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Tödliche Versuchung

Tödliche Versuchung

Titel: Tödliche Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Evanovich
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eine Metallica-Baseballmütze, setzte mir eine Sonnenbrille auf, schnappte mir Bobs Leine und begab mich zu dem Grundstück der Familie Ramos. Deal war eine zivilisierte Stadt mit richtigen Betongehsteigen, man hatte beim Bau gleich an die Kinderfräuleins und kinderwagenschiebenden Eltern gedacht. Ebenfalls bestens geeignet für Schnüffler, die sich als Hundeausführer maskieren.
    Ich war nur noch wenige Meter von der Einfahrt entfernt, als eine schwarze Limousine, ein Town Car, aufkreuzte. Das Tor öffnete sich, und der Wagen glitt hindurch. Vorne saßen zwei Männer, die Heckscheibe war getönt. Ich spielte verlegen mit Bobs Leine und ließ ihn ein bisschen schnuppern. Die Limousine kam vor dem Hauseingang zum Stehen, und die beiden Männer auf den Vordersitzen stiegen aus. Einer ging nach hinten, um Gepäck aus dem Kofferraum zu holen, der andere öffnete dem Fahrgast auf der Rückbank die Tür. Der Fahrgast war schätzungsweise um die sechzig, mittelgroß, schlank und trug ein Sportsakko und bequeme Hosen. Gewelltes, graues Haar. Nach der unterwürfigen Art der anderen zu urteilen, die um ihn herumscharwenzelten, musste es sich um Alexander Ramos handeln. Wahrscheinlich hatten sie ihn zur Beerdigung seines Sohnes eingeflogen. Hannibal trat vor das Haus, um den Alteren zu begrüßen. Im Hauseingang tauchte unterdes eine jüngere, schlankere Ausgabe von Hannibal auf, stieg aber die Stufen nicht herab. Ulysses, der mittlere Sohn, dachte ich. Keiner schien sich besonders über das Wiedersehen zu freuen. Verständlich, dachte ich, wenn man die Umstände berücksichtigt. Hannibal sagte etwas zu dem älteren Mann. Der ältere Mann versteifte sich und versetzte Hannibal eine leichte Ohrfeige. Es war kein schmerzhafter Schlag. Er sollte den Geschlagenen nicht außer Gefecht setzen. Es war viel mehr eine Beschimpfung: Blödmann.
    Trotzdem, ich zuckte reflexartig zusammen. Und sogar aus dieser Entfernung konnte ich sehen, dass Hannibal die Zähne zusammenbiss.

6
    Diese Szene ging mir während der Heimfahrt die ganze Zeit durch den Kopf. Die Frage, die ich mir stellte, war: Würde ein Vater, der über den Verlust eines Sohnes trauerte, seinen Erstgeborenen mit einer Ohrfeige begrüßen?
    Bob sah mich an, als erwartete er eine Antwort. »He, woher soll ich das wissen?«, sagte ich. »Vielleicht wollen sie ihren Ruf als zerrüttete Familie nicht verlieren.«
    Ehrlich gesagt, finde ich es immer tröstlich, eine Familie kennen zu lernen, die noch zerrütteter ist als meine. Nicht, dass meine Familie furchtbar zerrüttet wäre, gemessen an den Verhältnissen in New Jersey.
    Als ich nach Hamilton Township kam, hielt ich am nächsten Shop Rite, holte mein Handy heraus und rief meine Mutter an.
    »Ich stehe gerade vor der Fleischtheke«, sagte ich. »Ich wollte falschen Hasen machen. Was braucht man dafür?«
    Schweigen am anderen Ende der Leitung. Ich sah meine Mutter förmlich vor mir, wie sie sich bekreuzigte und fragte, was um alles in der Welt ihre Tochter wohl dazu bewogen haben mochte, einen falschen Hasen zu kochen, bloß hoffentlich kein Mann.
    »Ein falscher Hase«, brachte meine Mutter schließlich hervor.
    »Für Grandma«, erklärte ich. »Sie hat Hunger auf einen falschen Hasen.«
    »Natürlich. Klar«, sagte meine Mutter. »Was ich mir aber auch immer einbilde!«
    Zu Hause angekommen, rief ich meine Mutter noch einmal an. »Also, ich bin wieder zu Hause«, sagte ich. »Was mache ich jetzt mit dem Zeug?«
    »Du vermengst alles, tust es in eine Backform und stellst es bei 175 Grad eine Stunde in den Backofen.«
    »Von einer Backform war nicht die Rede, als ich vor der Fleischtheke stand«, jammerte ich.
    »Hast du keine Backform zu Hause?«
    »Doch, natürlich habe ich eine. Ich meine nur… ach, ist ja auch egal.«
    »Viel Glück«, wünschte meine Mutter.
    Bob hockte mitten in der Küche und verfolgte das Geschehen.
    »Ich habe keine Backform«, sagte ich zu ihm. »Aber wir lassen uns von so einem kleinen Hindernis doch nicht entmutigen, oder?«
    Ich warf das Gehackte in eine Schüssel, zusammen mit den anderen Zutaten für einen falschen Hasen, zerschlug das Ei und beobachtete, wie der Glibber sich auf der Oberfläche verteilte. Dann stach ich mit einem Löffel hinein.
    »Ih!«, sagte ich zu Bob.
    Bob wedelte mit dem Schwanz. Er mochte matschiges Zeug anscheinend gern.
    Ich rührte in der Masse herum, aber das Ei wollte sich nicht unterheben lassen. Ich holte einmal tief Luft und tauchte dann beide Hände ins

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