Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toedliche Worte

Toedliche Worte

Titel: Toedliche Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
Vom Netzwerk:
Schritten die Küche durchquerte.
    Beim Klang ihrer Stimme zögerte Jan so lange, dass Tony aus der Reichweite des Messers wegtaumeln konnte. Sie sah sich nach Carol um und warf ihm, bevor Carol das letzte kurze Stück zwischen ihnen überwand, einen hasserfüllten Blick zu.
    Carol schoss vorwärts und prallte mit Jan zusammen, so dass beide als wirres Knäuel um sich schlagender Gliedmaßen krachend zu Boden gingen. Zuerst hatte Carol keine Ahnung, wo das Messer war, und suchte einen Halt, um Jans Handgelenk auf den Boden pressen zu können.
    »Lassen Sie mich los«, schrie Jan. »Sie tun mir weh.«
    »Geben Sie das Messer her«, schrie Carol zurück, und ihr Gesicht war nur noch ein paar Zentimeter von dem der anderen Frau entfernt.
    »Ich hab’s schon fallen lassen.« Die Worte kamen fast wie ein Schrei heraus. »Lassen Sie mich los.« Sie bäumte sich unter Carol auf. Dann war plötzlich Tony neben ihr auf dem Boden und drückte mit den Knien Jans Schultern herunter. Aus einer Hand, die er gegen die Brust presste, floss Blut.
    »Das Messer liegt auf dem Boden, Carol«, sagte er.
    Keuchend lockerte Carol etwas den Druck, hielt aber Jan mit ihrem Gewicht weiter regungslos auf dem Boden fest. »Sie machen einen großen Fehler«, ächzte Jan.
    »Das glaube ich nicht«, sagte Carol. »Jan Shields, ich verhafte Sie wegen Verdachts auf Verabredung zum Mord …«
    »Sie kapieren wohl überhaupt nichts?«, brüllte Jan.
    »Sparen Sie sich das für die Vernehmung auf. Sie müssen nichts sagen …«
    »Carol, hören Sie«, sagte Jan und nahm alle Kraft zusammen, um ihrer Stimme einen Ton sicherer Selbstbeherrschung zu verleihen. »Ich bin das Opfer. Sie müssen mich anhören.«

    Don Merrick konnte sich nicht erinnern, je im Leben so gefroren zu haben. Er zitterte nicht einmal mehr, sondern sein Körper war so starr und schwer wie in einer Art physischer Trance. Und immer noch keine Spur von Nick Sanders.
    Am frühen Abend hatte er am Ende einer einspurigen Straße, die sich hoch oben am Rande einer schmalen Bucht entlangwand, Achmelvich erreicht. Die wenigen Bäume, die er gesehen hatte, bogen sich tief zur Seite, woran sich Stärke und Richtung des Windes ablesen ließen.
    Man konnte es kaum einen Ort nennen, dachte er. Es gab eine Jugendherberge, die schon für den Winter geschlossen war, und eine Hand voll niedriger Häuschen, die geduckt hinter einem auf die See zulaufenden Felsengrat standen. Nur in einem der Häuser war noch Licht. Er überlegte, ob er sich nach dem Weg erkundigen sollte, fand dann aber, es könnte nicht schwer sein, diese Einsiedlerherberge, das Hermit’s Castle, zu finden.
    Natürlich hatte er sich da getäuscht. Mit seinem ungeeigneten Schuhwerk kletterte er fast eine Stunde über die Felsen, stolperte über lose Steine und wäre einmal beinahe kopfüber ins Meer gestürzt. Als er es endlich gefunden hatte, wäre er fast daran vorbeigegangen.
    Erschöpft, frierend und zerschunden leuchtete er mit seiner Taschenlampe den winzigen Betonbau ab. Der graue Kasten, kaum mehr als zwei Meter hoch, stand in einer Felsspalte und hatte einen kleinen Schornstein, der wie ein gekrümmter Schwanz über das Dach ragte. Es gab einen Eingang, aber keine Tür. Ein schmaler gewundener Gang führte hinein, der offenbar Wind und Regen abhalten sollte. Er führte zu einer winzigen Zelle, gerade mal zwei Meter breit. An einer Seite war eine Art Betonbank, die die Größe und Form eines Bettes hatte. Gegenüber gab es eine offene Feuerstelle. Und das war’s. Nirgendwo konnte man sich hier verstecken oder sonst etwas tun. Er konnte sich kaum vorstellen, einen einzigen Tag hier zu verbringen, geschweige denn ein ganzes Jahr.
    Merrick ging wieder hinaus und leuchtete alles mit der Taschenlampe ab. Er konnte nichts tun, außer zu warten, und beschloss, bis zehn Uhr zu bleiben. Sollte Nick Sanders danach noch kommen, würde er sich vor morgen früh nicht mehr fortbewegen. Wenn er überhaupt kam.
    Nicht weit von dem Versteck entfernt fand Merrick eine geschützte Stelle zwischen den Felsen und kauerte sich dort zusammen. Er hatte eine Tankstelle gefunden und sich eine schwere Gummitaschenlampe, ein paar Dosen Cola, zwei Packungen Kekse und ein paar Chips kaufen können. Außerdem hatte er einen abscheulichen handgestrickten Pullover erstanden, der ihn hoffentlich gegen die Kälte schützen würde. Aber viel schien er nicht zu helfen.
    Das Tosen der Wellen, die gegen die Felsen schlugen, wirkte einschläfernd. Es gab

Weitere Kostenlose Bücher