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Toedliches Geheimnis

Titel: Toedliches Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Faria Stolarz
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die plötzliche Verlegenheit zwischen uns zu überspielen.
    Aber ich kann sie nicht überspielen. Und so lasse ich meine Gabel mit einem Scheppern auf den Teller fallen.
    »Alles in Ordnung?«, fragt er.
    Ich schüttele den Kopf und spüre, wie mir das Blut heiß ins Gesicht schießt, noch bevor ich die Worte aussprechen kann. »Ich dachte nur irgendwie...«
    »Ja?««
    »Ich dachte nur irgendwie«, wiederhole ich. »Wie lange werde ich warten müssen, bis du mich wieder berührst?«
    Ben starrt mich mehrere Sekunden lang an, ohne etwas zu sagen.
    Und dann berührt er mich.
    Seine Finger gleiten über meinen Unterarm und umfassen dann mein Handgelenk, was mir einen Stromstoß den Rücken entlangsendet. Er holt lange und tief Luft, um sich selbst zu bremsen. Dennoch steht ihm der Schweiß auf der Stirn, und er zittert am ganzen Körper.
    Er starrt auf unsere Hände hinunter, die wie die beiden Hälften einer Gussform zusammenhängen. »Ich sollte dich jetzt wohl lieber mal nach Hause bringen«, sagt er und lässt mich los. »Es war ein langer Tag, nicht wahr?«
    Ich pflichte ihm bei und wünsche im Stillen, der Tag könnte noch viel länger sein.

36
    Am nächsten Morgen, etwa zwanzig Minuten vor dem ersten Klingeln, bin ich regelrecht erleichtert, in der Schule zu sein.
    Ich glaube nicht, dass meine Mom in der vergangenen Nacht überhaupt geschlafen hat. Ebenso wenig wie ich. Während sie die ganze Zeit in der Küche auf und ab ging und eine Tasse nach der anderen von ihrem Löwenzahn-Tee getrunken hat, lag ich im Bett mit Licht an und der Tür einen Spalt geöffnet und wurde fast wahnsinnig.
    Beim Frühstück habe ich versucht, Mom nach Tante Alexia zu fragen, aber sie war nicht in der Lage zu reden. Und Dad auch nicht. Beide saßen nur so am Tisch und starrten ins Leere - Dad mit seinem Kaffee und Mom mit noch mehr Tee. Keiner von beiden verlor auch nur ein einziges Wort darüber, dass ich am Abend zuvor mit ihnen hatte reden wollen.
    Keiner hatte überhaupt bemerkt, dass ich mich davongeschlichen hatte.
    Die Schulkorridore sind seltsam leer heute Morgen. Ich schaue aus dem Fenster meines Klassenzimmers, ob
es vielleicht eine Feuerwehrübung gegeben hat, und erwarte Reihen von Schülern auf dem Parkplatz zu sehen. Stattdessen hängen alle in Trauben beim Footballfeld herum. Und so gehe ich ebenfalls nach draußen, ohne zu ahnen, was mich dort erwartet.
    Polly Piranha, das Schulmaskottchen, ist wieder einmal Opfer von Vandalismus geworden. Jemand hat die Worte, die über ihren Flossen schweben, übermalt. Jetzt steht da nicht mehr Freetown Highschool - Heimat der Piranhas, sondern Freetown Highschool - Heimat eines Mörders.
    Ich sehe mich nach Ben um und frage mich, ob er es wohl schon bemerkt hat. Währenddessen wälzt sich am Spielfeldrand eine Gruppe von Jungen geradezu vor Lachen. Und sie sind nicht die einzigen. Alle lachen. Manche Jungs klatschen sich vor Begeisterung ab. Mädchen kichern und flüstern.
    Ich will gerade wieder nach drinnen gehen, als ich einen Pulk von Leuten bei einer von den Neuen herumstehen sehe. Sie wirkt aufgeregt. Ihr Gesicht ist gerötet, und die Tränen laufen ihr die Wangen hinunter. Ich gehe näher hin, um besser hören zu können. Sie stellen ihr Fragen zu Ben - zu den Zetteln, die er ihr angeblich ans Schließfach geklebt hat, und dazu, wie er ihr überall hin folgt und wie einschüchternd er sie im Geschichtsunterricht angestarrt hat.
    »Ich weiß gar nicht mehr, was ich tun soll«, sagt sie und steckt die Fäuste in die Taschen ihres Mantels.
    Ich schiebe mich ganz nach vorne, bis ich dem Mädchen direkt gegenüberstehe.
    »Was ist?«, fragt sie und schaut mich herausfordernd an.
    »Bist du Debbie?«, frage ich zurück.
    »Wer will das wissen?«
    »Ich«, sage ich und gehe noch einen Schritt näher heran.
    Sie tritt von einem Fuß auf den anderen und fährt fort, mich zu betrachten. Ihre tiefbraunen Augen mustern mich von oben bis unten.
    Ich reiche ihr ein Papiertaschentuch aus meiner Tasche. »Bist du Debbie Marcus?«, frage ich.
    Sie nimmt das Taschentuch und wischt sich damit übers Gesicht. Ihre Nase ist mit Sommersprossen übersät. »Ja«, sagt sie schließlich.
    »Gut, können wir dann mal kurz reden... da drüben?« Ich deute auf eine Stelle hinter zwei parkenden Autos.
    Debbie streicht sich die braunen Locken hinter die Ohren und steckt dann wieder die Hände in die Taschen. »Warum nicht«, sagt sie, noch immer schniefend.
    Wir entfernen uns von den anderen und

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