Tödliches Abseits (German Edition)
war vor einer Woche.«
»Vor einer Woche. Das ist ja fast ’ne Ewigkeit her«, spottete Brischinsky. »Mensch, Heiner. Wann wirst du endlich erwachsen?!«
»Hoffentlich nie.«
»Auch wahr.« Der Hauptkommissar vertiefte sich wieder in die Zeitung. »Hast du eigentlich schon gelesen, was der Schmierfink Ruttervon sich gegeben hat?«
Baumann schüttelte wortlos den Kopf.
»Hier, lies«, sagte sein Kollege und reichte die Zeitung über den Schreibtisch. Dann griff Brischinsky zu dem Becher mit Kaffee und nahm einen Schluck. »Scheiße«, zischte er. »Heiß.«
»Sag ich ja.«
Heiner Baumann warf einen Blick auf den Artikel, den ein Journalist, mit dem Brischinsky eine herzliche Feindschaft verband, zu verantworten hatte.
Terror in unseren Bahnen stand in der Bild in zentimetergroßen schwarzen Lettern. Und darunter: Jetzt bringen sie sich schon gegenseitig um. Wann stoppt die Polizei endlich den Mob in unseren Fußballstadien?
Baumann überflog den Text. Der Autor tat alles, um seinen Lesern zu suggerieren, dass nur durch verstärkte Polizeipräsenz, hartes und unnachgiebiges Durchgreifen und natürlich drakonische Strafen Ausschreitungen in den Stadien verhindert werden könnten. Dies würde aber durch die laxe, völlig unfähige Polizeiführung und vor allem durch Politiker verhindert, deren Hauptinteresse nicht dem Schutz der Bürger, sondern ausschließlich den eigenen Diäten gelte. Der Artikel gipfelte schließlich in der Forderung, schwer bewaffneten Bundesgrenzschutz zur Kontrolle und Abschreckung der Fußballfans einzusetzen.
»Warum nicht gleich die GSG 9?«, fragte Baumann.
»Genau. Aber mit Panzern und Maschinengewehren.« Brischinsky zündete sich eine Zigarette an. »Schmeiß das Schmierblatt weg und sag mir lieber, wann der Laborbericht endlich kommt.«
»Der Bericht? Liegt seit einer Stunde auf deinem Schreibtisch.«
»Auf meinem Schreibtisch? Warum sagst du das nicht gleich?«
»Du hast mich nicht gefragt. Außerdem war der nicht zu übersehen. Wenn du allerdings deine Bürolektüre darauf legst ...« Baumann zog die Schultern hoch.
»Schon gut.« Der Hauptkommissar kramte den Schnellhefter unter mehreren Tageszeitungen hervor, schlug ihn auf und begann zu lesen.
Nach zehn Minuten legte er den Schnellhefter beiseite. »Die Fingerabdrücke auf dem Messer stammen eindeutig von Droppe. Und das Blut auf seinem Trikot vom toten Kröger. Jetzt hat unser Freund ein Problem, ein großes Problem. Außerdem ist Droppe einschlägig vorbestraft. Schwere Körperverletzung. Im Suff. Deshalb ist er auch ohne Knast davongekommen. Was schreiben die Gerichtsmediziner?«
Brischinsky blätterte weiter und las laut vor: »›Der Stichkanal ist etwa acht Zentimeter lang und zwei breit. Art und Beschaffenheit der Verletzung lassen eindeutig den Schluss zu, dass die Größe der Messerklinge obigen Ausmaßen entspricht. Der Stich führte sofort zum Tode und wurde mit sehr großer Wahrscheinlichkeit mit der vermutlichen Tatwaffe ausgeführt.‹ – Welche Überraschung. Das Messer steckte ja noch in der Leiche. – ›Der Stich geht von seitlich rechts leicht nach oben und wurde durch die vierte Rippe abgelenkt, fand trotzdem sein Ziel und drang tief in die vordere Herzkammer ein. Das spricht dafür, dass der Stich mit großer körperlicher Kraft vorgenommen wurde und der Täter etwas kleiner als das Opfer sein muss. Täter und Opfer müssen gestanden haben. Das Opfer ist erst nach der Tat auf den Sitz gesunken. Es hatte eine Blutalkoholkonzentration von etwa 2,8 Promille.‹ – Donnerwetter. Da war der ja schon fast klinisch tot.« Brischinsky blätterte erneut in den Unterlagen. »Wie groß war der Klaus Kröger? Ja, hier steht es. Einszweiundachtzig. Ist der Droppe kleiner? Sieh im Ausweis nach.«
Sein Mitarbeiter kramte in den Unterlagen und sagte dann: »Einsachtundsiebzig.«
»Das würde passen.«
»Was ist mit Faserspuren?«, wollte Baumann wissen.
»Einen Moment.« Der Hauptkommissar suchte wieder in dem Schnellhefter. Dann wurde er fündig. »Volltreffer. Auf beiden Trikots, also auf dem vom Opfer und dem von Droppe, finden sich Faserspuren der Kleidung des jeweils anderen. Wir sollten uns in aller Ruhe mit Droppe unterhalten. Heiner, lass ihn herbringen.«
Zwanzig Minuten später saß Michael Droppe wie ein Häuflein Elend vor den beiden Kommissaren.
Brischinsky sah Droppe lange und schweigend an, bis der unter dem prüfenden Blick des Hauptkommissars unruhig auf seinem Holzstuhl hin und her zu
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