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Toedliche Worte

Toedliche Worte

Titel: Toedliche Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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sie von drinnen sah.
    Sie kauerte sich zusammen, kroch hinten um das Auto herum, schaffte es bis zur Giebelseite und drückte sich flach gegen die Wand. Langsam rückte sie fast bis zur Höhe des Fensters vor, dann bückte sie sich und schlich eine kurze Strecke unter dem Fenstersims entlang, bevor sie sich wieder aufrichtete. Sie war gerade noch außerhalb des Lichtscheins aus dem Fensterrechteck. Nachdem sie tief Luft geholt hatte, schaffte sie die Strecke bis zum Ende der Garage in Sekunden.
    Dann verließ sie sich darauf, dass der Schatten sie verbergen würde, drehte sich um und richtete sich auf. Sie sah schräg ins Zimmer hinein, wo sich ihr ein klares Bild bot. Sie konnte Jan von der Taille aufwärts und gleich neben ihr Tonys Hinterkopf sehen. Ihr ganzer Oberkörper verkrampfte sich. Warum, verdammt noch mal, hast du mich nicht angerufen? Dann konnte sie sehen, wie Jans rechte Hand in Sicht kam, was sich aus der Entfernung wie eine harmlose Geste ausnahm.
    Aber es war absolut nichts Harmloses an dem Messer, als es im Licht wie ein glänzender Strahl aufblitzte, der Carol direkt ins Herz traf.

    Das beharrliche Klingeln von Tonys Mobiltelefon verstummte so plötzlich, wie es begonnen hatte. Jan nickte. »Das war brav. Sie haben nicht mal versucht abzunehmen.«
    »Das gefällt Ihnen doch, oder? Der Augenblick der Macht. Absolute Kontrolle. Die Welt unterwirft sich Ihrem Willen.«
    Sie legte den Kopf schief. »Wenn Sie meinen.«
    »Ich weiß es. Es war eine tolle Idee. Auf psychisch leicht lenkbare Männer einzuwirken und sie zu Ihren Werkzeugen zu machen. Eine doppelter Machtgenuss. Sie beherrschen die Männer und lassen sie die Opfer nach Ihrem Befehl dirigieren. Hut ab! Es war sicher nicht leicht, sie auf so wortgetreuen Gehorsam zu trimmen.«
    Sie lächelte. »Ich weiß, was Sie vorhaben. Und es wird nicht funktionieren. Es bringt nichts, Zeit zu schinden, wenn die Truppe nicht weiß, wo Sie sind.«
    Er stand auf. »Ich versuche nicht, Zeit zu gewinnen.«
    »Hinsetzen«, befahl sie.
    »Nein«, sagte er. »Sie wissen doch, es gibt für Sie keinen Ausweg.«
    Ihre Augen wurden zu schmalen Schlitzen. »Ich hab es Ihnen ja gesagt. Ich kann es so drehen, dass es aussieht, als hätten Sie mir eine Falle gestellt. Ich habe Sie dabei erwischt, wir haben uns handgreiflich auseinander gesetzt, und Sie sind dabei draufgegangen.«
    »Sie unterschätzen den Gegner. Das ist ein Fehler, der mehr Leute zu Fall bringt als jeder andere.«
    Sie schnaubte verächtlich. »Was gibt es da zu unterschätzen? Wir wissen beide, auf wessen Seite die Macht ist. Ich bin Polizistin. Und Sie? Sie sind ein ziemlich komischer kleiner Typ, der den Leuten unheimlich ist.«
    »Nein, nein, Sie missverstehen mich. Ich bin nicht Ihr Problem. Es macht mir eigentlich gar nichts aus zu sterben, verstehen Sie. Nein, Ihr Problem ist Carol Jordan. Ich habe mit ihr über meinen Verdacht gesprochen. Gut, sie hat mich ausgelacht. Aber wenn mir etwas passiert, wird sie hinter Ihnen her sein.«
    Sie sagte spöttisch: »Vor Carol Jordan habe ich keine Angst.«
    »Das meine ich ja damit, dass Sie den Gegner unterschätzen. Sie sollten Angst vor ihr haben. Denn – ganz anders als Sie meinen – hat sie keine Angst, sich die Hände schmutzig zu machen. Sie wird sich nicht hinter einem armen unfähigen Trottel wie Derek Tyler oder Carl Mackenzie verstecken. Sie wird Sie stellen, und zwar auf die schlimmste Art und Weise.«
    »Das Risiko geh ich ein.«
    Er wandte sich ab. »Sollten Sie nicht. Sie sind zu sehr daran gewöhnt, dass Sie andere dazu bringen, etwas für Sie zu riskieren.«
    »Wo wollen Sie hin?«, schrie sie, plötzlich die Beherrschung verlierend.
    Er sah zu ihr zurück. »Ich hab keine Lust weiterzureden. Sie sind schon Geschichte, und ich geh nach Haus.«
    Schlagartig schoss sie vorwärts, packte ihn am Arm und drehte ihn zu sich herum. Dann fuhr das glänzende Messer zwischen ihnen durch die Luft und suchte sein Ziel.

    Sobald Carol das Messer sah, wusste sie, es blieb für nichts anderes mehr Zeit, sie musste handeln. Sie rannte zur Hintertür des Hauses und packte den Türgriff. Zu ihrer Überraschung gab er unter ihrer Hand nach, und sie stürzte halb laufend, halb fallend in die Küche. Sie sah, wie Jan auf Tony einstieß, wobei die Waffe aber von den beiden Kämpfenden verdeckt wurde. Sein Mund öffnete sich zu einem qualvollen Schrei. »Lassen Sie das Messer fallen«, schrie Carol verzweifelt, so laut sie konnte, während sie mit ein paar

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