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Toedliche Wut

Toedliche Wut

Titel: Toedliche Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Castillo
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»Kommen Sie, Kate. Seien Sie kooperativ.«
    »Was genau erwarten Sie von mir?«
    »Nichts, was nicht auch sonst tagtäglich passiert.« Er hält inne. »Berichte gehen verloren, Beweismittel verschwinden, das passiert doch ständig. Es würde mir und meiner Frau ungeheuer viel bedeuten, wenn sich die ganze Sache in Luft auflöst.«
    »Sie verlangen von mir, eine Grenze zu überschreiten, Auggie.«
    »Kate, ich bin verzweifelt. Die ganze Angelegenheit ist ein einziger Albtraum. Wenn Bradford nicht als Minderjähriger, sondern als Erwachsener angeklagt und verurteilt wird, ist sein ganzes Leben ruiniert. Er gilt dann als vorbestraft.«
    In dem Moment wird mir klar, dass ich diese Auseinandersetzung nicht gewinnen kann. Auggie Brock ist, zumindest indirekt, mein Boss. Doch er ist auch ein Vater, und ich weiß, dass Blut schwerer wiegt als Gesetzestreue.
    »Herrgott nochmal, Kate! Catherine ist am Rand eines Nervenzusammenbruchs. Sie hätten mich anrufen sollen, anstatt ihn zu verhaften! Warum haben Sie die ganze Sache nicht mir überlassen?«
    »Ihnen überlassen?« Ich atme tief durch, schließe kurz die Augen, um mir bewusst zu machen, dass Auggie ein guter Mensch ist, der von jemandem, den er liebt, in eine grässliche Situation gebracht wurde. »Ich werde so tun, als hätte dieses Gespräch nie stattgefunden.«
    Die Leitung ist tot, bevor ich fertig bin.
    Kopfschüttelnd werfe ich das Handy in die Konsole. Ich fühle mit Auggie und seiner Frau, aber ich werde auf keinen Fall einen Polizeibericht fälschen oder Beweismittel »verlieren«, damit sein großmäuliger Sohn ungeschoren davonkommt. Meiner Meinung nach könnte ein kurzer Aufenthalt in der Jugendstrafanstalt genau der Tritt in den Hintern sein, den der Junge braucht, um wieder auf die rechte Bahn zu kommen.
    Ein paar Minuten später parke ich auf meinem Platz vorm Polizeirevier, einem hundert Jahre alten Backsteingebäude mit zugigen Fenstern, hämmernden Rohrleitungen und einer Reihe unerklärlicher, meist unangenehmer Gerüche. Mona und Lois haben an strategisch ausgewählten Stellen Lufterfrischer platziert, doch der Eingangsbereich riecht immer nach alten Rigipsplatten, morschem Holz und wahrscheinlich ein oder zwei toten Mäusen. Die Einrichtung erinnert an eine der frühen TV-Krimiserien, und ich meine nicht im Sinne von retro-cool, sondern von potthässlich. Vor ein paar Monaten hatte der Stadtrat zwar einen neuen Schreibtisch und Computer für die Telefonzentrale bewilligt, aber nur, weil der alte Computer buchstäblich in Flammen aufgegangen war.
    Beim Betreten des Reviers nagt das Gespräch mit Auggie noch an mir. Mona Kurtz sitzt am Schreibtisch mit der Telefonanlage und starrt auf den Bildschirm, auf dem Kopf das Headset mit zur Seite gedrehtem Mundstück. Mit einer Hand steckt sie sich Weintrauben aus einem Plastikbeutel in den Mund, mit der anderen schiebt sie die Computermaus herum. Wie immer ist ihr Radio ein bisschen zu laut aufgedreht, und ihr Fuß wippt im Takt eines funkigen Stücks von Linking Park.
    Ich steuere geradewegs auf sie zu, als sie den Kopf hebt. Sie schenkt mir ein kurzes Lächeln, schaltet das Radio aus und holt ein Bündel rosa Telefonmessages aus meinem Nachrichtenfach. »Sie sind heute Morgen eine gefragte Frau, Chief.«
    »Und es ist noch nicht einmal zehn Uhr.«
    »Schon mal überlegt, sich klonen zu lassen?«
    »Irgendwie habe ich das Gefühl, die Welt braucht mich nicht in doppelter Ausführung«, erwidere ich.
    Ein burgunderroter Streifen links vom Scheitel kontrastiert ihr – heute – rabenschwarzes Haar. Sie trägt hautenge schwarze Hosen, ein knappes T-Shirt und einen blauen Schal, der wie eine Schlinge um den Hals liegt. Ihre Schuhe kann ich von meinem Platz aus glücklicherweise nicht sehen.
    Ich blättere die Telefonnachrichten durch. Eine von Tomasetti, zwei von Auggie, sechs von Kathleen McClanahan. Einen Moment lang kann ich nichts mit dem Namen anfangen, doch dann wird mir klar, dass sie bestimmt Angi McClanahans Mutter ist. »Hat sie gesagt, was sie will?«
    »Sie meinen, außer dass Ihr Kopf rollen soll?«
    Das entlockt mir ein Lächeln. »Da ist sie nicht die Einzige, die das will.«
    »Ich schwör’s, Chief, die Frau kann vielleicht fluchen. Ich hab mich gefühlt wie bei einer Auktion.«
    »Dann haben wir ja was, worauf wir uns freuen können.« Ich gehe rüber zur Kaffeetheke. »Sagen Sie mir Bescheid, wenn alle da sind.«
    »Roger.«
    Ich nehme mir eine Tasse von der Ablage, fülle sie randvoll

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