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Tödliches Abseits (German Edition)

Tödliches Abseits (German Edition)

Titel: Tödliches Abseits (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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verlassen und war mehrmals auf der anderen Straßenseite so unauffällig wie möglich auf- und abgegangen, um die optische Wirkung des ziemlich teuren Schildes zu bewundern. Damals hatte er sich gesagt, dass er, wenn er einen Anwalt benötigte, ohne Bedenken eine Praxis aufsuchen würde, die ein künstlerisch so überzeugendes Schild neben der Tür hängen hatte.
    Leider war die Bevölkerung in dieser Gegend entweder anderer Meinung, was künstlerisch wertvolle Praxisschilder betraf, oder sie hatte einfach keinen Bedarf an anwaltlichem Rat und Trost. Rainer hatte deshalb schon überlegt, die Zeiten seiner Sprechstunden zu ändern und zumindest die Nachmittagsstunden mit weißem Isolierband zu überkleben, das aber bis jetzt noch nicht in die Tat umgesetzt. So studierte er aus Langeweile seit Wochen die BRAGO, wie die Abrechnungsbibel der Rechtsanwälte hieß, und fühlte sich mittlerweile wie ein mit allen Wassern gewaschener Gebührenhai, leider ohne Aussicht auf eine praktische Anwendung seiner Kenntnisse.
    Rainer Esch seufzte bei diesen Gedanken, kroch aus seinem Bett, schlurfte in die Küche, setzte einen Kaffee auf und inspizierte den Inhalt seines Kühlschrankes. Einfach frustrierend. Etwas Margarine und Honig, ein Ei, dessen Haltbarkeitsdatum schon längst abgelaufen sein musste, wenn ihn seine Erinnerung an das Kaufdatum nicht trog, und eine halb vertrocknete Salatgurke.
    Esch knallte die Kühlschranktür zu. Finanziell stand es zwar nicht zum Besten, aber auf Diät musste er deshalb nun noch nicht gehen. Er beschloss, ausgiebig zu duschen und dann nach Herne zu fahren, um sich dort von seinem Freund Cengiz Kaya zum Frühstück einladen zu lassen und diesen in eine Diskussion über den Sinn und Unsinn der Anwendung mathematischer Modelle wie einen AEQ auf geisteswissenschaftliche Berufe zu verwickeln.
    8
    »Baumann!«, schrie Hauptkommissar Brischinsky aus der geöffneten Bürotür über den Flur in der ersten Etage des Recklinghäuser Polizeipräsidiums. »Baumann!«
    Sein Assistent, der sich gerade darum bemühte, mit heftigen Schlägen der flachen Hand und einem dezenten Fußtritt dem ewig streikenden Kaffeeautomaten zwei Becher Heißgetränke zu entlocken, schreckte auf.
    »Was gibt es, Chef?«, rief er zurück.
    »Telefon!«
    »Komme gleich.«
    Letzteres hatte sein Vorgesetzter schon nicht mehr gehört, da er zu sehr damit beschäftigt war, die Bürotür erneut zuzuknallen. Brischinsky war wütend, sehr wütend sogar. Voller Zorn stapfte er zurück zu seinem Platz, griff über den Schreibtisch zu Baumanns Telefon, blaffte: »Kommt gleich« in den Hörer und ließ sich mit einem Ächzen auf seinem Stuhl nieder, um sich wieder, leise vor sich hinschimpfend, der Lektüre der Bildzeitung vom Montag zu widmen.
    »Irgendwann bringe ich den Kerl um, ich schwör’s. Irgendwann. Ist nur noch eine Frage der Zeit.«
    Heiner Baumann betrat das Büro, zwei Becher heißen Kaffee in einer Hand balancierend. Einen stellte er Rüdiger Brischinsky hin. »Pass auf, ist heiß. Warum willst du mich umbringen?«
    »Red keinen Quatsch. Du hättest es zwar verdient, aber diesmal bist du ausnahmsweise nicht gemeint.«
    Sein Assistent ging grinsend zu seinem Platz und nahm den Hörer. »Baumann. – Ach, du bist es. – Du sollst mich doch nicht während der Dienstzeit ... – Ja, natürlich, aber ... – Nein, jetzt geht das nicht. – Da würde ich mich sehr freuen. – Ehrlich ... – Ich esse sehr gerne Krabben. – Doch, bestimmt.« Baumann warf einen skeptischen Blick auf seinen Chef, der zunehmend ungehaltener über den oberen Rand der Zeitung seinen Mitarbeiter fixierte und stirnrunzelnd das Telefongespräch verfolgte. »Nein, wenn du keinen Weißwein mehr hast, extra einkaufen ist nicht nötig. – Ich muss jetzt aber wirklich ... – Ja, ich dich auch. – Nein, das geht jetzt wirklich nicht. – Natürlich liebe ich dich. – Tschüs. – Ja, tschüs. – Ja, bis heute Abend.«
    Leicht verlegen und mit einem entschuldigenden Gesichtsausdruck sah Baumann zu Brischinsky hinüber. »Meine Freundin. Du weißt ja, wie Frauen so sind.«
    »Hauptsache, du weißt das. Seit wann magst du Krabben? Als wir das letzte Mal gemeinsam beim Italiener waren, hast du von deiner Pizza jede einzeln heruntergepickt. Geschmacksveränderung oder neue Freundin?«
    »Letzteres.«
    »Dacht ich mir’s doch. Was ist mit deiner bisherigen Flamme?«
    »Wir passten nicht zusammen.«
    »Aha. Wolltet ihr nicht vorgestern noch heiraten?«
    »Nee, das

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