Toedlicher Gesang
ihr Zimmer wieder verlassen
durfte, andererseits waren sie beruhigt, dass Aqua wegen ihrer Verletzungen
ebenfalls eine Weile nicht aus ihrem Zimmer konnte. Wie sie bisher beobachten
konnten, war ja keine der beiden alleine unterwegs, also hatten sie Zeit etwas
zu unternehmen, bis Aqua wieder fit war. Vermutlich war sogar genau das Kiras
Ziel gewesen; Zeit schinden. Wobei Zeit in diesem Fall kein Geld, sondern Leben
kostete. Denn wieder war einer ihrer Mitschüler verschwunden, er kam einfach
aus dem Wochenende nicht zurück. Wie sich herausstellte, war er nie bei seinen
Eltern angekommen.
Nach dem Unterricht gingen
Dascha und Emily auf ihr Zimmer, holten Daschas Laptop und gingen zum Strand,
um in ihrem Teil des Wracks weiter Informationen zu sammeln. Als sie ihren Raum
betraten, fiel ihnen ein kleiner Brief auf, der unter ihrer selbst
zusammengezimmerten Bank hervorschaute. „Hoffentlich nicht noch so eine
sinnlose Drohung“, nuschelte Dascha und öffnete den diesmal nicht beschrifteten
Umschlag. Es war aber nur eine Nachricht von Kira, dass sie die Zeit gut nutzen
sollten. „Das machen wir doch glatt“, sagte Dascha und fuhr ihren Laptop hoch.
„Ok, was sollen wir zuerst suchen?“, fragte sie dann. Emily dachte kurz nach.
„Am besten fangen wir mit dem Ersten, an was du finden kannst und zum Thema
Meerjungfrauen gehört. Wenn wir lange genug alles genau durchwühlen finden wir
bestimmt was Nützliches“, sagte sie dann. Dascha suchte nicht lange. „Also als Erstes
treffe ich hier auf Fälschungen. Sachen gibt es, das sag ich dir, die sollte es
nicht geben. Wusstest du, dass grade auf den Philippinen vermehrt sogenannte „Taxidermische
Fälschungen“ an Touristen verkauft werden? Dafür nähen die Affenoberkörper auf
Fischflossen, oder bauen Knochengerüste und ziehen Haut drüber und so was. Eine
solche Fälschung hat´s sogar in ein Museum geschafft, wo es als echte
Meerjungfrau ausgestellt wurde. Erst im Jahr 2004 hat sich herausgestellt, dass
es einfach nur eine verdammt gute Fälschung war! Kam sogar groß in den
Nachrichten und stand in allen Zeitungen. Ich habe hier auch unzählige Videos
gefunden mit angeblichen Meerjungfrauen darauf, aber das meiste sind Bilder,
die ich auf den Seiten mit den Fälschungen schon gesehen habe. Hier ist nur ein
Interessantes dabei, aber mit einer schlechten Kamera an einem vermüllten
Strand gefilmt ... allerdings sieht diese vertrocknete Meerjungfrau tatsächlich
ziemlich echt aus, schau mal“, sagte Dascha und drehte den Laptop zu Emily.
Diese schauderte. Auf dem Video lag eine tote Meerjungfrau zwischen ein paar
umgefallenen Bäumen und Ästen. Ihr Oberkörper war leicht nach oben gebeugt,
sodass man ihr Gesicht sehen konnte. Leere Augenhöhlen starrten nach da, wo das
Meer war. „Also da hofft man glatt, dass das keine Fälschung ist. So echt, wie
die aussieht, wurde sonst ein menschlicher Oberkörper genommen ...“ „Also ich
würde sie glatt für echt halten, sieh doch mal. Sie hat ganz helle Haare,
spricht dafür, dass dort wo sie herkommt, nicht viel Sonne ist. Ihre Nase ist
ganz klein und flach, die dürfte beim Schwimmen nicht stören. Auch ihre
Oberweite“ -Dascha tippte auf den Bildschirm - „Ist flach, stört also beim
Schwimmen nicht. Und da wo die Rippen sind, sieht man etwas, was Kiemen sein
könnten“, schloss Dascha ihren Vortrag. Sie drückte Emily Block und
Kugelschreiber in die Hand, dann nahm sie ihren Laptop zurück und schaute
weiter. „Also mythologisch sind Meerjungfrauen eigentlich schon immer vertreten
gewesen, überall auf der Welt und definitiv auch unabhängig voneinander. In der
Odysseus Sage besiegen Odysseus und seine Leute die Sirenen dadurch, dass sie
sich die Ohren verstopften und einfach an ihnen vorbeisegelten. Angeblich
fielen die Sirenen daraufhin tot ins Meer. Naja, auf unsere Ligeia traf das
wohl nicht zu. Jetzt wissen wir zumindest, was von der Geschichte zu halten ist.
Statuen finden sich auch überall auf der Welt, angefangen in Dänemark, wo auch
das Märchen "Die kleine Meerjungfrau" geschrieben wurde bis nach
Thailand. Interessant finde ich die Theorie, dass die Meerjungfrauen deshalb
überall auftauchen, weil sie zur Paarungszeit wandern. Das würde erklären,
warum die beiden gerade jetzt hier auftauchen, es ist auch grad bei den Fischen
und Vögeln Wanderungszeit. Übrigens wollen sogar Christoph Kolumbus und seine
Männer auf dem Weg zu dem, was wir heute Amerika nennen, Meerjungfrauen gesehen
haben.
Weitere Kostenlose Bücher