Tödlicher Ausweg: Thriller (German Edition)
der Anwaltskammer seines Bundesstaats aktuelle Kontaktdaten hinterlassen. »Hast du auf der Website der Anwaltskammer nachgesehen?«
»Dort ist sie nicht mehr gemeldet.«
»Verdammt«, sagte ich und runzelte die Stirn. »Kann in diesem Fall nicht mal irgendetwas glattlaufen?«
»Offenbar nicht«, antwortete Bailey. »Sie taucht auch in keiner anderen Datenbank auf, weder unter ihrem Mädchennamen noch unter dem ihres Mannes.« Sie seufzte.
»Sieht ganz danach aus, als ob diese Frau nicht gefunden werden möchte«, stellte ich fest.
Bailey nickte.
Nach den ewigen Mühen, die wir hatten, um Simons Identität herauszufinden, hatte uns das gerade noch gefehlt.
»Wollen wir über den Messerstecher reden?«, fragte Bailey.
»Bitte.« Ich war froh, das Thema wechseln zu können. »Ich würde mir gerne die Videoaufzeichnung noch einmal anschauen, um sicherzugehen, dass es ein Mann war«, sagte ich. »Wenn wir mal annehmen, dass es einer war, dann könnte es ein barmherziger Samariter gewesen sein …«
»Der zufällig bewaffnet und im rechten Moment zur Stelle war«, bemerkte Bailey trocken.
»Und auch nicht dortblieb, um der Polizei mitzuteilen, dass er eine Dame in Not verteidigt hat. Das ist in der Tat sonderbar«, stimmte ich zu. »Natürlich besteht die Möglichkeit, dass er sie tatsächlich verteidigt hat, dann aber nicht die Polizei rufen wollte, weil er selbst Ärger hat.«
»Warum ein Risiko eingehen, wenn er doch sauber aus der Sache rauskommen konnte?« Bailey dachte einen Moment nach. »Wahrscheinlich ist das nicht, aber möglich wäre es schon.«
»Und dann wäre es auch möglich, dass Lilah nichts mit dem Mord zu tun hat«, sagte ich. »In diesem Fall wäre es sogar fraglich, ob sie den Mann überhaupt identifizieren könnte … falls wir sie denn je finden.«
Bailey runzelte die Stirn. »Wenn ich mich recht entsinne, wirkte es auf dem Video so, als hätte der Mörder nicht wissen können, dass Simon ein Teppichmesser dabeihatte. Simon hat Lilah mit einer Hand gepackt. Die andere Hand hatte er in der Tasche.«
»Richtig. In diesem Fall hätte es der Mörder definitiv auf Simon abgesehen …«
»Was bedeutet, dass er und Lilah unter einer Decke stecken«, beendete Bailey meinen Gedanken.
In diesem Augenblick brachte der Kellner unser Essen. Die Düfte, die vom Teller aufstiegen, ließen uns das Wasser im Munde zusammenlaufen und erstickten jeden vernünftigen Gedanken. In den nächsten Minuten herrschte Stille. Irgendwann musste ich nach Luft schnappen und trank einen Schluck Wein.
»Nach allem, was wir derzeit wissen, deutet also einiges darauf hin, dass Simons Mörder mit Lilah unterwegs war«, sagte ich. »Das bedeutet, dass er Simon entweder auf ihre Bitte hin erstochen hat oder dass er wusste, dass Simon sie bedroht.«
»Physisch oder juristisch?«, fragte Bailey.
»Beides vielleicht«, antwortete ich. »Simon war vollkommen von der Rolle. Wenn er das Vertrauen ins Rechtssystem verloren hat, dann hat er vielleicht beschlossen, selbst Rache zu nehmen und Lilah eigenhändig umzubringen.« Ich machte eine Pause und dachte nach, bevor ich schließlich weiterredete. »Vielleicht hat Simon auch noch irgendetwas über den Mord an Zack herausgefunden. Irgendetwas, das gut genug war, um das Bundesgericht doch noch für den Fall zu interessieren.«
Bailey wirkte skeptisch. »So wie sich Rick und Larry in den Fall reingekniet haben, würde ich bezweifeln, dass es da noch etwas zu entdecken gab.«
»Mag sein«, sagte ich. »Lilah – oder ihr Kumpel – konnten sich da aber nicht sicher sein. Simon war Zacks Bruder. Wer weiß, wozu er so alles Zugang hatte.«
Ein paar attraktive Männer, die hinter Baileys Rücken zu einem Tisch gingen, zogen meine Aufmerksamkeit auf sich. Meiner Meinung nach waren sie zu gepflegt und zu durchtrainiert, um hetero zu sein, und ich fragte mich, warum sich Heteros nicht öfter ein Beispiel an Schwulen nahmen. Ich sah gerade rechtzeitig wieder zurück, um Bailey dabei zu erwischen, wie sie sich ein Stück von meinem Huhn schnappte. Sollte sie doch.
Sie zögerte, die volle Gabel in der Hand. »Willst du mich denn gar nicht zum Duell fordern?«
»Nein« sagte ich und winkte ab. »Das schulde ich dir.«
»Als wäre das je ein Maßstab für dich gewesen«, sagte sie, steckte den Bissen in den Mund und kaute.
Ich winkte den Kellner herbei.
»Darf ich Ihnen noch etwas bringen?«, fragte er.
»Ja bitte«, sagte ich und bedachte Bailey mit einem sadistischen Lächeln.
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