Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödlicher Steilhang

Tödlicher Steilhang

Titel: Tödlicher Steilhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
Vom Netzwerk:
würden sich versöhnen, sie durfte als Ehefrau jede Aussage verweigern. Aber den Sanitätern gegenüber hatte sie bestätigt, dass die Tische Tilles Oberschenkel durchschlagen hatten, und die Würgemale waren offensichtlich.
    Georg reihte sich in die Schlange vor dem Kiosk ein, in der Hoffnung, einen Kaffee zu ergattern, bevor er ausging. Er war gerade dabei, Patrick Albers das Geschehene zu erzählen, als zwei Bekannte auf ihn zutraten.
    »Da steht ja unser Freund, der Rächer der Witwen und Waisen«, sagte der Wikinger mit Blick auf Patrick. »Jetzt gibt’s gleich was aufs Maul, Hellberger, aber richtig.«
    Sie waren also auch nicht untätig geblieben und hatten seinen Namen rausgekriegt. Wer hatte sie informiert, der Bauunternehmer oder Manfred? Mit diskreter Beobachtung war es vorbei. Es war sowieso fast alles vorbei, und zum ersten Mal in seinem Leben verspürte Georg Lust, sich richtig zu prügeln, es war die Lust, die Fairness des Judo und alles, was er an Regeln gelernt und artig befolgt hatte, zu vergessen. Konfliktvermeidung war seine Devise gewesen, aber jetzt glaubte er, dass ein Maß an Konflikten erreicht war, dem er nicht mehr Herr wurde, das selbst seine in Jahren erworbenen Fähigkeiten zur Konfliktvermeidung überstieg. Doch die Sicherung funktionierte, als hätte ein Fremder sie eingeschraubt, und er schämte sich, dass er neulich ohne Warnungeinen der Wächter von COS auf den Boden geschickt hatte.
    Er erhob beschwichtigend die Hand. »Ich möchte Ihnen vorher noch den Ringrichter vorstellen.« Seine Worte klangen wie die eines Fremden. »Es ist Kommissar Wenzel von der Kripo aus Wittlich. Oder kennen Sie sich bereits?«
    »Er blufft …«, meinte der Wikinger und blieb vorsichtshalber stehen.
    »Tut er nicht, da hinten steht der Bulle, der Kleine mit der Flasche in der Hand«, meinte sein Kumpel.
    Georg machte große Augen. »Dann hatten Sie bereits das Vergnügen?«
    Die beiden drehten sich langsam um und gingen zu den Motorrädern, Georg ging ihnen nach, Patrick hielt den Platz in der Schlange und schrieb die Nummern auf.
    »Es ist nur wegen der Prügelei neulich auf der Terrasse, wegen der Kanalisation und meines Wagens und der Fingerabdrücke auf dem Baseballschläger.«
    »Ich habe Handschuhe getragen, du Wichser«, sagte der Wikinger und kniff die Augen zusammen. »Beweisen kannst du nichts. Einen guten Rat habe ich trotzdem: Verpiss dich von hier. Lass dir nicht einfallen, in der Gegend zu bleiben, auch wenn du im Moment im Vorteil bist. Auf Dauer verlierst du. Wir finden dich – und dann bist du dran.«
    »Wir werden uns besser aneinander gewöhnen, meine Herren, ich habe vor zu bleiben.« Georg wunderte sich über diese Worte, er wunderte sich, dass er sie ausgesprochen hatte. »Vielleicht denken Sie mal darüber nach, welches Alibi Sie Ihrem Kumpel für die Zeit des Todes von Helmut Menges geben.«
    Da Manfred die Säge entgegengenommen hatte, mussten sie im Weinberg gewesen sein und die Arbeit gemacht haben.
    Er ging zurück und nahm seinen Platz in der Schlange wieder ein. Was habe ich da eben gesagt?, fragte er sich. Soklar habe ich das nie zuvor gedacht. Ich will bleiben? Drei Worte … und was ist mit den Mädchen? Nein, allein ihretwegen musste er zurück nach … unmöglich, in Hannover lief nichts mehr, er konnte und wollte nicht zurück, nur nach vorn. Wo aber war das?
    »Hier, Ihr Kaffee«, die Bedienung drückte ihm den Pappbecher in die Hand. »Macht zwei fünfzig!«
    Gedankenverloren gab Georg ihr einen Fünf-Euro-Schein, drehte sich um und schaute sich nach Wenzel um.
    »Danke.«
    Danke? Wofür? Er hatte längst vergessen, dass er der Bedienung das Geld gegeben und Patrick stehen gelassen hatte.
    Georg setzte sich ins Gras und starrte den Milchschaum im Pappbecher an. Ließ sich auch daraus die Zukunft vorhersagen wie aus Kaffeesatz? Er fühlte sich wie ein Reifen, aus dem die Luft entwich, weich und wabbelig. Als sich das bekannte Gefühl der Leere ankündigte, sah er auf. Vor ihm stand Frau Albers mit ihrem Sohn.
    »Patrick hat mir einiges auf die Schnelle erzählt. Können Sie wiederholen, was meine Schwester gesagt hat? Hat sie ihn wirklich angestiftet?« Frau Albers kämpfte mit den Tränen. »Unfassbar, mein Schwager hat ihn …?«
    »Nein, nicht direkt«, sagte Georg, wobei er nicht sicher war. Doch welcher Abgrund tat sich auf, wenn es wirklich so gewesen war? »Tille sah sich durch ihre Unzufriedenheit dazu getrieben. Es muss im Affekt geschehen sein, es

Weitere Kostenlose Bücher