, dunkle Holzbänke. Der hohe Eisenzaun war überwuchert von pinken Kletterrosen. Staunend ging Dascha ein Stück den Hauptweg entlang, dann schaute sie durch das Tor zum Dorf herab. Die Häuser waren gepflegt und ordentlich, in den kleinen Vorgärten spielten Kinder unter trocknender Wäsche. Auf den Feldern wuselten Arbeiter umher. Die Sonne schien, nicht eine einzige Wolke war am Himmel zu sehen. „So schön war es hier mal?“, fragte sie und drehte sich zu Kim um. Dieser hatte in der Zwischenzeit, woher auch immer, einen pinken Sonnenschirm mit schwarzer Spitze besorgt. Er spannte ihn auf und hielt ihn lächelnd über ihren Kopf. Dann bot er ihr seinen Arm an. „Ja, so schön war es hier mal. Wenn ich dich durch den Garten führen dürfte?“, schlug er vor. Dascha kicherte, dann nahm sie sein Angebot an. Es war ja nur ein harmloser Traum, keine Realität. Also warum sollte sie sich nicht an der schönen Gegend und der gut aussehenden, charmanten Begleitung erfreuen? Nachdem Dascha eine Weile den Garten bestaunt hatte, setzten sie und Kim sich auf eine Bank, die im Schatten einiger Kirschbäume stand. Laut Kims Aussage hatte Maria Pflanzen geliebt, viele waren aus dem Ausland importiert worden. Um ihren geliebten Garten hatte sie sich gerne und viel gekümmert. Kim machte den Sonnenschirm zu, dann lehnte er ihn gegen die Bank und legte einen Arm um Daschas Schultern. Sie zuckte kurz zusammen, weil ihr Kyle in den Sinn kam. Ihr Gesicht wurde traurig. „Was ist denn los, schöne Frau?“, fragte Kim und schaute sie besorgt an. Dascha seufzte. Kim war ein Traum, ein sehr schöner Traum sogar. Er war hübsch, zuvorkommend und aufmerksam. Und dann diese wundervolle Umgebung. Aber sie hatte doch einen Freund in der Realität, durfte sie also im Traum soweit gehen, wie sie es gerade gerne tun würde? Doch dann kam ihr der Streit wieder in den Kopf. Außerdem schien Kyle ja nicht mehr viel daran zu liegen, mit ihr zu kommunizieren. Dascha lächelte wieder, dann ließ sie sich von Kim in dessen Arme ziehen und sie küssten sich. Es war ein Traum, nur ein Traum. Wenn sie wieder aufwacht, ist er vorbei. Als wäre nichts geschehen. Und es musste ja auch niemand erfahren, was sie in ihren Träumen tat. Einen kurzen Moment wunderte sie sich über die Heftigkeit ihrer Gefühle gegenüber dieser hübschen jungen Traumgestalt, doch das war vergessen, als er ihr Nachthemd über ihre Schultern herab nach unten fallen ließ.
Kapitel 4: Grace
Dascha wurde von dem penetranten, nervigen Klingeln ihres Handyweckers wach. Die anderen murrten unwillig, nur Lilith war bereits wach. Dascha war müde, aber irgendwie erfüllt von einer seltsamen Zufriedenheit. Verschlafen quälte sie sich aus ihrem Schlafsack und machte ihren Wecker aus. Ein kurzer Blick auf das Display verriet, was sie schon vermutet hatte. Keine SMS, keine Anrufe. Mit einer Gleichgültigkeit, über die sie sich selbst schon fast wunderte, steckte sie ihr Handy zurück in ihre Handtasche. „Ich will einen Kaffee!“, machte sich Sally bemerkbar.
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