Tödlicher Absturz: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
stockte kurz und schluckte, »dass er es ausgerechnet an Silvester getan hat …« Sie wischte sich eine Träne von der Wange. »Wissen Sie, wir haben uns einst auf einer Silvestergala im Hause meines Vaters kennengelernt.«
Julia Durant überlegte, ob sie nach Sophie von Eisners Hand greifen sollte, das erschien ihr jedoch nicht passend, also reichte sie ihr stattdessen ein Taschentuch und sagte ruhig: »Tut uns leid, Sie damit belasten zu müssen.«
»Schon gut«, seufzte Sophie leise. »Nur bitte gehen Sie jetzt.«
Dienstag, 14.05 Uhr
S o sieht also eine Geschäftswohnung aus«, hatte Julia Durant gemurmelt, als sie mit Frank Hellmer das Appartement im nahe gelegenen Stadtteil Oberrad erreichten. Außen verluden gerade zwei Kollegen ein altes Fahrrad ins Heck eines Kombis, innen begrüßte sie ein von Kopf bis Fuß eingehüllter Platzeck.
»Bitte nicht weiter als hier.« Er wies mit dem Finger auf eine mit grauem Klebeband fixierte Bodenmarkierung. Es war weit genug, dass Julia sich ins Wohnungsinnere strecken konnte, aber sie konnte nicht viel sehen, außer drei weiteren Personen, allesamt in Schutzkleidung.
»Wenn du eines dieser sexy Ganzkörperkondome anziehst, lässt er dich vielleicht auch ins Schlafzimmer«, raunte Hellmer, doch die Kommissarin winkte ab.
»Ich verzichte heute auf eine Besichtigungstour«, sagte sie zu Platzeck, »ist mir zu gefährlich, bei dem ganzen Matsch und Rollsplit hier draußen. Nicht auszudenken, wenn wir hier etwas kontaminieren würden.«
»Ich habe deine versteckte Botschaft verstanden«, nickte Platzeck, »aber keine Angst: Mein Team hat sich hier bestimmt nicht weniger steril hineinbewegt, als es Ärzte vor einer Herz-OP tun würden. Wir machen unseren Job nicht erst seit gestern.«
»Deshalb halte ich mich selbst ja zurück«, sagte Julia schnell, denn der Forensiker klang leicht eingeschnappt, und das konnte sie nicht gebrauchen. »Du weißt ja nur allzu gut, dass es in manchen Fällen die Stecknadel im Heuhaufen ist, die einen Fall entscheidend voranbringen kann. Vielleicht erinnerst du dich an die Sache mit den drei abgebrannten Streichhölzern … Mensch, das ist sicher schon zehn Jahre her. Das war eine tolle Leistung deiner Abteilung. Ich befürchte, so einen Durchbruch benötigen wir heute wieder.«
»Kann schon sein«, bestätigte Platzeck, und Julia entging nicht das kurze geschmeichelte Lächeln, das unter seinem Mundschutz über das Gesicht huschte. »Aber vergiss nicht, wir sind innen, das bedeutet: keine Umwelteinwirkungen, die eventuelle frühere Spuren zunichtegemacht haben. Dabei lasse ich Staubsauger, Putzlappen oder schlimmstenfalls eine Teppichreinigung einmal außer Acht. Frische Körpersekrete bereiten uns natürlich keine Schwierigkeiten, aber alles, was wir hier sonst noch finden dürften, können wir nur schwer chronologisch einordnen. Zwischen zweimonatigem und zweijährigem Spermafluid gibt es kaum einen Unterschied, das Gleiche gilt in der Regel auch für Haare.«
»Es sind nicht unbedingt die DNA-Spuren, die ich meine«, präzisierte Julia. »Das Opfer wurde gewürgt und geschlagen, unklar ist, womit. Flog sie vielleicht irgendwo dagegen, gibt es Splitter, stehen Möbel anders, solche Dinge. Hast du den Eindruck, dass hier seit Neujahr geputzt wurde?«
»Sieht nicht so aus. Auf der Kommode stehen eine Champagnerflasche und zwei Gläser, das Bett ist zerwühlt, Spuren von Geschlechtsverkehr und etwas Blut. Ich frage mich, weshalb man einen Ort derart wüst hinterlässt, aber dieser Frage müssen zum Glück nicht wir nachgehen.« Er zwinkerte und fuhr fort: »Nun, so kommen wir wenigstens bezüglich der Silvesternacht ein wenig voran. Die Blutstropfen: Es sind runde Flecke, also keine Spritzer. Demnach dürften sie nicht durch einen Schlag oder während des Geschlechtsaktes auf das Laken gelangt sein, dafür sind sie einfach zu gleichmäßig. Das ist aber nur eine erste Hypothese. Es gibt im Haus kein Überwachungssystem und auch keine Schließanlage. Es ist uns demnach nicht möglich zu sagen, ob nach der Neujahrsnacht jemand die Wohnung betreten hat oder nicht, bedaure.«
»Okay, danke, dann sucht mal weiter. Fordere nur jede Unterstützung an, die du gebrauchen kannst. Ich vertrete das gegenüber Berger. Ich will wissen, ob diese Wohnung der Tatort eines Verbrechens an Lara Emmels war, und falls ja, was man ihr genau angetan hat.«
»Und wer es getan hat«, ergänzte Hellmer, dann verließen sie die Wohnung über den
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