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Toedliches Geheimnis

Titel: Toedliches Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Faria Stolarz
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ich sie schließlich vor der ersten Stunde abpassen. Wir stehen in einer Nische bei den Schließfächern, und ich biete ihr Deckung, während sie sich ihr Kleid vorne mit so vielen Papiertaschentüchern ausstopft, dass man alle Weihnachtsgeschenke für die nächsten zwei Jahre darin verpacken könnte.
    »Ich habe nichts in deinen Briefkasten gesteckt«, fährt sie fort, »und schon gar kein Bild von dir mit einem Herz drumrum. Ich meine, so was gibt’s doch höchstens in irgendwelchen Stalker-Filmen aus den 70er-Jahren.«
    »Bist du sicher? Ich bin dir auch nicht böse.«
    »Im Ernst, Camelia.« Sie verdreht die Augen und kontrolliert ihre Büste in ihrem Schließfach-Spiegel. »Wenn ich so abgedreht wäre, dass ich rumlaufen und heimlich Leute fotografieren würde, glaubst du wirklich, dass ich dann ausgerechnet mit dir anfangen würde? Echt, nimm’s mir nicht übel.«

    »Ich nehm’s dir nicht übel.«
    »Ich meine, seien wir mal ehrlich«, fährt sie fort, »von dir kann ich doch jederzeit Fotos machen. Aber von der Schwimm-Mannschaft der Jungs... das wäre schon eine ganz andere Geschichte.« Sie knallt ihre Schließfachtür zu und legt die Handflächen auf ihren ausgestopften BH, um die Proportionen geradezurücken.
    »Brauchst du noch ein Taschentuch?«, frage ich, weil ich bemerkt habe, dass die rechte Seite noch einen Hauch praller wirkt als ihr Gegenstück.
    Kimmie stellt das Gleichgewicht her. »So, fertig, wie sehe ich aus? Das Kleid ist neu - jedenfalls für mich. Die Verkäuferin hat behauptet, es wäre aus den 50ern. Ich überlege, ob ich nicht eine Jumpsuit-Variante davon entwerfen soll.«
    Sie trägt ein pechschwarzes, kurzärmeliges, knielanges Teil mit einer riesigen silbernen Schleife um die Taille.
    »Sehr süß.«
    »Das ist mehr als süß«, korrigiert sie mich. »Ich fühle mich darin wie ein wandelndes Geschenk.«
    Ich bin versucht, sie zu fragen, ob sie dafür all die Papiertaschentücher braucht, aber ich verkneife mir die Bemerkung.
    »Und wer soll jetzt das glückliche Geburtstagskind sein?« Sie lässt den Blick durch den Flur schweifen auf der Suche nach einem möglichen Opfer und bleibt an John Kenneally hängen, der auf der anderen Seite inmitten seiner Fußballkumpel steht. John beugt sich hinab, um sich die Schnürsenkel zu binden, was Kimmie in Ekstase versetzt.

    »Er sieht so gut aus.« Sie legt die Hand auf ihre wohlisolierte Brust und kann sich kaum beruhigen. »Ich meine, echt, wie kriegt man so einen Hintern? So fest... so symmetrisch.«
    »Im Gegensatz zu deinen Taschentuch-Titten.«
    »Wie bitte?«
    »Tut mir leid, dir das mitteilen zu müssen, aber ich habe wirklich Wichtigeres im Sinn als die Arschbacken von John Kenneally.«
    »Ach wirklich? Und was, bitte?«
    »Vielleicht hat Wes es eingeschmissen«, fahre ich fort, weil das Foto-Thema für mich noch lange nicht erledigt ist.
    »Was eingeschmissen?«, murmelt sie und lässt John nicht aus den Augen.
    »Vergiss es«, seufze ich.
    »Warte, reden wir etwa immer noch von dem Bild?«
    In ihrer Vorstellung muss sie John schon bis auf die Boxer-Shorts ausgezogen haben. »Ja, bestimmt war es Wes«, fährt sie fort. »Er hat dieses Jahr Fotografie belegt. Und überhaupt hat er so blödes Zeug schon gemacht. Letztes Jahr hat er einen in Frischhaltefolie verpackten Teletubby aus Gummi in meine Sporttasche gesteckt, zusammen mit einem Zettel, auf dem stand: >Hilf mir, ich ersticke.«<
    »Ich will nicht mal fragen.«
    »Echt das Letzte - aber ich würde mich gar nicht erst darüber aufregen, vor allem, wenn es viel schnuckeligere Dinge gibt, die einen aufregen können.« Sie starrt sehnsüchtig in Richtung John.

    »Du bist ein hoffnungsloser Fall«, erkläre ich ihr.
    »Hoffnungslos verknallt.« Sie fächelt sich mit ihrem Anatomie-Arbeitsheft Luft zu, was ziemlich passend ist, wenn man bedenkt, dass auf dessen Vorderseite ein menschliches Herz abgebildet ist.
    »Das Komische dabei ist«, fahre ich fort, »dass das Bild gestern aufgenommen wurde. Ich hab meine Klamotten wiedererkannt, das heißt, jemand hat noch am selben Tag den Abzug gemacht und ihn dann in meinen Briefkasten gesteckt.«
    »Na und?«, sagt sie. »Hast du noch nie von Schnelllabors gehört?«
    »Ich glaube eigentlich, dass es jemand zu Hause ausgedruckt hat. Es hatte ziemlich raue Kanten.«
    »Das ist das Schöne an der Digitalfotografie - keine Mittelsmänner, keine Wartezeit, und man braucht keine Angst mehr zu haben, selbst die belastendsten Fotos zu drucken.

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