Toedliches Erbe
Versöhnung mit Hol-mes: »Er zeigte nicht gerade Überschwang. Das tat er selten. Aber ich glaube, er war froh, mich zu sehen.«)
»Du mußt mir verzeihen, Kate«, sagte Hugh, »und mir deine Nachsicht dadurch beweisen, daß ich etwas für dich tun darf. Soll ich mit dir und Phyllis Boot fahren, euch zu einem Cricket-Spiel mit-nehmen oder zu einem Bootsrennen – was darf es sein?«
»Wenn Sie so liebenswürdig sein wollen, Sir«, antwortete Kate und dachte an Leos Brief, »dann würde ich gern ein Fußballspiel der Profiliga sehen.«
»Ein was bitte?« fragte Phyllis.
»Um Gottes willen, Phyllis«, sagte Hugh, »wo lebst du denn? Je-111
der redet doch darüber. Aber ich wußte nicht, daß Leute auch wirklich hingehen. Ich dachte, diese Spiele wären gefährlich und arteten in Schlägereien aus, bei denen die Leute sich gegenseitig die Tor-pfosten auf die Köpfe hauen.«
»Prima«, sagte Phyllis. »Das hört sich nach Randale und damit furchtbar unenglisch an. Da gehen wir hin.«
»Phyllis, mein Liebes«, sagte Hugh und griff nach einem Rosi-nenbrötchen, »ich weiß nicht, was in diesem Jahr über dich gekommen ist. Du hast früher nie etwas nur deswegen unternommen, weil ich dagegen war.«
»Ich weiß, mein armer Hugh, ich weiß. Ich werde das Fußball-match also lassen«, sagte Phyllis und sank so tief in die zusamm-menbruchgefährdete Couch, daß ihre Schultern und Knie auf einer Höhe waren. »Es ist diese schrecklich maskuline Lebensart hier, die mich fertigmacht. Vielleicht würde ein Mann, der in Oxford lebt, nicht das geringste mit der Universität zu tun hat und dann eine Professorin heiratet, genauso leiden. Aber ich bezweifle das, selbst wenn solch eine Situation denkbar wäre. Er wäre dann Schriftsteller oder Laborgehilfe oder Busfahrer oder sonst etwas: Du machst dir keine Vorstellung, wie zufrieden die Frauen in England mit ihrem Sklavin-nendasein sind, wenn sie keinen Beruf ausüben.«
Hugh kicherte, und während Kate ihm zuhörte, spürte sie plötzlich mit großer Gefühlsaufwallung, warum diese Ehe fünfundzwanzig Jahre so triumphal überdauert hatte. »Ich liebe es gar nicht, der anderen Seite recht zu geben«, sagte er, »aber weißt du, ich finde es auch erstaunlich – hilfsbereiter und liebevoller amerikanischer Ehemann, der ich bin, und verheiratet mit einer Frau, die neben anderen Qualitäten Verstand und einen eigenen Willen besitzt. Ich werde zum Beispiel zum Tee eingeladen – meine Liebe, du hast keine Vorstellung, wie oft. Die armen Kerle glauben, sie müßten mich wenigstens einmal zu sich nach Hause einladen, und ein Dinner ist zweifellos eine teure Angelegenheit und ein Horror. Und, Kate, es ist wirklich so, als hätten diese Männer eine perfekt funktionierende Dienerin. Wir kommen an, werden charmant begrüßt, die Frau benimmt sich wie eine kleine Geisha, der die Faszination, die dieser Job eigentlich erfordert, abhanden gekommen ist. Dann wird der Tee serviert. Ich meine, da wird wirklich aufgefahren, alle möglichen Sorten Kuchen und Sandwiches und was sie sonst noch in stundenlanger Arbeit zusammengebruzzelt hat, und nachdem wir uns vollgestopft und ihr gesagt haben, wie gut der Tee war, stehen wir auf und gehen.
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Ich bedanke mich höflich, und ihr Mann, mein Kollege, gibt ihr einen flüchtigen Kuß und sagt übersetzt: ›Warte nicht auf mich, wenn ich da bin, bin ich da.‹ Ich will es nicht leugnen: Als die Frauenbewegung in den Staaten in Gang kam, träumte ich oft von einer kleinen, fügsamen Frau, deren Leben sich nur um mich dreht, aber weißt du, ich habe entdeckt, daß das nicht nur peinlich ist, sondern auch schlecht für den Charakter. In unserem Labor arbeitet eine Frau, mit der ich mich darüber unterhalten habe. Sie ist eine sehr wichtige Frau, die ihren Job versteht. ›Ach, ja‹, sagte sie, als hätte ich sie gefragt, warum manche Männer in Oxford während der Achter-Woche nichts mit Ruderbooten zu tun haben wollen: ›Die meisten englischen Frauen haben kein Interesse an Befreiung‹. Es klang, als spräche sie über Backgammon oder, mehr von oben herab, über eine neue, vorübergehende Mode. Und dabei ist sie, um das schreckliche Wort zu gebrauchen, weitaus befreiter als jede amerikanische Frau, der ich bisher in meinem Beruf begegnet bin. Macht ihre Arbeit, ist froh, sie zu haben, und fertig.«
»Hugh«, sagte Phyllis und starrte ihn an, »das ist die längste Re-de, die du jemals in meiner Gegenwart gehalten hast, seit deinen ersten
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