Toedliche Verfolgung
vermoderte Holzlatte hing nur an einem langen Nagel an einem weiteren Brett. Wenn es ihr irgendwie gelänge, die Latte samt Nagel zu sich zu ziehen … Lissa warf einen Blick in die dunkle Mine. George war nirgends zu sehen.
Jetzt oder nie!
Lissa setzte sich auf den Boden, umfasste das Metallrohr mit den Händen und rutschte so weit vor, wie sie die Spannung in ihren Armen ertragen konnte. Langsam streckte sie die Beine aus und berührte damit das Brett. Es schwankte sofort gefährlich hin und her. Sie musste es erwischen, bevor es zu Boden fiel und damit vielleicht außer Reichweite geriet. Ihre strapazierfähigen Schuhe waren gut zum Wandern oder Motorradfahren geeignet, aber im feinmotorischen Bereich ließen sie sehr zu wünschen übrig.
Behutsam klemmte sie die Holzlatte zwischen ihre Füße und zog sie zu sich heran. Mit einem quietschenden Geräusch löste sich der Nagel aus dem Holzstück, das die brüchige Latte gehalten hatte. Vor Anstrengung trat ihr der Schweiß auf die Stirn, als Lissa das Brett zwischen den Beinen heranzog. Dabei musste sie jederzeit befürchten, dass das Holz nachgab und zu Spänen zerfiel, bevor sie es in ihren Händen hielt. Außer Atem und mit schmerzenden Gliedern legte sie eine kurze Pause ein. Ein Schweißtropfen löste sich und glitt ihre Wange hinunter. Sie musste sich beeilen, denn wenn George jetzt zurückkäme, wäre ihr Schicksal besiegelt.
Es kam ihr unendlich lange vor, bis sie das Brett so positioniert hatte, dass der Nagel in der Nähe ihrer Hände war. Jetzt musste sie ihn nur noch aus dem Holz bekommen, denn sie konnte nicht das ganze Brett bewegen. Ihre Bauchmuskeln brannten, als sie die Latte unter ihren Beinen hindurchschob, bis sie den Nagel berühren konnte. Mit vor Schweiß und Blut glitschigen Fingern zog sie ihn langsam heraus. Ihr keuchender Atem hallte laut von den engen Wänden der Mine wider.
Ein letzter verzweifelter Ruck und der Nagel glitt aus dem morschen Holz. Fest schloss Lissa die Faust darum, damit er ihr nicht aus der Hand rutschte und zu Boden fiel. Einige quälende Sekunden lag sie einfach nur da und versuchte, wieder zu Kräften zu kommen. Ein kurzer Blick in den Tunnel, dann zwang sie sich, ihren Befreiungsversuch fortzusetzen. Sie zog die Plastikfessel so weit vom Metallrohr ab, wie sie konnte, und schob die Spitze des Nagels in den Verschluss. Ein stechender Schmerz schoss durch ihr Handgelenk, doch sie ignorierte ihn. Falls sie George nicht entfliehen könnte, würde sie sicher viel mehr ertragen müssen. Dieser Gedanke spornte sie dazu an, ihren gefühllosen Fingern alles abzuverlangen. Sie wusste nicht, ob sie die richtige Stelle traf oder ihre Versuche überhaupt etwas bewirkten, aber sie konnte nicht aufgeben. Nein, sie
würde
nicht aufgeben. Der Nagel rutschte ab und stieß in ihren Handballen. Lissa biss sich auf die Lippe, um keinen Laut von sich zu geben. Verbissen kämpfte sie weiter darum, sich zu befreien, und versuchte, die Schmerzen zu ignorieren.
Gerade als sie einen kleinen Ruck in den Fesseln spürte, legte sich von hinten eine Hand auf ihre Schulter. Erschrocken zuckte sie zusammen und ließ dabei den Nagel fallen.
George grinste sie an. »Na, waren Sie auch schön brav? Sie haben Glück gehabt, die Datenspeicher waren tatsächlich in der Mine.« Er hielt triumphierend den Karton hoch. »Ihr Freund hat sich mit dem Verbergen nicht gerade viel Mühe gegeben. Jedes Kind hätte das Versteck entdeckt.« Nachdenklich blickte er sie an. »Was mache ich jetzt mit Ihnen?«
Lissa leckte über ihre trockenen Lippen. »Sie könnten mich einfach freilassen, nachdem sie jetzt die Speicherkarten haben.«
»Sie sind schuld daran, dass ich meine Pläne ändern musste und bald einer der meistgesuchten Männer in den USA sein werde. Warum sollte ich Sie verschonen?« Damit drehte er sich um und ging hinaus.
Verzweifelt blickte Lissa um sich. Was sollte sie jetzt tun? George würde sie auf keinen Fall laufen lassen, dessen war sie sich sicher. Die Zeit lief gegen sie. In wenigen Minuten würde der Hubschrauber startbereit sein, und dann gab es nichts mehr, was den Verräter noch aufhalten konnte. Sollte sie darauf hoffen, dass Jack und Hawk rechtzeitig eintreffen würden? Das konnte sie sich nicht leisten. Wenn sie nur nicht den Nagel verloren hätte! Er musste irgendwo im lockeren Sandboden liegen, dicht neben dem Metallrohr. Aber wie sollte sie daran kommen? Vielleicht wenn sie die Hände … Lissa neigte sich zur Seite, bis sie
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