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Tödlicher Ruhm

Tödlicher Ruhm

Titel: Tödlicher Ruhm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Elton
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schüttelte, weil sie auf dem geschnittenen Video, das er sich ansah, kurz im Bild war... nie im Leben hätte Peeping Tom dieses spöttische, hochnäsige kleine Mittelklasse-Grinsen ausgelassen. Coleridge war schnell klar, dass Peeping Tom unbedingt anti-intellektuell erscheinen wollte.
    »Wir sehen uns selbst als Spanner des kleinen Mannes«, wurde Geraldine in dem Artikel zitiert. Offenbar hielt auch sie Layla für eine eingebildete, humorlose Mittelklasse-Zicke, denn genau so war sie im Videoschnitt dargestellt.
    Coleridge fluchte in Richtung Bildschirm. Er hatte Jazz im Auge gehabt, er wollte Jazz sehen, aber eines der größten Handicaps seiner Ermittlungen bestand darin, dass er sich nur ansehen konnte, was Peeping Tom ihm gerade zeigte, und Inspector Coleridge hatte etwas ganz anderes im Sinn als Peeping Tom. Die Leute von Peeping Tom wollten etwas, das sie »Großes Fernsehen« nannten. Coleridge hingegen suchte einen Mörder.
    Jetzt zeigte die Kamera wieder Garry und seine Hoden.
    Coleridge hielt Garry nicht für den Mörder. Er kannte Garry. In seinen langen Jahren im Streifendienst hatte er jeden Samstagabend zwanzig Garrys eingebuchtet. Die Garrys dieser Welt waren alle gleich — laut, selbstgefällig, großspurig. Coleridge dachte daran, wie Garry vorgestern Abend ausgesehen hatte, kurz nach dem Mord. In diesem Moment hatte Garry gar nicht mehr so großkotzig gewirkt, sondern eher kleinlaut.
    Coleridge kannte Garry. Garrys brachen Schlägereien vom Zaun, aber sie ermordeten niemanden, es sei denn, sie hatten großes Pech oder saßen betrunken am Steuer. Natürlich mochte Coleridge diesen aufgepumpten, tätowierten Cockney-Gockel nicht, aber er hielt ihn auch nicht für bösartig. Er hielt ihn nicht für jemanden, der sich von hinten an einen Mitmenschen heranschlich, ihm ein Messer in den Hals stach, es wieder herauszog, um es ihm anschließend tief in den Schädel zu rammen.
    Coleridge glaubte nicht, dass Garry so etwas tun würde. Aber andererseits hatte sich Coleridge auch schon geirrt, schon oft sogar.
    Die Zuschauer hielten Garry ebenfalls nicht für den Mörder. Er war einer ihrer Lieblinge. In den Boulevardblättern wurde »Gazzer, der Macker« von Anfang an als heißer Tipp für den Sieg in diesem Spiel gehandelt, bevor daraus ein Mordfall geworden war, und er stand so gut wie nie oben auf der Liste, wenn die Medien Vermutungen hinsichtlich der Identität des Mörders anstellten.
    Coleridge lächelte vor sich hin, ein trauriges, etwas überhebliches Lächeln. Die einzige Sorte Lächeln, zu der er dieser Tage fähig schien. Die Zuschauer kannten Gazzer nicht wirklich. Sie glaubten es, aber das war nicht der Fall. Man hatte ihnen nur seine besten Momente gezeigt, seine munteren Einzeiler, sein entnervendes Talent, Leute bloßzustellen, die er für Snobs oder Klugscheißer hielt, seine gnadenlose, hämische Freude daran, die eitle, aufgeblasene Layla hochzunehmen. Und das dicke, klobige Schwanzende, das einmal kurz zu sehen war, als es ihm aus seinen Shorts hing. Ein Bild, das umgehend seinen Weg auf T-Shirts gefunden hatte, die es auf dem Markt in Camden Lock zu kaufen gab.
    »Ab in die Falle, Zyklop!«, hatte Garry gerufen, als spräche er mit einem Hund, ehe er sein vorwitziges Glied wieder in die Hose schob. »Tut mir Leid, Mädels, aber ich trag eben nichts drunter. Davon schwitzt mein Liebesmöbel.«
    Mehr bekamen die Zuschauer von Garry nicht zu sehen, nur vorgekaute Häppchen eines grundehrlichen, aufrechten Burschen mit gesundem Menschenverstand, und sie liebten ihn dafür.
    Auf dem Bildschirm hatte Garry — genau wie der für den Videoschnitt verantwortliche Redakteur — Laylas skeptische Reaktion auf seinen Sermon über Rassenunterschiede wohl bemerkt, und da er ahnte, dass sicher gleich irgendein Snob oder Klugscheißer darauf reagieren würde, hatte er beschlossen, sein Argument näher zu erläutern.
    »Stimmt doch!«, protestierte er und lachte über Laylas Unbehagen. »Ich weiß, dass man es nicht sagen soll, aber scheiß auf die bekackte >Political Correctness<. Ich mache Jazz ein Kompliment. Schwarze sind schneller und stärker. Das ist bewiesen. Seht euch die Boxkämpfe an, die Olympiade. Meine Fresse, die weißen Affen sollten eine Medaille dafür kriegen, dass sie sich überhaupt trauen mitzumachen! Und bei den Bräuten ist es noch schlimmer. Habt ihr mal gesehen, wie die schwarzen Hühner rennen? Ein halbes Dutzend verdammte Ebenholz-Amazonen flitzen im Pulk über die

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