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Tödliches Farbenspiel

Tödliches Farbenspiel

Titel: Tödliches Farbenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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damals lediglich darüber, wie hart meine
Klage für ihn wäre, und wie hart es für William, meinen Mann, wäre, wenn er von
meiner Liaison erführe.«
    Jake sollte sich zu Erpressung
herbeigelassen haben? Im ersten Moment war ich schockiert. Aber als ich mir
überlegte, wie wichtig ihm seine Arbeit gewesen war, wurde es vorstellbarer.
Schließlich hatte Eleanor van Dyne mit ihrer Klage seinen Ruf als Künstler und
seine geschäftliche Existenz bedroht. Und in ihrer vornehmen heilen Welt nannte
man Jakes Reaktion selbstverständlich nicht Erpressung. Sehr clever von ihm,
daß er das erkannt hatte.
    »Es hätte Ihrem Mann wohl sehr weh
getan, wenn er es erfahren hätte.«
    Wieder machte sie ein erstauntes
Gesicht. »Weh getan? Das bezweifle ich. Aber es wäre eine Demütigung für ihn
gewesen. William ist ein Mann mit Stil, wie Sie gewiß an diesem Haus sehen
können. Er wäre entsetzt gewesen, hätte er erfahren, daß seine Frau eine Affäre
mit den Wintringhams Reihenhäusern hatte.«
    »Ach, du lieber Gott.« Ich hatte über
die Creme der Gesellschaft noch eine Menge zu lernen.
    »Pardon?«
    »Ach, nichts. Was für ein Mensch war
Richard Wintringham?«
    Ihr Gesicht wurde weich. »Ein feiner Mensch,
ein Mann mit Stil. Er baute die Reihenhäuser für die Gegenwart, er selbst lebte
aber in einer anmutigeren Vergangenheit.«
    »Ich habe gehört, daß er ziemlich
dominant sein konnte.«
    »Das auch.« Sie sah da offenbar keinen
Gegensatz. »Kannten Sie David gut?«
    »Nein, eigentlich nicht. Davids Mutter
starb, als der Junge zehn Jahre alt war. Richard hatte nicht viel Zeit für ihn,
deshalb gab er ihn auf ein Internat an der Ostküste. Anschließend ging David
aufs College, auch drüben an der Ostküste. Wir waren immer sehr vorsichtig,
wenn er in den Ferien zu Hause war. Es wäre nicht gut für den Jungen gewesen,
wenn er das von uns gewußt hätte.«
    »Aber später muß er es doch gemerkt
haben.«
    »Ja, aber das war gewissermaßen nach
der Tat. Richard und ich sahen uns seltener. Aus unserer Leidenschaft war eine
platonische Beziehung geworden. Nach dem College blieb David an der Ostküste.
Er lebte einige Jahre in New York. Als er für immer hierher zurückkam, hatten
wir Schluß —« Sie brach ab. Ich hatte den Eindruck, sie lauschte ihren eigenen
Worten nach.
    »Sie hatten Schluß gemacht? Hatten Sie
sich gestritten?« Sie zupfte ein nicht vorhandenes Stäubchen von ihrem
schwarzen Kleid. »Nein, Streit war es nicht. Meinungsverschiedenheiten.«
    »Worüber?«
    »Manche Männer werden im Alter töricht.«
    »Und wie zeigte sich Richard
Wintringhams Torheit?«
    Sie sah mich klar an. »Charmaine.«
    »Er liebte sie?«
    »Ach nein, Liebe war es wohl nicht.«
Sie machte eine etwas hilflose Handbewegung. »Mehr Verliebtheit. Er wußte, daß
er sie nicht haben konnte, also versuchte er, statt dessen ihr Leben zu
bestimmen. Er machte dem armen Ding das Leben zur Hölle. Erst besorgte er ihr
eine Stellung bei einer Firma, die er für geeignet hielt, dann rief er ständig
bei ihrem Arbeitgeber an, um sich nach ihren Fortschritten zu erkundigen. Sie
mußte in die Wohnung ziehen, die er ausgesucht hatte. Sogar die Wahl ihrer
Freunde wollte er bestimmen. Sie zahlte einen hohen Preis für die Ausbildung,
die er ihr ermöglicht hatte.«
    »Und darüber stritten Sie mit ihm?«
    »Es war kein Streit. Ich habe ihm nur
geraten. Er hörte sich meine Ratschläge an und tat dann doch, was er wollte.«
Eleanor van Dynes Blick ruhte auf dem Modell des Wintringhamschen Hauses, doch
er ging in weite Fernen. »Er war töricht und er war schwierig. Aber er war auch
ein wunderbarer Mensch. Er lebte nur mit zunehmendem Alter immer mehr in der
Vergangenheit, als die Männer noch beinahe unumschränkte Macht hatten.«
    »Sie brachen also Charmaines wegen mit
ihm?«
    »Ich sah ihn eine Zeitlang nicht mehr
so häufig. Aber dann hatte er einen Herzinfarkt und brauchte einen Menschen,
der sich um ihn kümmerte. Ich war damals den ganzen Frühling fast ständig bei
ihm, beaufsichtigte seine Hausangestellten und sorgte dafür, daß er alles
hatte, was er brauchte.«
    »Welcher Frühling war das?«
    Eleanor van Dyne sah mich mit ihrem
seltsam unschuldigen Blick direkt an. »Das war der Frühling, in dem er starb.
Es war ein wunderschöner Frühling; einen schöneren hatten wir nie erlebt. Die
Tage waren warm und klar; die ganze Stadt war wie in Sonnenschein gebadet. In
Richards Garten blühte der Flieder, und abends wehte sein Duft bis ins Haus.

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