Tödliche Versuchung
Ich streifte die Schuhe ab, kroch unter die Decke und war Sekunden später eingeschlafen.
Ich wachte hundemüde und völlig verwirrt wieder auf. Ich sah auf die Uhr, es war zwei. Ich blinzelte mit den Augen in der Dunkelheit. »Ranger?«
»Was hat der Hund hier verloren?«
»Ich passe auf ihn auf. Aber als Wachhund taugt er wohl nicht.«
»Er hätte mir bestimmt die Tür aufgemacht, wenn er den Schlüssel gefunden hätte.«
»Ich weiß ja, dass es ein Kinderspiel ist, ein Schloss aufzubrechen, aber wie hast du die Vorlegekette geknackt?«
»Berufsgeheimnis.«
»Ich dachte, wir hätten den gleichen Beruf.«
Ranger übergab mir einen großen Umschlag. »Guck dir die Bilder an und sag mir, wen du davon kennst.«
Ich setzte mich auf, schaltete die Tischlampe an und machte den Umschlag auf. Ich erkannte Hannibal und den alten Ramos wieder. Dann waren da noch Bilder von Ulysses und Homer Ramos und von zwei Vettern ersten Grades. Alle vier Männer sähen sich ziemlich ähnlich, jeder von ihnen hätte derjenige sein können, der im Hauseingang in Deal gestanden hatte. Mit Ausnahme von Homer natürlich, der ja tot war, wie wir wussten. Es gab noch ein Bild von Homer Ramos, zusammen mit einer Frau. Sie war klein und blond, und sie lachte. Homer hatte einen Arm um sie gelegt und erwiderte ihr Lachen.
»Wer ist das?«, fragte ich.
»Homers neue Freundin. Sie heißt Cynthia Lotte. Sie arbeitet hier in der Stadt. Empfangssekretärin bei jemandem, der dir bekannt sein dürfte.«
»Schreck lass nach! Jetzt erkenne ich sie! Sie arbeitet für meinen Ex-Mann.«
»Erraten«, sagte Ranger. »Die Welt ist klein.«
Ich erzählte Ranger von der Stadtvilla, alles sei finster gewesen, kein Lebenszeichen, und dann die Toilettenspülung.
»Was hat das zu bedeuten?«, fragte ich ihn.
»Es bedeutet, dass jemand im Haus ist.«
»Hannibal?«
»Hannibal ist in Deal.«
Ranger schaltete die Tischlampe aus und stand auf. Er trug ein schwarzes T-Shirt, eine schwarze Windjacke aus GoreTex und eine schwarze Cargo-Hose, die in schwarzen Stiefeln steckte. Ein gut gekleideter Stadtguerillero. Wetten, dass jedem Kerl, der ihm in einer Sackgasse gegenübergestanden hätte, unfreiwillig die Blase abgegangen und sein wertvollster Besitz verschrumpelt wäre, und dass jede Frau sich die Lippen geleckt und überprüft hätte, ob auch alle Knöpfe an ihrer Kleidung geschlossen waren. Er sah auf mich herab, die Hände in den Taschen, das Gesicht war in dem dunklen Zimmer kaum zu erkennen.
»Wärst du bereit, deinem Ex mal einen Besuch abzustatten und Cynthia Lotte für mich zu überprüfen?«
»Natürlich. Sonst noch was?«
Er lachte, und als er jetzt antwortete, klang seine Stimme sanft. »Nicht, wenn deine Großmutter im Nebenzimmer schläft.«
Uuuh!
Nachdem Ranger gegangen war, legte ich die Sicherheitskette vor und ließ mich wieder auf die Couch fallen. Ich warf mich hin und her und hatte erotische Gedanken. Ich war ein Luder durch und durch, daran konnte es keinen Zweifel mehr geben. Ich wollte es wirklich wissen, und wenn es soweit war, hätte es keinen Halt mehr gegeben. »Das liegt nur an den Hormonen«, sagte ich zu niemand Besonderem, das heißt zu jedem, der gerade zuhörte. »Es ist nicht meine Schuld. Ich habe zu viele Hormone in meinem Körper.«
Ich stand auf und holte mir ein Glas Orangensaft. Danach ging ich zurück zur Couch und warf mich wieder hin und her, weil meine Oma so laut schnarchte, dass ich Angst hatte, sie würde sich verschlucken und an ihrer eigenen Zunge ersticken.
»Ist das nicht ein herrlicher Morgen!«, sagte Grandma auf dem Weg zur Küche. »Ich habe Lust auf Pfannkuchen.«
Ich schaute auf die Uhr. Halb sieben. Dann schleppte ich mich aus meinem Couchbett ins Badezimmer und blieb endlos lange unter der Dusche stehen, übel gelaunt und gallig. Nach dem Duschen betrachtete ich mich im Spiegel über dem Waschbecken. An meinem Kinn war ein dicker Pickel. Na wunderbar! Ich musste zu meinem Ex-Mann, und auf meinem Kinn war ein Pickel! Wahrscheinlich Gottes Strafe für meine triebhaften Gelüste.
Mir fiel die 38er in der Keksdose ein. Ich ballte eine Hand zur Faust, streckte Daumen und Zeigefinger aus, setzte die Spitze des Zeigefingers an meine Schläfe: »Peng!«
Ich legte das gleiche Outfit wie Ranger an: Schwarzes TShirt, schwarze Cargo-Hose, schwarze Stiefel. Pickel im Gesicht. Es sah idiotisch aus. Ich zog die schwarze Hose, das schwarze T-Shirt und die schwarzen Stiefel wieder aus und streifte ein
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