Tödlicher Absturz: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
braunen Holzlatten des Hoftors saßen zu dicht beieinander, um etwas erkennen zu können.
»Licht brennt schon mal keines«, stellte Kullmer fest und stieg aus. »Ob er vielleicht wieder in Kronberg ist? Aber gemeldet hat sich da ja auch keiner.«
Hellmer rüttelte am Tor, doch es war verschlossen. Er klappte einen schmalen, verrosteten Metalldeckel hoch, der einen ins Holz gefrästen Briefschlitz verschloss. Es quietschte, und einige Metallkrümel rieselten hinab. Offensichtlich war diese Klappe schon lange nicht mehr betätigt worden. Er bückte sich ein wenig, der Schlitz lag in Brusthöhe, und lugte hindurch.
»Bingo, da steht ein Porsche drinnen. Scheiße, ich fass es nicht, der hat einen GT3!«
»Na, neidisch?«, flachste Kullmer. »Dieses Jahr kommt doch der neue Elfer raus, wenn du lieb fragst zu Hause …«
»Halt bloß die Klappe!«, zischte Hellmer und funkelte seinen Kollegen angriffslustig an.
»Schon gut, entspann dich. Wer austeilt, muss auch einstecken können.«
»Dann läute endlich an der Tür und lass uns den Löbler mal rausklingeln«, knurrte Hellmer.
Weder das erste noch das zweite oder dritte Betätigen der Klingel führte zum Erfolg. Hellmer hielt das Ohr lauschend an die Haustür, doch im Inneren des Hauses regte sich nichts.
»Verdammt, nicht das geringste Lebenszeichen«, flüsterte Hellmer, noch immer an das kühle Holz gelehnt.
»Durch so ein massives Teil hörst du eh nichts«, kommentierte Kullmer. »Ich rufe mal die Jungs an und hake nach, ob er bei seinen Parteifreunden eingetroffen ist. Vielleicht ist er ja per Taxi unterwegs, so einen Wahlkampfabend stelle ich mir durchaus als feuchtfröhliche Angelegenheit vor.«
»Ja, mach das mal«, nickte Hellmer, obgleich er wenig Hoffnung hatte.
Kullmer wechselte einige Sätze mit den Streifenbeamten, dann schüttelte er den Kopf. »Keine Spur von ihm. Was jetzt?«
»Jetzt rufe ich ihn noch mal an«, entschied Hellmer, »wenn wir dann nichts erreichen, müssen wir wieder abziehen.«
Er wählte zuerst die Festnetznummer, innen klingelte es einige Male, dann meldete sich die elektronische Stimme des Anrufbeantworters.
»Jetzt das Handy«, murmelte er. »Wenn er es angeschaltet hat, könnten wir es orten lassen. Das können wir heute noch durchboxen, einen Beschluss für das Haus bekommen wir unter Garantie nicht.«
Doch dann zuckten die beiden Männer zusammen. Ganz leise, aber doch in unmittelbarer Nähe, ertönte ein Klingelton, der zweifelsohne von einem Mobiltelefon stammte.
»Das kommt von innen«, stellte Hellmer verwundert fest.
»Warst du das mit deinem Anruf?«
»Wir probieren es einfach noch mal.« Hellmer wählte die Nummer erneut an, und wieder ertönte das Klingeln.
»Wer verlässt denn heute seine Wohnung noch ohne das heilige Handy?«, wunderte sich Kullmer. Die beiden Kommissare sahen einander an, Hellmer erkannte in den Augen seines Kollegen, dass dieser dasselbe dachte wie er.
»Wir gehen rein«, entschied er. »Streng nach Vorschrift?«
»Scheiß auf die Vorschrift«, erwiderte Kullmer und musterte die Haustür. Dann sah er sich um und entdeckte in unmittelbarer Nähe ein gekipptes Fenster.
»Wenn der da drinnen zum Beispiel zuckend rumliegen würde, zählt jede Minute«, sagte er und zog den Mantel aus. »Kreativ gedacht, zugegeben … Aber hier, halt das mal. Die Tür ist massiv, echt antike Qualität, da brech ich mir die Schulter. Aber das Fenster bekomme ich hundert Pro auf, ohne es zu beschädigen.«
»Wäre in deinem Interesse«, kommentierte Hellmer. »Ginge hier was zu Bruch, müssten wir das Haus die ganze Nacht über bewachen lassen, wenn Löbler doch ausgeflogen ist. Berger würde dich eigenhändig kastrieren, also sei bloß vorsichtig.«
Kullmer lächelte nur und stieg auf das Geländer. Er balancierte sich aus, es ächzte, doch zum Glück war es einigermaßen stabil und breit genug für sein Vorhaben. Er beugte sich in Richtung des schmalen, zweigeteilten Fensters, und wenige Augenblicke später vernahm Hellmer ein Knacken, dann knarrte ein Scharnier, und seinem Partner entfuhr ein triumphierendes »Yes!«.
Peter Kullmer zwängte sich durch die schmale Fensterhälfte, landete mit einem dumpfen Poltern auf dem glatten Boden und rieb sich das schmerzende Handgelenk, das er beim Hineinfassen in das gekippte Fenster einmal zu oft verdreht hatte. Für manche Dinge fehlt uns einfach ein Gelenk, dachte er grinsend, wobei es wahrscheinlich besser so war, sonst müsste das Raubdezernat wohl
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