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Toedliches Erbe

Toedliches Erbe

Titel: Toedliches Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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Erwachsenen zusammen war, waren zwei Jungen aus der Nachbarschaft ihre Kindheitsgefährten. Beiden fehlte ein männlicher Aus-schließlichkeitsanspruch, was mit ihrer exzessiven Wildheit wunderbar harmonierte. Sie lernte früh, ihre Abenteuer für sich zu behalten und im Gartenhaus ein paar alte Kleider parat zu haben. Was immer sie ihren Eltern und deren Kreisen zuliebe an damenhaften Verhaltensweisen angenommen hatte – für sie selbst gab es nie einen Zweifel, daß Junge zu sein der bessere Part war. Als sie, nachdem ihre Nachbarn ins Internat gekommen waren, erkennen mußte, daß ihr bei aller Verkleidungs- oder Überredungskunst keine Karriere in der Navy offenstand – was, hätte sie die freie Wahl gehabt, die ideale Existenzform für sie gewesen wäre –, wurde sie nervös, eine Leserat-te und eine widerwillige Teilnehmerin an den Teegesellschaften ihrer Mutter.
    Glücklicherweise wurde zu dieser Zeit ihre Tante Mary auf sie aufmerksam – die Schwester ihrer Mutter –, die zusammen mit Har-riet Weaver und Rebecca West für ›The New Freewoman‹ gearbeitet hatte. Das Blatt wurde bald in ›The Egoist‹ umgetauft. Tante Mary kannte Ezra Pound, Richard Aldington und H.D. und ihre Gruppe.
    Sie hatte frühzeitig beschlossen, ihr Leben der Arbeit in einem Krankenhaus zu widmen, das nur Ärztinnen beschäftigte, nur Frauen aufnahm und zu Anfang des Jahrhunderts eröffnet worden war. Tante Mary bot an, Cecily in Oxford unterzubringen. Dort blühte Cecily auf, weil sie die herrliche Entdeckung machte, daß es Menschen auf der Welt gab, die die gleichen Interessen hatten wie man selbst und die sich nicht darum kümmerten, was »man« dachte. Später sollte Foster diese Entdeckung für Cambridge reklamieren. Die Jahre in Oxford, gleich nach dem Krieg, waren für sie der Wendepunkt. Danach waren Freundschaften und geistige Anregung möglich. Kaum aus Oxford zurück, etablierte sie sich als modische und gelehrte Romanautorin. Ihre funkelnden Romane – als »schneidend« von denen empfunden, die eher sentimentale oder konventionelle Formen liebten – wurden bekannt dafür, daß in ihrem Mittelpunkt stets eine Frau stand, eine Frau von enormer Nüchternheit, deren Erfahrungen aus physischer Kraft und ausgeprägter Vernunft erwuchsen, und 82

    beide umgab – mit dem nötigen Witz – die Leidenschaft. Ihre ärztli-che Tante schenkte ihr eine winzige Wohnung, und dort lebte sie, mitten in London; es war ein Leben voller Parties, kluger Gespräche und sprühendem Geist. Sie war die geschätzte Begleiterin aller, die in Englands literarischem Leben eine Rolle spielten, und auf eine wunderbare und absurde Weise glücklich. Ihre Nüchternheit bewahr-te sie vor doktrinärem Kommunismus, ihre Vernunft vor dem Fa-schismus und ihr Witz vor religiöser Bekehrung, die für die Huma-nisten und Bloomsbury-Anhänger ihres Bekanntenkreises unvermeidlich schien. Dieses Leben – und die winzige Wohnung – teilte sie mit Dorothy Whitmore. Gegen Ende der zwanziger Jahre begegnete sie dann Ferdinand Ricardo, verliebte sich leidenschaftlich und heiratete ihn – wie eine Frau in einem Traum. Ricardo war bereits ein berühmter Maler, dessen Vergangenheit irgendwo in Europa und dessen Zukunft in Amerika lag. Bald nach ihrer Hochzeit wurde sein Name irgendwie einfach »Ricardo«, so wie Colette eben »Colette«
    wurde. Über die Abenteuer, die sie nach der Übersiedlung nach Amerika erlebten, hatte sie nichts aufgeschrieben, vielleicht weil Cecilys Inneres, ihr Geist, daran nicht teilgenommen hatte. Auf der Suche nach Einsamkeit baute Cecily schließlich das Haus am Meer und wohnte dort mit Ricardo, der inzwischen alt und seßhaft geworden war. Irgendwann in diesen späten Jahren kehrte dann der Geist zu-rück.
    Nach Ricardos Tod schrieb sie ›A Lonely Place‹. Nach dieser Einsamkeit hatte Cecily gesucht, aber sie hatte erfahren, daß man sie unter ihrem herberen Namen erobern mußte, und das war das Allein-gelassenwerden. Mit einer Ironie, die typisch für die Vereinigten Staaten ist, berührte Cecily Hutchins in der Schilderung ihres täglichen Kampfs mit dem Alleinsein als Witwe und Schrifstellerin so eindeutig den Nerv ihrer Leser, daß ihr genau dieses Alleinsein und seine Schwester, die Einsamkeit, wieder in Gefahr gerieten. ›A Lonely Place‹ machte sie berühmt, aber es war ein Ruhm, den sie nicht mochte (wenn er auch nach Kates Ansicht den Verkauf von Max’
    Biographie fördern würde), und brachte ihr Geld, das sie nicht

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