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Tödliche Versuchung

Tödliche Versuchung

Titel: Tödliche Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Evanovich
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Möbel waren aus dunklem Holz, und die Couchgarnitur war bequem aber nicht sonderlich auffällig. Die Mahlzeiten bestanden aus der üblichen Hausmannskost, wie sie überall in Burg auf den Tisch kam, mittags um zwölf und abends um sechs. Kohlroulade, Schmorfleisch, Brathuhn und gelegentlich mal einen Schinken oder Schweinefleisch. Mein Großvater wollte es so. Er hat sein Leben lang in einem Stahlwerk gearbeitet. Er hatte feste Grundsätze, und seine Gegenwart ließ die Zimmer in dem Reihenhaus winzig erscheinen. Tatsächlich reicht mir meine Oma gerade mal bis zur Kinnspitze, und mein Opa war auch nicht viel größer. Aber Statur ist wohl keine Frage der Körpergröße.
    Seit einiger Zeit stelle ich mir die Frage, was wohl aus meiner Großmutter geworden wäre, wenn sie nicht meinen Großvater geheiratet hätte. Ob sie dann wohl früher damit angefangen hätte, den Nachtisch zuerst zu essen?
    Ich holte die Fleischbällchen aus dem Ofen und drapierte sie auf einen Teller. Nebeneinander liegend sahen sie aus wie die Keimdrüsen von Kobolden.
    »Nun schau sich einer diese Prachtexemplare an«, sagte Grandma. »Sie erinnern mich an deinen Großvater.«
    Nach dem Essen ging ich mit Bob spazieren. Die Straßenlampen brannten und aus den Fenstern der Häuser hinter meinem Mietshaus strömte Licht. Wir drehten einige Runden, in wohltuendes Schweigen versunken. Das ist das Praktische an Hunden, sie reden kein dummes Zeug. Man kann neben ihnen hergehen und seinen eigenen Gedanken nachhängen und zum Beispiel Listen machen.
    Meine Liste bestand aus folgenden Tagesordnungspunkten: 1. Morris Munson schnappen, 2. mich um Ranger sorgen und 3. mich fragen, was ich eigentlich von Morelli wollte. Darüber war ich mir nämlich nicht im Klaren. Gefühlsmäßig war ich verliebt, verstandesmäßig war ich mir da nicht so sicher. Nicht, dass es etwas ausgemacht hätte, Morelli wollte sowieso nicht heiraten. Aber meine biologische Uhr tickte munter weiter, und um mich her herrschte tiefe Ratlosigkeit.
    »Ich ertrage das nicht!«, sagte ich zu Bob.
    Bob blieb stehen und sah über die Schulter zu mir, als wollte er sagen: Was ist denn da hinter mir los? Wozu die Aufregung? Bob hatte ja keine Ahnung. Als Welpe hatte man ihm die Klöten abgeschnitten. Geblieben war ihm ein zusätzliches Fetzchen Haut und eine matte Erinnerung. Bob hatte keine Großmutter, die sehnlichst Enkel von ihm erwartete. Bob war nicht diesem furchtbaren Druck ausgesetzt.
    Wieder zu Hause fand ich Grandma im Sessel vor dem Fernseher schlafend vor. Ich schrieb ihr eine Nachricht auf einen Zettel, ich müsste noch mal los, und heftete den Zettel an ihren Pullover, dann ermahnte ich Bob, er solle schön brav sein und nicht die Möbel anfressen. Rex hatte sich in einen Haufen Sägespäne eingebuddelt und verdaute schlafend sein Stück Kuchen, Alles bestens im Haushalt von Stephanie Plum.
    Ich fuhr auf dem kürzesten Weg zur Stadtvilla von Hannibal. Es war acht Uhr, und wieder sah es so aus, als wäre keiner zu Hause. Aber den Eindruck hatte man ja immer. Ich stellte den Wagen zwei Straßen weiter ab, stieg aus und ging zur Rückseite des Hauses. Keines der Fenster war erleuchtet. Ich erklomm den Baum und schaute hinunter zu Hannibals Garten. Absolute Finsternis. Ich sprang runter vom Baum und ging zurück zum Radweg. Irgendwie unheimlich, fand ich. Die Bäume und Sträucher alle schwarz. Kein Mond am Himmel. Kein Licht. Nur gelegentlich ein Strahl, der aus einem Fenster in einer der Stadtvillen fiel.
    Hier möchte man keinem Bösewicht über den Weg laufen. Weder Munson. Noch Hannibal Ramos. Nicht mal Ranger. Obwohl – bei ihm hatte das Böse etwas Betörendes.
    Ich fuhr den Wagen ans Ende des Wohnkomplexes, zu dem Hannibals Haus gehörte. Von da aus hatte ich bessere Sicht. Ich stellte die Rückenlehne des Fahrersitzes ein Stück zurück, verriegelte die Tür, beobachtete und wartete.
    Die Warterei hatte ich schnell satt. Um mir die Zeit zu vertreiben, schloss ich mein Handy an den Zigarettenanzünder an und wählte Morellis Nummer. »Rate mal, wer dran ist«, sagte ich.
    »Ist Grandma wieder weg?«
    »Nein, ich bin gerade am Arbeiten, und Grandma ist mit Bob zu Hause.«
    »Bob?«
    »Dem Hund von Brian Simon. Ich passe auf ihn auf, solange Brian Simon in Urlaub ist.«
    »Simon ist nicht im Urlaub. Ich habe ihn heute gesehen.«
    »Was?«
    »Ich fasse es nicht! Bist du auf seine Masche mit dem Urlaub etwa reingefallen?«, sagte Morelli. »Seit Simon sich den Hund

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