Tödliches Farbenspiel
zurückhalten, als ich zum Haus
hinaufging.
Drinnen war es ähnlich wie am Freitag
abend, der vordere Salon von Scheinwerfern grell erleuchtet. Doch der Tote lag
schon zugedeckt auf einer Trage, und weißgekleidete Sanitäter warteten auf ein
Zeichen, ihn wegbringen zu dürfen. Ich atmete auf, froh, daß ich mir die Leiche
nicht ansehen mußte. Greg war im Gespräch mit einem seiner Inspektoren. Als ich
ihn erblickte, groß und selbstsicher, tauchten Bilder unseres letzten
Beisammenseins vor mir auf, und mir wurde ganz heiß bei der Erinnerung. Es
kostete mich einige Anstrengung, mir vor Augen zu halten, wo ich mich befand
und warum ich hier war.
Meine Anwesenheit löste bei Greg
offenbar keine derartige Reaktion aus. Kaum sah er mich, da zog er unwillig die
dunklen Brauen zusammen, ließ seinen Inspektor einfach stehen, kam mit großen
Schritten auf mich zu und faßte mich unsanft am Arm.
»Was zum Teufel tust du hier?« knurrte
er.
Ich versuchte, seine Finger von meinem
Arm abzustreifen, aber das gelang mir nicht. »Ich bearbeite den Fall.«
»Daß ich nicht lache! Ich kann dich
nicht hindern, in Wintringhams Auftrag herumzuschnüffeln, aber ich lasse
bestimmt nicht zu, daß du am Tatort eines Verbrechens Maulaffen feilhältst. Wie
bist du überhaupt hereingekommen?«
Ich warf einen Blick auf Gallagher. Er
schien verwirrt. Da ich ihn nicht in Schwierigkeiten bringen wollte, sagte ich
nur: »Mit ein wenig List.«
»Du liest zu viele Krimis.« Auch Greg
sah Gallagher an, aber seine Miene zeigte nicht Zorn, sondern eher Teilnahme.
Ich riß mich von Greg los und sah mich im Zimmer um. Charmaines Farb- und
Tapetenmuster lagen auf dem Boden, wo sie sie am Samstag zurückgelassen hatte,
aber jetzt waren sie mit Blut bespritzt.
»Die gleiche Methode, wie?« bemerkte
ich. »Habt ihr diesmal die Waffe gefunden?«
Greg antwortete mir nur mit einem
wütenden Blick.
Ich starrte zum offenen Kamin hinüber.
Er war jetzt ganz freigelegt. Man konnte die gesprungenen Fliesen und die
verschmutzte Feuerstelle aus Beton sehen. Und eine einzelne Preßglasflasche,
die wie verloren dort stand. Ich war so überrascht, daß ich unwillkürlich einen
Schritt auf den Kamin zuging.
Greg bemerkte meine Überraschung nicht,
die Bewegung jedoch sehr wohl. Augenblicklich fiel seine Hand auf meine
Schulter, und er drehte mich herum.
»Ich danke Ihnen, daß Sie gekommen
sind«, sagte er mit stark übertriebener Höflichkeit. »Gallagher, würden Sie
Miss McCone bitte zu Ihrem Wagen hinausbringen. Sie muß dringend nach Hause.
Sie braucht ihren Schönheitsschlaf.« Damit schob er mich zu Gallagher hin und
machte auf dem Absatz kehrt.
»Tut mir leid«, sagte ich zu Gallagher.
Der zuckte die Achseln und führte mich
hinaus. »Ich ahnte nicht, daß er so reagieren würde.«
»Ich auch nicht. Man lernt eben nie
aus.« Ich war gekränkt, aber nicht allzu tief. Die Flasche dort im Kamin zu
sehen, war die Zurückweisung wert gewesen. Ich rannte die Treppe hinunter und
überließ es Gallagher, sich mit seinem schwierigen Vorgesetzten zu befassen.
In Windeseile lief ich die Straße
hinunter zu Wintringhams Haus. Ein polizeilicher Bewacher notierte sich meinen
Namen, ehe er mich einließ. Ich ging ins große Wohn- und Arbeitszimmer.
Die Szene, die mich dort erwartete,
paßte nicht zur vornehmen Schönheit des Raums: Paul Collins, gelblich bleich
wie ein Schwerkranker, in Bademantel und Pantoffeln; Wintringham in Arbeitshemd
und zerrissenen Jeans, die Füße in den mit Farbspritzern getupften Stiefeln auf
dem eleganten Couchtisch; Charmaine mit verquollenen Augen und wirrem Haar im
blutbeschmierten Wildlederoverall.
Als sie mich sah, gab sie einen Laut
von sich, der wie ein Wimmern klang. Pauls Lippen zitterten, aber er sagte
nichts. Wintringham betrachtete mich mit gleichgültiger Miene. Seine Augen
waren stumpf vom Schock.
»Ah, da sind Sie ja«, sagte er tonlos.
»Lang haben Sie gebraucht.«
Ich setzte mich auf die Couch. »Was ist
geschehen?«
»Das liegt doch wohl auf der Hand.
Larry ist ermordet worden.«
»Wer hat ihn gefunden?«
Charmaine räusperte sich und strich
sich mit beiden Händen über die blutbefleckte Hose.
»Charmaine«, antwortete Wintringham.
»Sie ging rüber, um ihre Muster zu holen. Er —«
»Er lag da. Und alles war voller Blut.
Überall. Auch meine Muster.« Ihre Worte kamen in schrillem Singsang. »Ich
wollte ihn aufwecken. Ich hielt seinen Kopf. Diesen entsetzlichen Kopf.« Sie
schlug die Hände vors
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