Tödlicher Absturz: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
lange studieren müssen. Drei Treffer in der Suchmaschine, und ich wusste, was uns da erwartet.«
»Abwarten«, gab die Kommissarin zurück und läutete die Türklingel.
»Ja, bitte?«
»Frau von Eisner? Mein Name ist Julia Durant, bei mir ist mein Kollege Frank Hellmer. Wir sind Kommissare bei der Kriminalpolizei und hätten ein paar Fragen«, sprach Julia in die Kamera, die rechts oberhalb der Tür hing und sie im Fokus hatte.
Nachdem die beiden sich vorgestellt und abgelegt hatten, führte Frau von Eisner sie ins Wohnzimmer und wies auf die Sitzecke. Tatsächlich musste Julia Durant ihrem Kollegen teilweise recht geben, denn Sophie von Eisner hatte durchaus jenes herablassende, gönnerhafte Wesen, dazu eine entsprechende Art, sich zu bewegen und zu sprechen, das nur allzu gut in die Schublade einer dekadenten, unerfüllten und etwas weltfremden Dame jenseits der Wechseljahre passte.
»Ich vermute, es hat mit meinem Mann zu tun«, eröffnete Frau von Eisner kühl und ohne Umschweife. Etwas erstaunt bestätigte Julia sie mit einem zustimmenden Nicken.
»Ich hatte den ganzen Vormittag über das Radio laufen. Die Meldung war nicht zu überhören, eine Schande, wenn Sie mich fragen.«
»Wir haben keine Meldung rausgegeben«, erwiderte die Kommissarin, »im Gegenteil.«
»Wer, Sie beide?«, kam unmittelbar darauf die spitzzüngige Frage.
»Nein, ich spreche stellvertretend für das gesamte Präsidium«, gab Julia nicht minder spitz zurück.
»Frau von Eisner«, mischte Hellmer sich ein, um die Situation zu beruhigen, »wir sind sehr darauf bedacht, den Fall mit der notwendigen Diskretion zu behandeln, das dürfen Sie uns glauben. Schon allein aus eigenem Interesse. Jede Berichterstattung, ganz gleich ob Klatschpresse oder seriöser Journalismus, behindert eine laufende Ermittlung, vor allem, wenn die Spekulationen auf nicht bestätigten Mutmaßungen beruhen.«
»Das macht es nicht besser. Mein Mann ist trotz aller angeblich wertfreien Berichterstattung vorverurteilt. Haben Sie den Beitrag gehört?«
»Nein, bedaure.«
»Sie bezeichnen ihn als mutmaßlichen Verdächtigen, der von der Polizei vernommen wurde. Im Unterton klang nach, dass für eine Verhaftung nicht genügend Indizien vorlagen. Kommt das nicht einer Anprangerung gleich?«
Frau von Eisner klang aufgebracht, und Julia ärgerte sich, dass sie die Radiomeldung nicht selbst gehört hatte.
»Mutmaßlich verdächtig ist auch nicht ganz zutreffend«, erklärte sie, »wir haben Ihren Mann natürlich als möglichen Verdächtigen vernommen, über die Berechtigung dazu sollten wir uns dann auch unbedingt unterhalten. Mit dem Begriff ›mutmaßlich‹ wollte der Moderator das vermutlich ein wenig relativieren. Hätte er nur ›Tatverdächtiger‹ gesagt, denken Sie mal, wie das bei den Hörern angekommen wäre. Leider ist es bei den Konsumenten heutzutage so, dass ein Tatverdächtiger in Verbindung mit einer Handvoll Indizien sehr schnell vorverurteilt wird.«
»Das ist Ihre Meinung«, widersprach Sophie von Eisner energisch, »aber dann dürfen Sie auch nicht vergessen, dass quer durch alle Medien sämtliche Verbrecher mit dem Begriff ›mutmaßlich‹ betitelt werden. Bestes Beispiel sind diese RAF-Terroristen, alles mutmaßliche, und jeder weiß genau, welchen Dreck sie am Stecken haben.«
»Na, na«, schaltete Hellmer sich erneut ein, »das scheint jetzt etwas weit hergeholt, auch wenn ich Ihre Bedenken natürlich verstehe. Vielleicht gehen wir mal über zu den Hintergründen und versuchen, ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen. Denn es sind eine Menge Fragen offen, die wir möglichst schnell klären sollten. Morgen früh berichten gewiss alle Zeitungen darüber, wir sollten also in unser aller Interesse brauchbare Erkenntnisse zutage fördern.«
Nicht zum ersten Mal verspürte Julia Dankbarkeit, einen Partner zu haben, der ihr im richtigen Moment die Bälle zuspielte.
»Das klingt doch vernünftig, finden Sie nicht auch?«, nickte sie und lächelte Frau von Eisner aufmunternd zu. Diese schien sich zunächst darauf einlassen zu wollen, ging aber dann erneut in Abwehrstellung.
»Ich werde meinen Mann nicht belasten«, betonte sie mit erhobenen Augenbrauen.
»Das müssen Sie auch nicht«, entgegnete Hellmer. »Uns interessiert aber dennoch, wie der Silvestertag abgelaufen ist, speziell die Mittagszeit, und dann natürlich die zwei Stunden vor Mitternacht.«
»Wieso genau diese Zeiten?«
Julia Durant überlegte schnell und kam zu der Erkenntnis,
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