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Toedliches Geheimnis

Titel: Toedliches Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Faria Stolarz
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lässt den Motor so laut aufheulen, dass ich das Gefühl habe, mein Innerstes würde explodieren.
    Er rast vom Parkplatz, und es ist eine Weile ganz still - nur das Brummen des Motors ist zu hören, das sich die Straße hinunter entfernt.

38
    Der ganze Tag ist total daneben, ich wäre am besten gar nicht erst aus dem Bett aufgestanden. Ben kommt nicht mehr in die Schule zurück. Kimmie und ich reden nicht mehr viel miteinander. Der Direktor beruft eine spontane Schulversammlung ein, bei der er uns einen Vortrag über den Vandalismus im Zusammenhang mit Polly Piranha hält und über den ganzen Mist, der seit Schuljahresbeginn passiert ist, und wie dadurch der Ruf unserer Schule ernsthaft geschädigt worden ist (das ist der wahre Grund für die Versammlung). Getoppt wird das alles dann noch von Sweat-Mans genialem Einfall, uns einen fast unmöglichen Uberraschungstest schreiben zu lassen, und ich bin mit den Nerven am Ende.
    Und so mache ich mich früher auf den Weg zur Arbeit, auch wenn Spencer neulich in der Schule mir gegenüber so komisch war. Ich hoffe, dass mir das Gefühl des roten, klebrigen Tons an meinen kalten, klammen Fingerspitzen helfen wird, mich zu entspannen und die Dinge zu sortieren. Das Gute ist, dass Spencer noch gar nicht da ist, als ich ankomme. Ich habe die ganze Werkstatt für mich
allein. Ich lege alle meine Werkzeuge bereit, schnappe mir mein Arbeitsbrett und packe das Stück aus, das ich begonnen habe. Ich entferne die Plastikplane und die feuchten Papiertücher, die notwendig sind, damit der Ton nicht austrocknet. Mit geschlossenen Augen lasse ich eine ganze Weile nur meinen Atem durch die Hände in den Ton fließen und versuche, alle anderen Gedanken zu verbannen und mich ganz auf meine Finger zu konzentrieren, während sie Unebenheiten glätten und über Risse fahren.
    Nach mehreren Minuten spüre ich, dass der Ton anfängt, unter meinen Fingerspitzen Gestalt anzunehmen. Ich halte die Augen weiter geschlossen und wage mich weiter vor. Ich forme etwas, das sich wie eine scharfe Kante anfühlt, die aus einer kastenförmigen Grundlage herauswächst. Ich öffne die Augen, um zu sehen, wie das Ganze aussieht.
    Spencer ist da. Er steht nur ein kleines Stück von mir entfernt.
    Ich fahre zusammen und trete einen Schritt zurück, wobei ich einen Stapel Tassen vom Regal hinter mir fege.
    »Ich wollte dich nicht erschrecken«, sagt er. »Du sahst gerade so inspiriert aus, da wollte ich dich nicht unterbrechen.«
    »Wo kommst du denn her?«, frage ich und schaue zur Tür, denn ich hätte ganz sicher die Glöckchen klingeln gehört, wenn er gerade hereingekommen wäre.
    »Ich war unten und hab die Gussformen abgezogen.« Er tritt einen Schritt näher, um meine Arbeit zu begutachten. »Woran arbeitest du gerade?«

    »An etwas, das einen Puls hat, hoffe ich.«
    Spencer lächelt und fährt sich mit der Hand durch die dunklen Haare. »Ich hatte schon das Gefühl, dass dich das getroffen hat.«
    Ich zucke die Schultern und schaue auf meine Arbeit. Ich bin gespannt, was entstanden ist. Ich sehe eine Art rechteckige Basis mit einer ähnlichen, nur kleineren Form oben drauf - ein bisschen wie ein Auto ohne Räder.
    »Ich habe das nur gesagt, um dich weiterzubringen«, sagt er. »Du bist sehr begabt, aber manchmal glaube ich, dass du es dir zu leicht machst. Du nimmst dir nicht die Zeit, bis ins Herz vorzudringen.«
    Ins Herz?
    »Du musst ein bisschen bohren«, fährt er fort. »Du musst suchen und untersuchen, deine Stücke von innen nach außen formen und nicht umgekehrt. Hab keine Angst, dass es dir misslingen könnte.«
    »Mir misslingt viel«, erkläre ich den Blick weiter auf meine schlappe Auto-Skulptur gerichtet.
    »Gut.« Sein Lächeln verwandelt sich in ein Grinsen. »Du brauchst das Misslingen, um daraus zu lernen. Du brauchst Erfahrung, um Großes zu schaffen. Und das hat nicht nur was mit Schalen zu tun, weißt du.« Er tritt noch einen Schritt näher, so als wollte er sich die Kanten meines Stückes von Nahem betrachten, doch stattdessen schaut er nur mich an, sein Gesicht ist nur wenige Zentimeter von meinem entfernt. »Es ist gut, dass du herumprobierst. Ich bin gespannt, was dabei herauskommt.«
    »Ja«, sage ich und bemerke den Schnitt, den er vom Rasieren am Hals hat. »Ich auch.«

    »Und falls du irgendwann reden willst, die Einladung gilt immer noch.«
    Ich nicke und habe plötzlich das Gefühl, als würden die Wände immer enger zusammenrücken. Ich versuche, ein Stück wegzugehen,

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