Tödlicher Absturz: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
dass Frau von Eisner wahrscheinlich noch nichts von dem Handy wusste.
»Oh, Verzeihung, wir sollten natürlich ganz von vorne beginnen«, hakte sie ein. »Würden Sie uns noch einmal sagen, was Sie wissen? Ganz gleich, ob über das Radio oder von Ihrem Mann selbst?«
»Phh, mein Mann«, kam es in einem verächtlichen Impuls, den die Dame sofort zu bereuen schien und rasch korrigierte: »Ich meine, was soll er denn sagen, etwa: Hör zu, die verhaften mich demnächst, weil ich eine Frau getötet haben soll? Wohl kaum.«
»Nein, aber Sie haben die Neujahrsnacht gemeinsam verbracht«, warf Hellmer ein.
»Zum größten Teil zumindest«, erwiderte sie. »Wir und einige Dutzend andere.«
»Und welchen Teil des Abends waren Sie nicht zusammen?«
»Das dürfte ein, zwei Stunden vor Mitternacht gewesen sein. Karl hatte Geschäftsunterlagen hier im Safe liegen lassen. Das kommt häufiger vor«, bekräftigte sie, »in Karls Position nimmt man sich auch gelegentlich Arbeit mit nach Hause.«
»Aha. Er hat diese Unterlagen also just an diesem Abend gebraucht?«
»Ja, ich denke schon. Wissen Sie, es gab einige Gäste aus Fernost, dann natürlich die amerikanischen Partner, was soll ich sagen? Man nutzt einen solchen Empfang eben zur Pflege von Kontakten, und wenn es etwas zu regeln gibt, dann macht man das eben. Business as usual, für mich ist das selbstverständlich, aber vielleicht kann man das als … Außenstehender nicht nachvollziehen.«
Da war sie wieder, diese Überheblichkeit, und Julia biss sich auf die Unterlippe, um nichts Schnippisches zu erwidern.
»Haben Sie die Unterlagen gesehen?«
»Nein, aber ich halte mich aus allem Geschäftlichen raus. Mir gehört ein nicht unbedeutender Anteil an der Firma, doch die Geschäftsführung obliegt meinem Mann und dem Vorstand. Aber, falls es das ist, was Sie wissen wollen, ich habe Karl vor dem Feuerwerk mit einigen seiner Geschäftsfreunde zurückkommen sehen. Sie öffneten eine Flasche Champagner, und wir begossen den Abschluss, dann war auch schon das Feuerwerk, und wir stießen auf das neue Jahr an.«
»Okay, Frau von Eisner, das klingt schlüssig«, nickte Frank Hellmer. »Nun muss ich Ihnen eine sehr persönliche Frage stellen: Liegt es im Bereich des Möglichen, dass Ihr Mann sich in der Zeit seiner Abwesenheit mit jemandem getroffen hat?«
»Sie meinen, ob er eine andere Frau traf?«
»Ja, ich bedaure, das meine ich«, nickte Hellmer. »Wir sprechen immerhin über ein Zeitfenster von bis zu anderthalb Stunden.«
Schweigen. Ein unangenehmer Moment, Julia spürte die Spannung, die in der Luft lag, eine bedrückende Wahrheit, die die hübsche Fassade der ehrenwerten von Eisners bedrohte. Sophie starrte an den beiden Kommissaren vorbei, hinaus in eine unendliche Ferne, und insgeheim schien sie abzuwägen, welcher Wahrheit sie sich nun stellen wollte. Dann plötzlich, wie aus heiterem Himmel, schniefte sie kurz und rieb sich mit dem Handrücken eine Träne aus dem Augenwinkel.
»Hören Sie«, begann sie mit zittriger Stimme. »Das fällt mir jetzt nicht leicht, Sie müssen das verstehen, ich will meinem Mann nicht in den Rücken fallen. Bitte versprechen Sie mir, dass daraus keine Skandalgeschichte wird, wenn ich mich zu Ihrer Frage äußere. Das würde ich nicht verkraften.«
»Frau von Eisner, wir sind nicht die Presse. Uns interessiert nichts als die Wahrheit, und wir veröffentlichen auch keine persönlichen Hintergründe, wenn es die Ermittlung nicht erfordert. Das dürfte in Ihrem Fall wohl kaum notwendig sein«, versicherte Hellmer.
»Gut, aber ich bitte Sie, dann unverzüglich zu gehen, denn es nimmt mich sehr mit, was ich Ihnen nun sagen werde.« Sie schluckte. »Es ist wahr, unsere Ehe wirkt nach außen hin perfekt, und wir halten auch eine gewisse Harmonie aufrecht. Karl und ich haben uns seinerzeit tatsächlich aus Liebe geheiratet, es war keine dieser Fusionen, wie man sie aus Adelshäusern oder so kennt. Aber im Laufe der Jahre«, sie seufzte schwermütig, »nahm alles seinen gewohnten Lauf: Die Leidenschaft ließ nach, das Feuer erlosch allmählich, wie man so schön sagt. Ich wusste natürlich, dass in Karl noch dieselbe Manneskraft steckte, aber ich hätte nicht ertragen, dass er mich vor unseren Freunden brüskiert. Wir trafen also die stillschweigende Übereinkunft, dass ich ihn nicht kontrolliere und er im Gegenzug äußerst diskret vorgehen würde, wenn er tatsächlich das Bedürfnis nach einer anderen Frau verspüren sollte. Aber«, sie
Weitere Kostenlose Bücher