Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödliches Farbenspiel

Tödliches Farbenspiel

Titel: Tödliches Farbenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
Gesicht.
    Zu meiner Überraschung war es Collins,
der reagierte. Er kniete neben ihr nieder und legte den Arm um ihre Schultern.
    »Denk jetzt nicht daran. Es ist besser,
wenn du jetzt nicht nachdenkst.«
    Charmaine schluchzte. Wintringham stand
auf und winkte mich in den Flur hinein.
    »Wann hat sie ihn gefunden?« fragte ich
leise.
    »Vor etwa zwei Stunden. Sie kam schreiend
hier an. Es war genau wie sie es beschrieben hat. Larry lag drüben auf dem
Boden, und alles war voller Blut.«
    »Und Sie riefen die Polizei an?«
    »Ja. Und danach versuchte ich, Sie zu
erreichen.« Sein Ton war anklagend. Er lehnte am Treppenpfosten, die Arme auf
der knochigen Brust verschränkt. »Sharon, ich mache mir Sorgen um Charmaine.«
    »Sie sollten einen Arzt holen. Sie
braucht ein Beruhigungsmittel.«
    »Das meinte ich nicht.« Er schüttelte
den Kopf. »Ich fürchte, die Polizei verdächtigt sie, Larry getötet zu haben.«
    »Was?«
    »Einer der Beamten hat uns verhört. Er
ließ sich deutlich anmerken, daß er Charmaines Geschichte nicht glaubte. Und
dann rutschte Paul auch noch versehentlich heraus, daß sie und Larry sich am
Samstag gestritten hatten.«
    »Prächtig.«
    »Es lag nicht in seiner Absicht, sie zu
belasten. Außerdem hätte die Polizei es sowieso erfahren. Es gab ja einen
Riesenkrach, als er mit dieser Blondine von der Ausstellung abzog. Alle rundum
haben es mitbekommen.«
    »Sagen Sie mir eines, David: Glauben Sie ihr?«
    Er zögerte. »Ich weiß nicht. Als sie
hier ankam, war sie voller Blut. Es gab überhaupt keinen Grund, warum sie die
Muster gerade heute abend holen mußte. Und der Streit ist schließlich Tatsache.
Charmaine ist ganz schön jähzornig...« Er sprach nicht weiter.
    Ich ließ mir das durch den Kopf gehen.
Wie weit hätte French seine Freundin treiben müssen, um es so weit zu bringen,
daß ihr Jähzorn mit ihr durchging? Doch wenn mein Gefühl mich nicht trog, dann
war Larry French von der Person ermordet worden, die zuvor schon Jake Kauffmann
und Richard Wintringham getötet hatte. Wintringhams Ermordung — aus welchen
Gründen auch immer — war der Anfang der Geschichte gewesen. Das Auge der
Tigerkatze und die Preßglasflasche im Kamin waren der Schlüssel.
    »Hat Charmaine eigentlich Ihren Vater
gut gekannt?« fragte ich.
    Wintringhams stumpfe Augen flackerten.
»Ja, recht gut. Sie war sein besonderer Schützling.«
    »Wie das?«
    »Mein Vater hatte einen Blick für das
Überdurchschnittliche. Charmaine ist die Tochter eines seiner Angestellten. Sie
zeigte eine ausgeprägte zeichnerische und gestalterische Begabung. Mein Vater
bezahlte ihr die Ausbildung und besorgte ihr dann eine Anstellung bei einer
guten Firma hier. Als ich meine Firma gründete, kündigte sie dort und kam zu mir.«
    »Wie würden Sie ihre Beziehung zu Ihrem
Vater beschreiben? Als liebevoll? Herzlich? Oder...?«
    Er war schockiert. »Was soll das —?
Also, hören Sie mal, Sharon!«
    »Es ist besser, wir sprechen jetzt
darüber, ehe die Polizei mit ihren Fragen kommt.«
    Wintringham sah auf die Uhr. »Da bleibt
uns nicht viel Zeit. Der Beamte, der hier war, sagte, der Lieutenant würde
herüberkommen, sobald sie am Tatort fertig sind.«
    Der Lieutenant. Greg zeigte ein sehr
eingehendes Interesse an diesem Fall. Ich dachte an den Empfang, den er mir im
anderen Haus bereitet hatte, und hielt es daher für besser zu verschwinden, ehe
er kam.
    »Also. Wie stand Charmaine zu Ihrem
Vater?«
    »So gut wie zu erwarten.«
    »Was heißt das?«
    »Mein Vater war ein sehr dominanter
Mann. Er hatte Charmaine die Ausbildung bezahlt; dafür erwartete er, auf ihre
Karriere Einfluß nehmen zu können.«
    »Er wollte sie also lenken?«
    »Er schrieb ihr den Arbeitsplatz vor,
und sie beugte sich seinem Diktat, obwohl sie die Firma schrecklich fand. Er
schrieb ihr vor, wo sie zu wohnen hatte, und sie gehorchte. Er schrieb ihr
sogar ihren gesellschaftlichen Umgang vor. Als ich aus New York zurückkam,
wollte er uns miteinander verkuppeln. Ich mußte ihn leider enttäuschen.«
    »Er wollte also tatsächlich ihr ganzes
Leben bestimmen?«
    »Und es gelang ihm auch.«
    »Bis zu einem gewissen Grad.«
    »Ganz und gar.«
    »Nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Durch
seinen Tod wurde sie wieder frei.«

23
     
    Das Haus der van Dynes tief in Pacific
Heights war überraschenderweise keine viktorianische Villa, sondern ein L-förmiger
Bungalow, der vor ungefähr dreißig Jahren wahrscheinlich ein Muster
architektonischer Kühnheit gewesen war. Ich

Weitere Kostenlose Bücher