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Toedliches Erbe

Toedliches Erbe

Titel: Toedliches Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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gleichwertige Alternative. Ist es das, was mir an Geschäftsleuten schon immer mißfallen hat? fragte sich Kate. Oder ist dieses Vorurteil nur eine mürrische Reaktion auf meine unmögliche Verwandtschaft?
    Das brachte sie natürlich auf Leo. In wenigen Minuten mußte sie zu einer Ausschußsitzung. Vor zehn Minuten hatte sie einen Kurs beendet. Jetzt saß sie in ihrem Büro und legte schuldbewußt den Hörer neben das Telefon.
    Sie wollte einen Augenblick nachdenken. Über Leo, über Gerry Marston. Über England.
    »Sein Problem ist«, hatte Leo einmal über jemanden gesagt, »daß er mit sich selbst nicht ins reine kommt.« Leo steckte voll von diesen Phrasen, den Klischees seiner Generation, die größtenteils für man-gelnde Integration sprachen. Kein Wunder. Kate erinnerte sich, daß Leo einmal auf die Frage, was er von einem Gast halte, geantwortet hatte: »Ich weiß nicht, wohin er gehört.« Kate fand, daß beide Phrasen ihre gegenwärtige Lage, oder zumindest einige knifflige Situati-onen in ihrem Leben, ziemlich gut beschrieben. Dennoch mußte sie –
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    zumindest sich selbst gegenüber – zugeben, daß sie, seit Max in ihrer Hütte aufgetaucht und Leo den Kampf gegen die Gemeinheit in dieser Welt aufgenommen hatte, sich munterer fühlte oder einfach weniger mutlos. War man denn so abhängig von äußeren Anstößen?
    Von Spitzfindigkeiten abgesehen, ging es schlicht darum, daß wir uns zugehörig fühlen wollen zu etwas, das in Bewegung ist. Konnten der Tod der armen Gerry oder die Betrügereien Ricardos als Bewegung interpretiert werden? Manche, dachte sie, verbringen ihr Leben damit, sich auf etwas vorzubereiten, was wahrscheinlich nie eintref-fen wird; andere leben so wie ich in einem Zustand unruhigen, aber lebendigen Unvorbereitetseins. Wegen Leo, Wallingford, der Arbeit an der Universität und der vielen Stunden, die die Konferenzen am Ende des Semesters verschlangen, war sie seit Wochen nicht mehr in ihrer Hütte gewesen. Ich muß wieder hin und das alles verkraften, dachte sie, wenn ich aus England zurück bin. Im Augenblick bin ich völlig verwirrt.
    Immer wenn sie sich, selten genug, in ihrem Büro verbarrikadiert hatte und nicht stören ließ (Tür verschlossen, Licht aus, Hörer neben der Gabel), dachte sie an die freundliche, hilfsbereite, dreiundzwan-zigjährige Gerry Marston – ein Mädchen, das wußte, was es vom Leben wollte oder zumindest in welchem Teil ihrer selbst ihre Möglichkeiten zum Arbeiten und zur Liebe steckten (beides hatte Freud mit jener seltenen Schlichtheit, zu der die Großen finden, als die entscheidenden Dinge im Leben bezeichnet). Jetzt war sie tot, und Kate wünschte mit ebenso heftiger wie irrationaler Inbrunst, heraus-zubekommen, warum sie gestorben war und wie. Aber was konnte sie noch unternehmen? In Kriminalromanen, die sie in den letzten Jahren immer weniger gelesen hatte, machte sich der Detektiv einfach an die Arbeit und klärte den Fall auf. Alle möglichen Ereignisse führten ihn dann von einem Verdächtigen zum nächsten, gar nicht zu reden von weiteren Morden und Mordversuchen. (Kate dachte dabei besonders an Dick Francis, dessen Bücher sie noch immer las, weil sie ihn mochte und weil sie neugierig war, wie er diesmal wieder die Pferde ins Spiel brachte.) Im wirklichen Leben schaffte man einfach eine Leiche von den Felsen fort, und der liebe Neffe geriet in eine moderne Welt voller Gewalt, Vandalismus, Betrug und Erfolg, der nichts mit Leistung zu tun hatte. Und während einem die Leiche dort in der Mulde zwischen den Felsen nicht aus dem Kopf ging, verschwand man nach England, um zu erkunden, ob das Somerville College sich in den letzten fünfzig Jahren verändert hatte.
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    Es klopfte. Kate öffnete und sah Evergreen vor der Tür stehen.
    »Kommen Sie mit zur Sitzung?« fragte er. Sein Büro lag gleich neben ihrem. »Ich bin gleich soweit«, antwortete Kate, lächelte und schloß die Tür wieder, damit er nicht den Hörer neben der Gabel liegen sah, der ihr ein blödsinniges Schuldgefühl machte. Die Tatsache, daß sie das Licht gelöscht hatte, um nicht durch die Glasscheibe in der Tür gesehen zu werden, war ein Trick, dessen sich alle bedien-ten, die im Dunkeln denken oder auch schreiben konnten. Ein Kollege – ein Professor für Literatur der Renaissance – konnte das nicht und ließ deswegen an der Innenseite der Tür einen Rollo anbringen, so daß man nun nicht sehen konnte, ob bei ihm Licht war oder nicht.
    Raffiniert.
    Kate legte den

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