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Tödlicher Steilhang

Tödlicher Steilhang

Titel: Tödlicher Steilhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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der Mutter jedes Wort.
    Rose war anders  – still, verschlossen, tat unbeteiligt, das war ihr Schutz, und ohne Aufhebens davon zu machen, verfolgte sie geradlinig ihre Interessen. Sie würde am meisten unter der Trennung leiden. Er musste sie anrufen, er musste den Kontakt halten, er musste wissen, wie es ihnen ging. Wie aber sollte er erklären, was er tat, wo er war? Sie würde nicht fragen … und er würde ihr sagen, dass es ihm gut gehe. Sie würde wissen, dass es geschwindelt war; gelogen  – das war ein zu hartes Wort für sie.
    Auf dem Rückweg läutete sein altes Telefon, Beethovens 5. Sinfonie. Dr. Schütz, sein Anwalt, wollte ihn sprechen. Georg fuhr den Polo an den Straßenrand, er hatte keine Freisprechanlage.
    »Ich habe gute Nachrichten, Herr Hellberger. Wir haben einen Teilerfolg errungen. Die fristlose Kündigung wurde in eine fristgerechte umgewandelt, die Firma verzichtet selbstredend in Zukunft auf Ihre Dienste. Nur, wie im Vertrag festgelegt, dürfen Sie drei Jahre lang für kein anderes Unternehmen der Branche arbeiten. Die Strafe wäre drastisch. Mein Rat: Tun Sie’s nicht. Wir hätten schlechte Karten. Außerdem hat COS eine Abfindung in Aussicht gestellt.«
    Georg nahm die Information ungerührt zur Kenntnis. »Es ist ein Schachzug, einfach nur ein Manöver«, sagte er.
    »Sie sollten das als positives Ergebnis unserer Bemühungen sehen, Herr Hellberger. Es macht Ihnen das Leben leichter. Man kommt uns entgegen. Wir haben erreicht, was wir wollten.«
    »Sie freuen sich zu früh, Herr Dr. Schütz. Die wollen etwas von mir, das ich zu geben nicht bereit bin. Ich rück es nicht raus. Sollten sie es bekommen, werden sie sofort sämtliche Angebote zurückziehen.«
    »Was wollen Sie? Die Gegenseite vorführen? Eine persönlicheWiedergutmachung? Die erhalten Sie niemals. Die Dinge sind geschehen, damit müssen Sie leben.«
    »Man will mich kaufen. Im Heimatland von COS kann man Leute einfach verschwinden lassen, man tötet mit Kugeln, bei uns ist es noch nicht so weit. Hier bringt man Leute mit Geld zum Schweigen.«
    »Sie sollten das nicht so verbissen sehen.«
    »Sicher hat COS meine Ehefrau darüber informiert, sie wird sofort auf den Zugewinnausgleich drängen. Sollte ich es verheimlichen, hätte sie eine Handhabe, juristisch gesehen, um mich anzugreifen, ich glaube, dass man darauf setzt.«
    »Sie unterstellen immer nur böse Absichten.«
    »Wenn es nicht so wäre, bräuchte man keine Leute wie Sie und mich. Eigentlich hatte ich geglaubt, die Warnungen von Ihnen zu hören. Ist der Umschlag noch da?«
    »Selbstverständlich, weshalb?«
    »Dann legen Sie ihn in den Tresor. Es geht nur darum!«
    »Wenn Sie das so sehen… und was sage ich zu dem Angebot?«
    »Ist es an Bedingungen geknüpft?«
    »Nein …«
    »Dann können wir doch akzeptieren!«
    »Das sehe ich ähnlich. Wann kommen Sie zurück?«
    Georg wusste es nicht. »Der Fall ist nicht durchgestanden, ich kenne Jason Baxter, der gibt nicht auf, bis er kriegt, was er will.«
    »Wann kommen Sie zurück? Wo sind Sie?«
    »Irgendwann. Schicken Sie mir keine Mail. Ich fürchte, ich habe einen Trojaner oder Spyware auf dem Laptop. Schicken Sie alles per Post ans Weingut Sauter« – er nannte die Adresse –, »und rufen Sie mich nicht mehr unter dieser Nummer an, die neue bekommen Sie noch heute.«
    War er zu barsch gewesen? Immerhin vertrat Dr. Schütz seine Interessen, aber nicht einmal ihm traute er ganz. Baxter konnte ihm ein Angebot gemacht haben, was nur einDummkopf ausschlagen würde. Georg wartete, bis die Landstraße frei war, und fädelte sich ein. Nach zwei Minuten Fahrt durch hohen Wald erreichte er den Kreisverkehr am Fluss, überquerte die Brücke und bog am jenseitigen Ufer rechts ab. Im Minisupermarkt kaufte er einige Flaschen Wasser, Kaffee, Tee, Zucker und Schokolade, er nahm eine der teuren Tafeln, denn die billigen schmeckten so nichtssagend wie die meisten Weine aus dem Supermarkt. Wenn man den Unterschied kannte, kam vieles nicht mehr in Frage. Das war bei Menschen nicht anders.
    In der Touristeninformation einige Häuser weiter besorgte er sich alles, was an Informationen über die Geschichte von Zeltingen-Rachtig vorhanden war, und blieb auf der Uferwiese gegenüber stehen. Er fühlte sich nach der kurzen Zeit hier bereits ein wenig heimisch; als er die Brücke überquert hatte, war dieses Gefühl entstanden. Und er fand, dass die Mosel jeden Tag ein wenig anders aussah. Heute war es dunstig, der Himmel verhangen,

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