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Toedliches Geheimnis

Titel: Toedliches Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Faria Stolarz
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meine Tasche samt Inhalt auf den Tisch. »Funktionieren deine Fähigkeiten nur mit Leuten oder auch mit Sachen?«
    »Auch mit Sachen, aber es ist viel schwerer. Es ist nicht
so intensiv wie direkter Hautkontakt - wenn man etwas mit einem eigenen Puls berührt.«
    Ich nicke und spüre, wie mein Puls rast. Ob er wohl merkt, wie heiß sich mein Gesicht anfühlt?
    »Und außerdem«, fährt er fort und lächelt dabei, als würde er es tatsächlich bemerken, »funktioniert es nur, wenn die Person den Gegenstand vor Kurzem berührt hat - wenn ich die Vibrationen noch spüren kann.«
    »Kannst du hier die Vibrationen spüren?«, frage ich und schiebe ihm die Tasche mit den Fotos und der Karte über den Tisch.
    Ben fährt eine ganze Weile mit den Fingern über und durch den Inhalt meiner Tasche und verweilt am längsten bei dem Foto von heute Abend. Er drückt die Kanten fest zusammen, bis sie ganz zerknittert sind.
    »Er hat etwas vor«, sagt er schließlich und schaut zu mir auf.
    »Er?«
    »Da bin ich mir ziemlich sicher.« Ben greift nach der Karte und den Fetzen des Schlafanzuges, aber dann schüttelt er den Kopf. »Es ist, als würde er dich für undankbar halten.«
    »Und deswegen legt er mir Sachen hin?«
    »Er legt dir Sachen hin, damit du weißt, dass du beobachtet wirst.«
    Ich schaue aus dem Fenster. »Beobachtet er mich auch jetzt?«
    »Ich weiß es nicht. Dafür müsste ich dich noch einmal berühren.«
    »Dann tu’s.«

    Ben schaut auf meine Hand und schüttelt dann den Kopf. »Vielleicht sollte ich lieber eine kleine Pause machen.«
    Ich betrachte das Foto, das jetzt ganz zerknittert und verknautscht ist. »Weil du Angst hast, dass du mir wehtun könntest?«
    »Weil ich überhaupt niemandem mehr wehtun möchte. Es ist schwer, immer wieder Leute zu berühren. Es erfordert so viel Beherrschung, so viel Selbstkontrolle, nicht zu hart zuzufassen oder zu weit vorzudringen. Es ist, als wollte mein Denken in die eine Richtung gehen, aber mein Körper in die andere. Es ist, als würde man mit einem geöffneten Auge schlafen.«
    »Und was passiert, wenn beide Augen geschlossen sind?«
    Ben schaut mich eindringlich an und will nicht antworten. Und vielleicht braucht er das auch nicht zu tun.
    Ich lasse mich in meinen Sitz zurücksinken und komme mir dumm vor, dass ich das überhaupt gefragt habe. »Du gibst dir noch immer die Schuld für das, was mit Julie passiert ist, oder?«
    »Vielleicht sollten wir lieber über etwas anderes reden.«
    »Heißt das ja?«
    »Es heißt, dass ich nicht darüber reden will.«
    »Hast du überhaupt schon mal mit jemandem darüber geredet?«
    Er schüttelt den Kopf. »Außer mit dir habe ich kaum mit anderen gesprochen. Und ich hab sie ganz sicher nicht berührt.«
    Ich beiße mir auf die Unterlippe und frage mich, wie es wohl ist, durchs Leben zu gehen, ohne einen einzigen
Menschen zu berühren. »Warum hast du dann mit dem Privatunterricht aufgehört?«
    »Ich wollte versuchen, wieder ganz normal zu sein.« Er schaut auf seine Hände, seine Augen sind noch immer gerötet. »Aber vielleicht ist Normalsein nicht das Richtige für mich.«
    »Darf ich dich berühren?«
    Noch bevor er antworten kann, strecke ich die Hand über den Tisch. Ben schließt die Augen, und ich fahre mit den Fingern über die Linien in seiner Hand. Seine Haut ist rau und schwielig unter meinen Fingerspitzen.
    »Nicht«, flüstert er.
    Dennoch fahre ich mit der Hand weiter über seine, vor und zurück, und stelle mir vor, was er jetzt empfindet - ob er das Kochen in meinem Inneren spürt.
    Seine Augen sind noch immer geschlossen, und ich kann seine Unruhe in seiner Hand sehen. Seine Finger ziehen sich zusammen, als wollte er mich packen.
    »Sorry«, sage ich und ziehe meine Hand zurück.
    Er öffnet die Augen. »Du hast keine Ahnung, wie schwer das für mich ist.«
    »Was... das Festhalten oder das Loslassen?«
    »Beides.««
    Ich spüre, wie sich meine Lippen öffnen, und bin mir plötzlich jeder meiner Bewegungen bewusst.
    »Du ahnst nicht, wie schwer es für mich damals auf dem Parkplatz war«, fährt er fort. »Ich musste alle Kräf te aufbieten, dich nicht zu fest zu berühren.«
    Ich lege die Hand auf meinen Bauch. »Du hast mir nicht wehgetan«, versichere ich ihm.

    »Da bin ich froh.« Er lächelt.
    Ich nehme einen Bissen von meinem Toast und versuche, mich von dem Schmerz in meinem Inneren abzulenken. Ben fängt ebenfalls an zu essen. Er kaut schweigend und starrt aus dem Fenster, vielleicht ein Versuch,

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