Tödliche Unschuld
Wache mit mir reden?«
»Sie haben nicht das Recht, mich -«
»Doch, Sir. Das habe ich. Und wenn Sie nicht bereit sind, mir ein paar Routinefragen zu beantworten, mache ich von diesem Recht Gebrauch. Wir können es uns leicht machen oder die Sache wird ein wenig komplizierter. Sie haben die Wahl.«
»Sie haben fünf Minuten.« Er trat einen Schritt zurück. »Sylvia, geh hinauf zu Joseph.«
»Ich brauche auch Mrs Dukes.«
Er kochte regelrecht vor Zorn. Seine Wangen brannten, und seine Kiefer mahlten. Er war es eindeutig nicht gewohnt, dass jemand seine Befehle in Frage stellte oder ihm sogar widersprach.
Entweder, Eve böte ihm jetzt weiterhin die Stirn, oder sie unterdrückte ihren Wunsch, ihn verbal niederzumetzeln, und wandte eine andere Taktik an.
»Mr Dukes, es tut mir leid, dass ich Sie und Ihre Familie mit dieser Sache behelligen muss. Aber ich muss halt meine Arbeit machen.«
»Und es gehört zu Ihrer Arbeit, anständige Bürger zu befragen, wenn irgendwelcher Abschaum umgekommen ist?«
»Ich bin eine einfache Soldatin, die tun muss, was man ihr befiehlt.«
Damit hatte sie anscheinend genau den richtigen Knopf bei diesem Kerl gedrückt.
Nach einem kurzen Nicken drehte er sich wortlos um und marschierte ins Wohnzimmer hinüber, während seine Gattin mit geballten Fäusten und weiß hervortretenden Knöcheln neben dem Eingang stehen blieb.
»Sollte ich … Hätten Sie gerne eine Tasse Kaffee oder -«
»Dies sind keine Gäste, Sylvia«, herrschte Dukes sie an, und Eve bemerkte, dass sie zusammenzuckte, als hätte er ihr einen Schlag verpasst.
»Machen Sie sich bitte keine Mühe, Mrs Dukes.«
Das Wohnzimmer war wie geleckt. Das in gedämpften Blautönen bezogene, breite Sofa wurde von zwei identischen Tischen, auf denen zwei völlig gleiche Lampen standen, wie von zwei Wachtposten flankiert. Die beiden Sessel waren mit dem gleichen Stoff bezogen wie die Couch, und der dunkelgrüne Teppich, der zwischen ihnen lag, wies nicht das kleinste Stäubchen auf.
Die gelben und die weißen Blumen, die in einer Vase exakt in der Mitte eines kleinen Glastischs standen, waren derart sorgsam arrangiert, dass der Strauß jegliche Natürlichkeit und Freundlichkeit verlor.
»Ich werde Sie nicht bitten, Platz zu nehmen.«
Dukes verschränkte seine Arme in Hüfthöhe hinter dem Rücken und baute sich mitten in dem Zimmer auf.
Auch er war ein Soldat und bereitete sich auf seine Vernehmung vor.
15
» M r Dukes, meinen Informationen zufolge hat Louis K. Cogburn Ihrem Sohn vor ungefähr vier Jahren eine illegale Substanz verkauft.«
»Das ist korrekt.«
»Und als Sie davon erfuhren, haben Sie den Fall der Polizei gemeldet und offiziell Anzeige erstattet.«
»Das ist ebenfalls korrekt.«
»Können Sie mir sagen, weshalb es trotzdem nicht zu einer Verurteilung des Mannes kam?«
»Die Staatsanwaltschaft hat sich geweigert, Anklage zu erheben.« Er behielt weiter seine kerzengerade Haltung bei. »Sie haben Cogburn laufen lassen, damit er weiter junge Hirne und junge Körper korrumpieren kann.«
»Ich nehme an, Ihr Sohn hat damals in vollem Umfang gegen Cogburn ausgesagt. Und da es zusätzlich das von ihm verkaufte Rauschgift gab, erscheint es mir ein wenig ungewöhnlich, dass es nicht zu einer Anklage gekommen ist.«
Dukes presste die Lippen aufeinander. »Das Rauschgift hatte ich vernichtet. So etwas dulde ich nicht in meinem Haus. Die Worte dieses Parasiten wogen offenkundig schwerer als mein Wort und das Wort meines Sohnes.«
»Verstehe. Das war sicher schwer für Sie und Ihre Familie. Muss frustrierend gewesen sein.«
»Das war es.«
Es war interessant, fand Eve, dass Dukes fast die gleiche blaue Uniform trug wie sein jüngerer Sohn. Die Hose war so sorgfältig gebügelt, dass man sich an den Falten sicher schneiden konnte.
Noch interessanter aber war der Zorn, der in heißen Wogen von ihm ausging, und den er nur mit größter Mühe bezwang.
»Hatte Ihr Sohn nach dem Vorfall noch etwas mit Cogburn zu tun?«
»Nein.«
Doch Sylvia stand die Wahrheit ins Gesicht geschrieben. Der Junge hatte sich auch weiter Stoff bei dem Mann besorgt. Und alle hatten es gewusst.
»Ich nehme an, dass Ihnen das Jugendamt empfohlen hat, mit Devin zur Drogenberatung zu gehen.«
»Ja.«
Eve wartete einen Moment. »Und, ist er dort gewesen?«
»Ich weiß nicht, was das mit Ihren Ermittlungen zu tun hat, Lieutenant«, erklärte Dukes gepresst.
Also schlug sie abermals eine andere Taktik ein. »Können Sie mir von Devins
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