Tödlicher Vatertag
Gestalt entlang bis zu den Füßen. »Sie scheinen ausgerutscht zu sein, Herr Sinclair.«
»Das passiert hin und wieder.«
»Verstehe schon. Wenn Sie speisen wollen«, er schaute auf seine Uhr, »ab 19.00 Uhr.«
»Danke.«
Ich ging weiter. In der Tat kam ich mir in meiner schmutzigen Kleidung deplaziert vor, aber daran war nun nichts mehr zu ändern. Im Foyer sah ich eine Bekannte in einem der Ledersessel sitzen. Es war Evelyn Binussek. Sie blätterte desinteressiert in einem Modemagazin, als Beschäftigungstherapie.
Sie sah mich auch und stand auf. »Gibt es etwas Neues?« fragte sie.
»Ja.«
»Was denn?«
Da sie ziemlich laut gesprochen hatte, legte ich einen Finger auf meine Lippen.
»Ach so, ja.« Sie verstand das Zeichen. Ich führte sie in einen der beiden Aufenthaltsräume, wo sich auch die halbrunde Bar und der Kamin befanden. Auch ein Klavier stand dort.
Niemand spielte. Erst am Abend würde der Musiker erscheinen. Da ich mich mit meinen schmutzigen Sachen nicht setzen wollte, blieben wir stehen. Gespannt schaute mich Mrs. Binussek an.
»Wo sind ihre beiden Freundinnen?« erkundigte ich mich.
»In ihren Zimmern. Ich wollte auch hoch und mich umziehen. Aber Sie wissen doch etwas Neues!«
»Das stimmt. Ich habe die drei Zombies gesehen.«
Evelyn Binussek schaute mich an, als hätte ich ihr etwas Verbotenes erzählt. »Was haben Sie?«
Ich wiederholte den Satz.
»Wo denn?«
»Nahe einer Berghütte. Sie kamen mit einem Hubschrauber. Den Piloten hatten sie in ihre Gewalt gebracht. Dann fingen sie an zu schießen, denn sie haben sich Gewehre besorgt.«
»Großer Gott!« hauchte sie, »das darf nicht wahr sein.«
»Leider ist es eine Tatsache.«
»Aber sie sind Ihnen entkommen?«
»Leider.«
Vor der nächsten Frage hatte sie Angst. Ich sah es daran, wie sie schluckte. »Mein Mann… ich meine… er war doch sicherlich auch dabei. Oder etwa nicht?«
»Doch, er gehörte dazu.«
»Und wie sah er aus?«
Eine zwingende Frage. Was sollte ich aber antworten? Von einem Wesen sprechen, das zwar äußerlich ein Mensch war, aber dennoch keine Seele mehr besaß, sondern sich als lebender Leichnam durch die Gegend bewegte?
»Ich kann es vertragen«, sagte sie. »Bitte, Sie müssen mir einfach erzählen, wie er ausgesehen hat!« Sie faßte nach meinen Händen, schaute mich an, ihr Blick brannte dabei.
»Er muß verletzt gewesen sein«, erwiderte ich leise. Durch Axthiebe. Er sah nicht gut aus.
Evelyn kniff die Augen ein wenig zusammen. »Wieso Axthiebe? Ist das vor seinem Tod geschehen?«
»Nein, es muß nachher gewesen sein. Wie alles genau zusammenhängt, werde ich Ihnen vielleicht später erklären. Wir sehen uns sicher beim Abendbrot. Ich muß mich auch noch umziehen und über einige Zusammenhänge nachdenken. Das werden Sie bestimmt verstehen.«
»Selbstverständlich, Mr. Sinclair.«
»Dann bis später.«
Ich ging hoch in mein Zimmer, betrat das Bad und zog mich aus. Für einen Moment blieb ich vor dem breiten Wandspiegel stehen und betrachtete mein Gesicht.
Auch ich war älter geworden, hatte kleine Falten bekommen. Vielleicht lag es auch an der Bedrohung, die ich spürte. Obwohl ich noch keinen Beweis hatte, war ich fest davon überzeugt, daß die drei Zombies zuschlagen würden.
Und zwar in der Nacht!
***
Die beiden auf dem Autodach liegenden Toten waren durch den Aufprall des BMW gegen den Baum zu Boden geschleudert worden. Jerome Woeber, der sich am Kofferraumdeckel hatte festklammern wollen, war mit dem Schädel gegen die Heckscheibe geknallt und hätte sie fast noch durchschlagen.
Claus Binussek und Erich Buchwald standen auf. Binussek hatte den Axthieb abbekommen. In seiner rechten Schulter klaffte ein tiefer Spalt. Blut war auch aus der Wunde gedrungen und hatte schon eine Kruste gebildet. Das tat ihm nichts, denn wer ihn töten wollte, mußte mit anderen Dingen kommen.
Sie standen auf.
Ihre Gewehre lagen irgendwo im Gras. Sie suchten sie auch nicht mehr, ließen den Wagen stehen und machten sich zu Fuß auf den weiteren Weg, der jetzt talabwärts führte.
Sehr oft wurden sie von den kleinen Waldinseln gedeckt. Immer dann, wenn sie Lücken erspähten, schauten sie auch hinunter in den Ort. Sie beobachteten das Leben und Treiben, sahen die Menschen auf den Gehsteigen spazieren, die Wagen, die langsam über die Straßen fuhren, und sie dachten daran, daß dies alles bald ihnen gehören würde. Die Gewehre trugen sie zwar nicht mehr bei sich, aber sie waren nicht waffenlos. Beim
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