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Tödlicher Steilhang

Tödlicher Steilhang

Titel: Tödlicher Steilhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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eine Goldgrube ist. Pünderich liegt auf der Gleithangseite, das ist die flache Seite, wo die Mosel einen Bogen macht. Da stehen die Wohnwagen und die Camper von den Belgiern und den Holländern. Den Platz hat Albers’ Schwager gepachtet, da ist auch sein Imbiss.« Klaus rümpfte die Nase. »Bei der falschenWindrichtung stinkt es meilenweit nach Pommes, ich hab’s erlebt, grauenvoll. Rüdiger, also der Sohn von Albers, meinte, der Gestank verdirbt ihm noch die Trauben auf der anderen Moselseite, unterhalb der Marienburg, wo die Fähre anlegt. Da hat Albers einen Weinberg. Wegen des Gestanks, der bis zum Restaurant zieht, gab es in der Familie auch Krach, Rüdiger hat’s mir erzählt.« Klaus verzog das Gesicht. »Aber bei dem Streit mit dem Chef ging es um die Parzelle am Schlossberg. Da haben wir gestern gearbeitet.«
    Klaus nahm den Schlauch wieder auf und ging weiter. »In der Bude vom Schwager gibt’s nur Pommes mit Schnitzel und Schnitzel mit Pommes und Tomatenketchup aus der Literflasche  – und gebratene Hähnchen. Wenn Sie wollen, kann ich Sie mal mitnehmen.«
    »Danke«, sagte Georg, »sehr appetitanregend. Das steht nicht unbedingt auf meinem Speiseplan, und wenn ich fahre, ziehe ich das Auto Ihrem Sozius vor. Wie ist das Essen in der ›Goldenen Gans‹?« Er überlegte, sich dort umzusehen, wenn die Windrichtung stimmte.
    »Es soll gut sein, habe ich gehört, Albers’ Rieslinge sind es auf alle Fälle, die habe ich probiert. Er verkauft sie auch in seinem Restaurant. Der Chef meinte, dass er alles selbst trinkt, aber er war kein Alkoholiker, er trank selten, aber dann heftig, das hat mir Rüdiger erzählt. Er ist der jüngere der beiden Brüder, wir sind gleich alt, er ist mit dem Abi fertig, wenn ich die Lehre hinter mir habe, er will in Geisenheim Önologie und Weinbau studieren. Über seinen Vater hat er sich nie beklagt, der Bruder auch nicht. Zur Beerdigung gehe ich auf jeden Fall. Kommen Sie mit, dann lernen Sie die Leute kennen.«
    Als er Georgs ablehnende Miene sah, schüttelte er den Kopf. »Ist wohl keine gute Idee, hier an der Mosel mit einer Beerdigung anzufangen, was?« Als sie wieder nach unten gingen, fuhr Klaus mit seinen Erklärungen fort, es machte ihm Spaß, Georg »einzuweisen«, so fasste er es auf.
    »Die Gäste der ›Goldenen Gans‹ sind total anders als die Camper, die gehen sich aus dem Weg, und die vom Campingplatz kaufen ihre Weine nicht bei den Winzern hier, die kaufen ihre Weine bei Aldi und Lidl, da ist es billiger, außerdem sind sie den Geschmack gewohnt.« Er verzog angewidert das Gesicht. »Ich finde es übrigens völlig daneben, wenn jemand den Chef verdächtigt. Albers ist ertrunken, was sonst? Hier ertrinken jedes Jahr welche.«
    »Und was macht Sie so sicher, dass der Chef nichts damit zu tun hat?« Georg war durchaus gleicher Ansicht, aber er wollte die Argumente des Jungen hören.
    Klaus reagierte ehrlich empört. »Der Chef ist ein anständiger Mensch. Er braucht keine Gewalt, um Probleme zu lösen, und er ist auch nicht in Sachen verwickelt, wo man anderen was aufs Maul haut oder schlimmer. Wieso interessiert Sie das eigentlich?«
    Georg war sich über sein Interesse im Unklaren. Der plötzliche Aufbruch nach Italien, Sauters Aussage, den Ertrunkenen kaum zu kennen, die Art, wie er darüber hinweggegangen war, und das Auftauchen der Polizei hatten ihn aufgeschreckt. Er versuchte, sich seinen Zwiespalt nicht anmerken zu lassen.
    »Ich weiß einiges über Polizeiarbeit, und ich glaube nicht an die sogenannte Routine, außer dass sie alle Bekannten abklappern und hoffen, irgendwo einen Hinweis zu finden, den sie selbst nicht kennen. Und da Ihr Chef mich hierher eingeladen hat, fühle ich mich … ja … angehalten … nein, irgendwie … verpflichtet, zu klären, dass er nichts damit zu tun hat.«
    In diesem Moment erschien Bischof, und schnell wechselte Georg das Thema.
    »Gibt’s in Pünderich einen Winzer, den zu besuchen es sich lohnt, wo man was richtig Gutes probieren kann?«, fragte er.
    »Busch, Clemens Busch, ein Ökowinzer. Nehmen Sie mich mit? Ich würde gerne …«
    Bischof unterbrach ihn. »Wir werden zur Abwechslung mal arbeiten!«, sagte Bischof grob. »Den Nachmittag über machen wir Laubarbeit, wir sind längst nicht fertig. Quatschen könnt ihr nach Feierabend. Bei dem Regen wachsen die Reben wie verrückt …«
    Das Plauderstündchen war beendet.

    An diesem Abend war Georg genauso müde wie tags zuvor, aber er legte sich nach Feierabend

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